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Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein

Titel: Söhne der Erde 01 - Unter dem Mondstein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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wußte, daß es unmöglich war, aus den Kerkern des Tempels zu entkommen. Und selbst wenn es anders gewesen wäre - sie hätte nicht gewußt, wohin sie fliehen sollte.
    Die Stämme waren besiegt.
    Die Königshalle von Mornag lag in Schutt und Asche, das Priesterheer hatte die Streitmacht des Tieflands überrollt wie eine Woge. Dies war das Ende. Zweihundert Jahre hatten sich die Stämme mit ihren geringen Mitteln gegen die ständig wachsende Macht des Tempeltals behauptet. Zweihundert Jahre hatten das Königsgeschlecht von Mornag, die Nordmänner, die Sippen von Landre, Tareth und Garraton und all die anderen ihre Freiheit bewahrt. Jetzt waren die Überlebenden wehrlos. Jetzt blieb ihnen nur noch die Wahl zwischen der Sklaverei und dem Tod in den ewigen Flammen - dem Tod, der Arliss verwehrt worden war...
    Sie hätte fliehen können.
    Aber wer brachte es fertig zu fliehen, wenn in einem brennenden Haus Mütter und Kinder um ihr Leben kämpften? Einige hatten sich retten können, ein paar mit Arliss' Hilfe. Und die Priester würden nicht die Kinder töten, so grausam konnten sie nicht sein. Die Kinder würden aufwachsen, in der Sklaverei vielleicht, aber sie würden leben und mit ihnen die Flamme in ihren Herzen...
    Arliss von Mornag lehnte den Kopf gegen die Mauer und starrte in den Fackelschein.
    Ihre Seele war ruhig. Der Tod bedeutete ihr nichts. Es war leichter zu sterben als weiterzuleben und die Herrschaft der schwarzen Priester zu ertragen.
    Niemand, schwor sie sich, würde die Tochter Erlend von Mornags zittern sehen...
    *
    Die Dämmerung mischte das verblassende Blau der Himmelskuppel mit dem Widerschein der Flammenwände zu malvenfarbenen Schatten.
    Lodernde Scheiterhaufen blieben hinter den drei Männern zurück, die sich ihren Weg über die Ebene suchten. Flammende Fanale, die den Priestern zeigten, daß sie den Geist und den Mut der Stämme noch nicht gebrochen hatten. Das Bewußtsein der Hoffnungslosigkeit schien sich wie ein eiserner Ring um Charrus Brust zu legen. Aber man konnte auch ohne Hoffnung kämpfen. Der Tod war besser als die Sklaverei. Ein Tod im Kampf oder in den ewigen Flammen...
    Wenn man nur einen Weg finden könnte, die Feuerwände zu durchdringen!
    Etwas mußte dahinterliegen. Oder war die ganze Welt ein Flammenmeer, in dem das Tempeltal und das Tiefland nur eine Insel bildeten, geschützt von der seltsamen blauen Kuppel? Auch jenseits der Feuerwände ging die Kuppel weiter, das konnte man sehen, wenn man sich nahe genug an die Felskante wagte. Und die Flammen schlugen aus einem weißglühenden Abgrund, der bodenlos schien. Charru fuhr sich mit der Faust über die Stirn, um die Gedanken abzuschütteln. Er durfte jetzt nicht grübeln. Sein Blick tastete die hochragenden Felsen ab. Nichts war verändert, und doch ahnte er, daß die Priester heute nacht die Wachen verstärkt hatten.
    Charru wandte sich nach rechts, duckte sich tief in den Schatten niedriger Dornbüsche. Die anderen folgten ihm: Jarlon, dessen gespanntes Gesicht nichts Kindliches mehr hatte, Camelo mit den lautlosen, geschmeidigen Bewegungen einer Katze. An seinem Gürtel baumelte noch das kleine dreieckige Saiteninstrument, dem seine geschickten Finger immer neue Melodien zu entlocken wußten. Er hatte es vergessen, als er das Schwert anlegte. Jetzt brauchte er es nicht mehr. Die Tage der Lieder waren vorbei, für immer. Unter der Herrschaft der Priester wurde nicht gesungen...
    Mit einem tiefen Atemzug richtete sich Charru hinter einem Felsblock auf.
    Der Widerschein der Flammen tauchte die Steine in Glut. Die heiße Luft flimmerte, und es war hell genug, um die beiden Wächter am Fuß der Wand deutlich zu erkennen.
    Heute Nacht hatten sie sich näher an das ewige Feuer gewagt als sonst.
    Sie standen dicht beieinander und starrten in die lautlos brennende Waberlohe, als fürchteten sie, daß jeden Augenblick eine Flammenzunge nach ihnen schlagen könnte. Die Leute des Tempeltals hatten den Feuerring schon immer gefürchtet. Vielleicht, weil sie ihm fast niemals nahe kamen, weil es ihnen verboten war, ohne ausdrücklichen Befehl der Priester das Tal zu verlassen oder in die Felsen der Plateaus zu steigen.
    Camelo lächelte grimmig, als er sich in eine der klaffenden Risse im Gestein gleiten ließ, um in den Rücken der Wächter zu gelangen.
    Charru und Jarlon warteten. Das Gesicht des Jungen leuchtete im Widerschein der Flammen. Er war stolz, an der Seite seines Bruders zu stehen, stolz, ausgewählt und in seinem

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