Söhne der Erde 05 - Flucht in die Sonnenstadt
dauern. Wenn wir den Zusammenbruch des Energieschirms als Ausgangspunkt nehmen, läßt sich das alles genau ausrechnen.«
»Und der Energieschirm wird vorher zusammenbrechen?«
»Ja.«
»Was heißt, daß wir dann bereits mit Betäubungsstrahlen arbeiten könnten?«
»Ja, mein Präsident.«
Jessardin runzelte die Stirn.
Einen Augenblick starrte er nachdenklich hinaus in die rote Ebene. Dann wandte er sich nicht Helder Kerr, sondern Conal Nord zu.
»Falls wir auf das Versiegen der Energie-Reserven warten würden besteht ein Risiko, daß die Barbaren ihrerseits angreifen?«
Der Generalgouverneur hob die Schultern. »Wenn es eine Möglichkeit für sie gibt, rechtzeitig zu erkennen, daß die Energie auszufallen droht...«
»Als erstes wird das Licht ausgehen«, sagte Kerr sachlich. »Doch, ich glaube, sie würden es merken.«
»Und könnten Sie dann angreifen?« fragte Jessardin.
Kerr zögerte.
Er brauchte eine halbe Minute, um sich noch einmal alles durch den Kopf gehen zu lassen, was er in den letzten Stunden gesehen und gehört hatte. Danach fiel es ihm immer noch schwer, die Tatsachen zu akzeptieren, doch er nickte.
»Wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen, würden sie versuchen, so viele von ihren Leuten wie möglich zu retten«, sagte er. »Das heißt wahrscheinlich, daß eine kleine Gruppe einen Verzweiflungsangriff starten würde.«
»Aber die Reichweite der Energiewerfer...«
Es war Conal Nords Einwand, den Kerr unterbrach.
»Wie weit die Energiewerfer reichen, haben die Barbaren sicher schon aus der Tatsache geschlossen, daß sich die Armee nicht weiter als bisher zurückzieht. Aber sie könnten das Schiff starten. Selbst wenn es nur einen Hüpfer macht, würde das zusammen mit den Energiewerfern ausreichen, um hier unvorstellbare Verheerungen anzurichten. Eine kleine Gruppe hätte die Chance, dem Großteil der ihren zur Flucht zu verhelfen. Ich glaube, daß sie fähig sind, die Situation so weit zu durchschauen. Und ich bin sicher, daß sie keinerlei Schwierigkeiten hätten, diese Gruppe von Selbstmördern zusammenzubekommen.« Er stockte und sah sekundenlang durch alles hindurch, als hänge er einer bestimmten Erinnerung nach. »Ich bin sogar sicher, daß sich sämtliche erwachsenen Männer, die meisten Halbwüchsigen und sogar ein Teil der Frauen geradezu danach drängen würde«, fügte er hinzu.
Jessardins silbergraue Brauen zuckten.
Ein Ausdruck von Erbitterung glitt über seine Züge. Eine der seltenen Gefühlsregungen, die er sich erlaubte.
»Das heißt also, daß es riskant wäre abzuwarten, bis die Energieversorgung der 'Terra' zusammenbricht«, stellte er fest. »Und was, bitte, sollen wir tun? Der Vollzug ist überfordert, da solche Dinge normalerweise nicht in seinen Aufgabenbereich fallen. Der Generalstab scheint mir auch nicht auf Zwischenfälle vorbereitet zu sein, die sich grundsätzlich von einem hypothetischen Angriff aus dem Weltall unterscheiden.« Er lehnte sich zurück und legte die schmalen Hände aneinander. »Conal - haben Sie irgendeinen Lösungsvorschlag?«
Der Gouverneur der Venus zuckte die Achseln.
»Verhandeln Sie«, sagte er ruhig. »Bieten Sie erträgliche Bedingungen.«
»Und das zum richtigen Zeitpunkt!« nahm Helder Kerr den Faden auf »Ein Ablenkungsmanöver könnte dazu führen, daß die Barbaren einfach den Zeitpunkt verpassen, daß sie zu spät merken, was geschieht.«
Conal Nord schwieg.
Jessardin wußte, daß der Venusier seinen Vorschlag nicht so gemeint, daß er an ein faires Angebot gedacht hatte. Aber für den Präsidenten war ein solches Angebot nach den letzte Ereignissen nicht mehr möglich. Er blätterte in dem Stapel wissenschaftlicher Gutachten und runzelte die Stirn.
»Die psychologische Fakultät behauptet, daß es der entscheidende Punkt sei, den Fürsten von Mornag als Geisel in die Hand zu bekommen oder von den anderen zu trennen«, sagte er langsam. »Die historische Fakultät und die wissenschaftliche Leitung des Projekts Mondstein behaupten das gleiche.«
»Und sie haben recht!« rief Kerr lebhaft. »Wir brauchen ihn nur Verhandlungen anzubieten, ein faires Angebot vorzutäuschen, ihn dann gefangenzunehmen und...«
»Und wer, bitte, geht als Unterhändler, um die Verhandlungen in die Wege zu leiten?« fragte Jessardin gedehnt. »Ich weiß daß Sie dazu bereit wären, Helder. Aber es würde nichts nützen, daß sich jemand opfert. Wir brauchen jemanden, dem die Barbaren vertrauen, der sie überzeugen könnte. Und ich
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