Söhne der Erde 03 - Das Schiff Der Hoffnung
gab einen geschützten Kessel. Es gab einen ganzen Wasserfall, ein tiefes, natürliches Becken im Gestein, Wasser im Überfluß...
»Weiter!« krächzte er. »Karstein, Camelo, Gerinth! Da drüben ist ein Tal, Wasser genug. Wir müssen die Frauen und Kinder hinbringen.«
»Aye...«
»Katalin! Derek, wo steckst du?«
Heisere Stimmen aus schmerzenden, zugeschnürten Kehlen, kaum noch der Worte mächtig. Verzerrte Gesichter kamen unter den Tüchern zum Vorschein, die sie hier nicht mehr brauchten. Ein paar gierige Schlucke aus den Rinnsalen im Gras, um die schlimmste Qual zu lindern, dann wankten sie weiter. Sie hatten ein Dutzend Bewußtlose geschleppt, die jetzt Hilfe brauchten. Und die meisten Kinder waren zu geschwächt und apathisch, um sich wie die anderen einfach auf den Boden zu werfen und zu trinken.
Charru ging voran, den leblosen Körper des kleinen Mädchens auf den Armen.
Ein paar Schritte, dann öffnete sich der runde Talkessel vor ihnen. Auch hier füllte Staub die Luft, doch die hohen Felsen ringsum boten Schutz vor dem immer noch tobenden Sandsturm.
Wasser stürzte in sprühenden Kaskaden aus einer engen Kluft.
Charru stolperte zu dem tiefen Felsenbecken, sank auf die Knie und ließ den Körper des Kindes vorsichtig zu Boden gleiten. Große, entzündete Augen starrten ihn an. Er nahm das Tuch, das das Gesicht der Kleinen verhüllt hatte, tauchte es ins Wasser und betupfte behutsam die aufgesprungenen Lippen.
Gierig griffen die kleinen Hände nach dem Stoff, preßten ihn gegen das schmutzige Gesicht und den saugenden Mund. Charru lächelte erschöpft, hob den Kopf und begegnete Kormaks Blick, der mit einem matten Grinsen ebenfalls Tücher ins Wasser tauchte und nach hinten weiterreichte.
Gillons Brüder waren alt genug, um zu wissen, daß sie nur wenige Schlucke trinken durften, wenn sie sich nicht im nächsten Augenblick in Krämpfen winden wollten.
Ayno kam wieder zu sich, als Gerinth sein Gesicht bespritzte. Kormaks Schwester Tanit betupfte vorsichtig die Lippen ihres wimmernden Babys. Irgendwo rechts ertönte ein hoher, heulender Schrei. Charru wandte den Kopf und erkannte die große, hagere Gestalt des Oberpriesters.
Bar Nergals Robe triefte.
Er schlug um sich, wollte sich losreißen, kämpfte gegen die Hände, die ihn vom Wasser fortgezogen hatten. Er begriff nicht, warum man ihn hinderte, noch mehr zu trinken. Seine Stimme überschlug sich, er geiferte in besinnungsloser Wut.
Mit einem Schritt stand Karstein vor ihm.
Zwei Sekunden lang bohrten sich die grauen Augen des Nordmanns in die schwarzen, flackernden des Priesters. Selbst durch den roten Staub sah Charru die grimmige Genugtuung auf Karsteins Gesicht, als er ausholte und seine Faust gegen Bar Nergals Kinn schlug.
Der Priester erschlaffte.
Von irgendwoher tauchte Nabu Gor aus dem Dunst auf, hinter sich ein paar andere Gestalten in zerfetzten Roben. Der Tempelhüter starrte auf den bewußtlosen Oberpriester hinab. Die Männer hinter ihm wirkten wie gelähmt vor Entsetzen. Auch Nabu Gors Greisengesicht war bleich. Aber in seinen alten Augen lag eine Spur von Verachtung -Verachtung, die Bar Nergal galt und nicht dem Nordmann.
Charru schöpfte Wasser mit der hohlen Hand und trank so langsam, wie er es fertigbrachte.
Ringsum war die Woge von Erleichterung und Erregung verebbt, die Erschöpfung schien sich wie ein bleiernes Gewicht auf die Menschen herabzusenken. Charru schloß die Augen, das Gesicht in den nassen Händen vergraben. Er war müde, er fühlte nur noch den einen Wunsch, sich auszustrecken und nicht mehr zu rühren. Aber sie konnten nicht alle schlafen. Sie hatten Verletzte bei sich, Alte, Schwache, Kinder, die versorgt werden mußten.
Eine Berührung an der Schulter ließ ihn den Kopf heben.
Sein Bruder kauerte neben ihm. Jarlon mit staubverschmiertem Gesicht, aufgesprungenen Lippen und roten, entzündeten Lidern.
»Du hast es geschafft, Charru«, krächzte er. »Du hast es geschafft!«
Wir alle haben es geschafft. Und du und Karstein, ihr hattet an der Spitze die schwerste Aufgabe.«
Jarlons müde Augen leuchteten auf. Hinter ihm tauchte Camelo aus dem Dunst und schlug dem Jüngeren die Hand auf die Schulter.
»Ruh dich aus, Jarlon! Du hast mehr getan als wir alle.«
»Unsinn...« wehrte er ab.
Aber seine Stimme klang schon schleppend vor Erregung, . und er reagierte kaum mehr, als sich irgendwo hinter ihm aufgeregte Stimmen erhoben.
Charru stand auf, als sein Blick auf die Gruppe fiel, die sich im
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