Söhne der Erde 05 - Flucht in die Sonnenstadt
Sie nicht, daß sie keine primitiven Wilden sind, auch wenn ein Teil unserer Wissenschaftler das immer noch glaubt. Und die beiden Energiewerfer der 'Terra I' sind leistungsfähige Waffen. Wenn die Barbaren es tatsächlich geschafft haben, sie einsatzbereit zu machen, könnte uns das unter Umständen zwingen, einen Angriff mit Teilen der Raumflotte gegen das Schiff zu fliegen.«
»Die Raumflotte? Gegen ein paar halbnackte Erdenmenschen?«
»Wollen Sie sich auf ein Bodengefecht einlassen, bei dem Sie Laserkanonen gegen Energiewerfer führen müssen und darüber hinaus riskieren, daß radioaktive Stoffe freigesetzt werden, Jom?«
Der Vollzugschef preßte die Lippen zusammen.
Ihm war anzusehen, daß ihn schon allein die Notwendigkeit, sich überhaupt auf ein Gefecht einlassen zu müssen, an seinem Weltbild zweifeln ließ.
»Ein Angriff mit der Raumflotte würde den ganzen Mars in Aufregung versetzen«, gab er zu bedenken. »Und vermutlich auch auf allen anderen Planeten Auswirkungen haben«, fügte er mit einem Seitenblick in Richtung auf den Venusier hinzu.
Conal Nord nickte. »Richtig. Wenn die Aktion die Ausmaße eines Krieges annimmt, ist das ein ernsthafter Bruch in der Geschichte der Vereinigten Planeten. Vergessen Sie nicht, daß wir hier sind, um den Frieden zu bewahren, nicht um ihn zu stören. Wenn das nur mit kriegerischen Mitteln größten Ausmaßes möglich ist - ich glaube nicht, daß sich zum Beispiel der Venusische Rat zu Solidaritäts-Botschaften veranlaßt fühlen würde.«
Jessardin schwieg.
Er wußte selbst, was die Tatsachen in einer Welt bedeuteten, die Gewalt zum Tabu gemacht hatte. Schließlich hob er mit einem tiefen Atemzug die Achseln.
»Wir brauchen Unterlagen über Konstruktion und Bewaffnung der 'Terra I' und ein wissenschaftliches Gutachten«, stellte er fest. »Danach werden wir weitersehen. - Lara, ich nehme an, daß Sie so schnell wie möglich nach Kadnos zurückfliegen möchten.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich möchte hierbleiben. Sicher haben Sie irgendwo hinter den Linien eine rollende Basis installiert. Vielleicht kann ich mich dort nützlich machen.«
»Wie Sie wollen.« Jessardin zögerte. »Sie sind mit Helder Kerr verlobt, nicht wahr?«
»Ja. Aber ich weiß, daß Sie keine Rücksicht auf sein Leben nehmen können.«
»Wir werden es versuchen. Aber ich kann nichts versprechen.«
»Danke, mein Präsident...«
Laras Stimme klang ruhig und sachlich. Nur ihr Vater kannte sie gut genug, um zu wissen, daß diese Ruhe täuschte, aber nicht einmal er ahnte, was wirklich in ihr vorging.
*
Helder Kerr sah der Gruppe nach, die zu der Mulde hinüberging, in der die drei Jets standen.
Er wußte nicht, was sie vorhatten. Es war ihm auch gleichgültig. Er dachte nicht einmal über Laras völlig unbegreifliches Verhalten nach: es mußte der Schock gewesen sein, irgendeine Art von Nervenkrise. Kerrs Gedanken kreisten um die Waffen. Sie durften nicht eingesetzt werden, unter keinen Umständen, und er war der einzige, der das verhindern konnte.
Inzwischen zweifelte er nicht mehr daran, daß die Barbaren zumindest eine Chance hatten, die Energiewerfer in Betrieb zu setzen, wenn sie diese erst fanden und genug Zeit hatten, sich damit zu befassen. Und diese Zeit blieb ihnen möglicherweise, da Simon Jessardin den Vollzug bestimmt nicht blindlings in den Streubereich der tödlichen Energie-Entladungen schicken würde. Kerr hatte sich schon die ganze Zeit darüber gewundert, daß niemand versuchte, ihn mit Gewalt zur Preisgabe seiner Informationen zu zwingen. Jedesmal, wenn sein Blick auf eins der Schwerter fiel, lief ihm ein Schauer über den Rücken. Er würde sich nicht zwingen lassen. Aber er hatte Angst vor dem, was vielleicht auf ihn zukam - mehr Angst als vor einem schnellen Tod, mit dem er ohnehin rechnen mußte, da es allen Gesetzen der Vernunft widersprach, Rücksicht auf das Leben eines einzelnen zu nehmen, wenn es um das Wohl des Staates ging.
Kerr wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn, um zu demonstrieren, daß er die Hitze nicht mehr vertrug.
Als er sich abwandte, setzte sich einer der Krieger in Bewegung: der Mann, der Erein von Tareth genannt wurde.
Kerr registrierte es nur aus den Augenwinkeln.
Seit seiner Ankunft war er nur selten unbeobachtet gewesen, da die Barbaren sehr zu Recht befürchteten, daß er jede sich bietende Gelegenheit zur Flucht nutzen würde. Aber sie gingen davon aus, daß er es nur zu Fuß oder mit einem Jet schaffen konnte. Daß
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