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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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hinüber, dessen Funktion sie nicht kannten. Es war dunkel, offenbar leer - und es bot die einzige Möglichkeit, den Raumhafen zu betreten, ohne den endlosen, engmaschigen Zaun aus schwach glimmendem Draht zu berühren und Alarm auszulösen.
    Wer immer für die Sicherheit des Areals verantwortlich war, er hatte nicht mit Eindringlingen gerechnet, die schon in ihrer Kindheit in schroffen Felswänden herumgeklettert waren.
    Es gab Fenster in der Wand winzige Vorsprünge um eingelassene Klimagitter, zuletzt die Verankerung einer Antenne, die Charru dazu diente, seinen Gürtel zu befestigen und sich endgültig auf das Dach zu ziehen. Karstein und Camelo folgten, unbehelligt glitten sie zur anderen Seite. Diesmal genügte ein Sprung. Das Dach lag hoch, doch sie landeten geschmeidig wie Katzen.
    Ein mondbeschienener Platz lag vor ihnen, durch andere Gebäude vom weiten Areal der Start - und Landefelder getrennt.
    Noch waren keine Wachen zu sehen. Irgendwo in einem entfernteren Teil des Raumhafens gleißte Licht und bewegten sich kleine Gestalten: Zeichen rastloser Aktivität. Aber der Liquidationschef hatte gesagt, daß in der Nacht allenfalls kleinere Transportfähren für die beiden Mondstationen starteten, daß sich - wenn überhaupt - nur wenige Menschen auf dem Gelände aufhielten.
    Charrus Blick wanderte in die Runde.
    Ein dunkler Kuppelbau. Die Halle mit dem Turm, den John Rouver beschrieben hatte. Daneben ein schmuckloser Würfel: Die Versorgungszentrale, Bereich Raumhafen, Nebenstelle Zwei.
    »Da!« stieß Karstein durch die zusammengebissenen Zähne.
    Charru nickte. Auch er hatte das vorspringende, scheinbar schwerelose Dach gesehen, unter dem sich ein halbes Dutzend silbriger Schatten abhoben. Gleiterjets. Fliegende Maschinen, die jeder bedienen konnte, wenn man ihm nur die Funktion erklärte. Genau wie - vielleicht - jeder in einem Raumschiff zu einem unendlich fernen Stern aufbrechen konnte...
    »Zuerst die Versorgungszentrale«, sagte Charru knapp. »Die Tür muß offen sein, wenn uns Rouver nicht belogen hat.«
    Die Tür war offen.
    Lautlos glitt sie auseinander und gab den Blick in einen Raum frei, in dem im gleichen Augenblick die Leuchtwände aufflammten. Keine Fenster, stellte Charru erleichtert fest. Jedenfalls keine sichtbaren, durch die Licht nach draußen dringen konnte. Weiße Schalensessel gruppierten sich um zwei Dutzend Tische. Auf der anderen Seite gab es eine weitgezogene Barriere, hinter der tagsüber die Angestellten der Versorgungszentrale arbeiteten. Die Wand war glatt und weiß, doch sie wies in Griffhöhe eine Reihe nischenartiger Vertiefungen auf, je einen Metallhebel und eine Beschriftung, die Auskunft über die jeweilige Geschmacksrichtung des Nahrungskonzentrates gab .
    Charru dachte an den mühseligen Kampf um das tägliche Brot, den die Tiefland-Stämme unter dem Mondstein geführt hatten.
    Für die Marsianer genügte es, einfach den Hebel herunterzudrücken und einen verpackten Würfel in Empfang zu nehmen, der eine Mahlzeit ersetzte. Niemand brauchte zu säen, zu ernten, auf Regen zu hoffen, Bewässerungsanlagen zu ersinnen. Und niemand wühlte nach einem Regenguß mit den Händen in der nassen, duftenden Erde, niemand hatte Grund, nach einem langen Sommer in einem Freudentaumel das Fest der Ernte zu feiern, jedes Jahr von neuem den Sieg des Lebens.
    Schnell und schweigend füllten sie ihre Lederbeutel, die früher zum Sammeln von Granatäpfeln gedient hatten.
    Camelo verzog das Gesicht, als er einen der Würfel probierte, und reichte zwei Stücke davon an die anderen weiter. Der Geschmack war fremd, süßlich, nicht unangenehm. Das schmerzhafte Zusammenziehen seiner Magenmuskeln erinnerte Charru daran, wie lange sie nichts mehr gegessen hatten. Genau wie die anderen schob er sich einen zweiten Würfel zwischen die Zähne.
    »Na ja«, brummte Karstein. »Besser als Hunger.«
    »Weiter!«
    Sie verließen das Haus.
    Die Tür lag etwas erhöht, wenige Stufen führten nach unten. Charru wollte sich dem überdachten Platz mit den Gleiterjets zuwenden, da packte ihn Camelo plötzlich am Arm.
    »Da!« flüsterte er. »Schau!«
    Von einer Sekunde zur anderen hing ein dünnes, vibrierendes Singen in der Luft.
    Dort, wo sie schon bei ihrer Ankunft Licht und Menschen entdeckt hatten, bewegte sich jetzt etwas. Ein schnelles, schwindelerregendes Rotieren. Glutroter Widerschein, der sich in einem feurigen Kreis ausbreitete. Das Singen wurde lauter, heller, die Luft schien zu zittern. Dann erhob

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