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Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker

Titel: Söhne der Erde 02 - Der Rote Kerker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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gebeugt, wo Charru von Mornag sein Leben bei dem verzweifelten und unvernünftigen Versuch aufs Spiel setzte, den Tod seiner Schwester unter dem Opfermesser des Oberpriesters zu verhindern. Er, Conal Nord, hatte gesehen, wozu dieser Mann fähig war, wenn man ihn in die Enge trieb. Und er wußte auch, daß es nicht allein physische Stärke war, die ihn befähigte, selbst das Unmögliche zu erreichen, sondern eine andere, innere Kraft, die tief in seinem Wesen wurzelte.
    Das Erbe seiner irdischen Vorfahren.
    Der alte Rebellengeist der Erde, das Erbe all der Sucher von Wahrheit, Freiheit und Gerechtigkeit, die ihren Heimatplaneten am Ende in die Katastrophe gestürzt hatten. Es war jene Kraft, die die Menschen der Vereinigten Planeten systematisch ausgerottet hatten, die sie verfolgten und verfemten, liquidierten und in die tiefste Dunkelheit der Luna-Bergwerke verbannten - und mit der sie jetzt nicht mehr fertig wurden.
    »Was wollen Sie tun, Simon?« fragte der Venusier sachlich.
    »Vor allem will ich verhindern, daß es zu einer weiteren Eskalation kommt. Jede gewaltsame Lösung würde im augenblicklichen Stadium entweder einige Dutzend Tote auf der Seite des Vollzugs kosten oder mit der völligen Zerstörung des alten Kadnos enden. Beides wäre untragbar. Wir müssen einen anderen Weg finden, notfalls um den Preis, die Leute irgendwie zu integrieren, in einem bewachten Reservat zum Beispiel.«
    »Sie werden sich nicht wieder einsperren lassen«, sagte Conal Nord überzeugt.
    »Aber es wäre immerhin möglich, daß sie zu gewissen Konzessionen bereit sind, um am Leben zu bleiben, oder? Die einzige Alternative für sie ist die Vernichtung aller, die sie bedrohen, oder der Selbstmord. Der Vollzug kann Alt-Kadnos mit einem Dutzend Laserkanonen in Staub verwandeln, ohne sich auch nur in die Nähe wagen zu müssen. Die Schwierigkeit liegt darin, daß Charru von Mornag unseren Garantien nicht mehr glauben wird. Conal, Sie begreifen diese Barbaren offenbar besser als der ganze wissenschaftliche Stab zusammengenommen. Sehen Sie eine Möglichkeit, sie zu überzeugen?«
    Nord rieb sich mit dem Handrücken über das Kinn.
    »Sie zu überzeugen, denjenigen zu vertrauen, die sie wie Tiere gejagt und schon einmal eine Zusicherung gebrochen haben?« fragte er sarkastisch.
    »Wir haben keine Wahl. Ich kann Jom Kirrand keine Aktionen zumuten, bei denen der Vollzug noch mehr Verluste erleidet. Also bliebe nur die Zerstörung des alten Kadnos.«
    Conal Nord seufzte. Alt-Kadnos, dieses Denkmal ewigen Friedens, in einer unverhüllten Kriegshandlung zerstört? Nein, das durfte nicht geschehen.
    »Geben Sie mir vierundzwanzig Stunden«, sagte er ruhig. »Ich werde versuchen, mit ihnen zu reden.«
    »Sie? Das ist ausgeschlossen.«
    »Es ist die einzige Möglichkeit, Simon, und Sie wissen es. Lassen Sie mir freie Hand, dann...«
    »Das kann ich nicht. Man würde Ihnen die Schuld an dem Massaker in Kadnos Vorland geben. Wir könnten Sie nicht schützen.«
    »Und mit einem Bildtelefon oder einem Lautsprecher werden die Terraner nicht verhandeln. Ich bin kein Selbstmörder, Simon, ich gehe lediglich von ein paar einfachen psychologischen Gegebenheiten aus. Erstens ist bekannt, daß die Terraner den Status des Parlamentärs respektieren. Zweitens steht fest, daß Charru von Mornag - wenn überhaupt - allenfalls einem Mann vertrauen wird, dem er Auge in Auge gegenübersteht, aber ganz sicher keinen Behörden und Institutionen.«
    Jessardin schwieg.
    Eine volle Minute lang fixierte er einen imaginären Punkt an der Leuchtwand. Schließlich ließ er mit einem tiefen Atemzug die Schultern sinken.
    »Versuchen Sie es, Conal«, sagte er ruhig. »Ich kann nur hoffen, daß sich die Entscheidung nicht als neuer Fehler herausstellt.«
    *
    Fragen...
    Ein Alptraum immer neuer Fragen, deren Sinn und Zielrichtung sich in John Rouvers Kopf allmählich zu verwirren begannen. Der Liquidationschef konnte nicht anders, als wahrheitsgemäß zu antworten. Nicht, solange er diese schreckliche, funkelnde Schwertklinge vor Augen hatte, deren Anblick jede Widerstandskraft untergrub. Man hatte ihn gezwungen, mit dem Ruß eines verbrannten Holzstücks einen groben Stadtplan von Kadnos an die weiße Wand zu zeichnen, die Lage der Klinik innerhalb des Universitätskomplexes, den Weg bis zur Universität, die Lage aller Trakte. Warum? Es war doch unmöglich, einen zur Liquidation vorgesehenen Patienten aus der Klinik zu befreien. Vollkommen ausgeschlossen! Wahnsinn!
    Charru

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