Söhne der Erde 06 - Das Erbe des blauen Planeten
Wahrscheinlich wollten sie noch einmal versuchen, Helder Kerr zu finden.
»Nach unten!« befahl Charru knapp. »Wir ziehen uns wieder in das Labyrinth zurück. Übernimm das Kommando, Gillon!«
»Und du?«
Charrus Fäuste verkrampften sich. Zeit zum Überlegen blieb ihm nicht, und es gab so oder so nur eine einzige Entscheidung.
»Wir verschwinden mit den Jets! Aussteigen, alle bis auf die Lenker! Rasch!«
»Aber sie sind schon zu nah!« stieß Derek hervor. »Es wird zu knapp! Ihr könnt nicht ...«
»Wir müssen! Keine Diskussionen! Raus, Jarlon!«
Der Junge wußte, daß es gegen diesen Ton keinen Widerspruch gab.
Hastig stieg er aus, genau wie die anderen. Mit einem Blick überzeugte sich Charru, daß die kleine Gruppe dem gemauerten Schacht zustrebte, dann startete er und ließ das Fahrzeug in den Schatten der breiten Straße schießen, die zu einem der nördlichen Stadttore führte.
Erst jetzt wurde ihm bewußt, daß es immer noch Katalin war, die den zweiten Jet lenkte.
Es war nicht zu ändern. Bruchteile von Sekunden zählten; ihre Chance sah ohnehin hauchdünn aus. Sie konnten nur noch hoffen.
IX.
Der Mauerbogen...
Charru jagte den Jet mit ungebremster Geschwindigkeit hindurch, preßte die Zähne zusammen, bis sein Kiefer schmerzte. Sie mußten schnell sein. Aber die volle Beschleunigung konnten sie nicht nutzen, nicht hier. Das ging nur in größerer Höhe, wo es keine möglichen Hindernisse gab, und in diese Höhe konnten sie in der Nähe der Stadt jetzt nicht mehr steigen, ohne unweigerlich von dem marsianischen Suchtrupp entdeckt zu werden.
Diesmal hatten die Vollzugspolizisten keinen Grund, sich vorsichtig zu nähern, da sie die Terraner nicht mehr in der Stadt vermuteten.
Charru fühlte prickelnde Schweißperlen über seine Stirn rinnen. Verbissen bremste er etwas ab, weil er fast einen Felsblock gerammt hätte. Katalin und Camelo waren mit ihren Fahrzeugen dicht hinter ihm. Sie pirschten sich förmlich über den Boden, erst im Schatten der Mauer, dann in Sichtschutz eines Felsengrats. Charru starrte nach Süden, dorthin, wo sich die roten Türme der Stadt vom stahlblauen Himmel abhoben. Zwei, drei Minuten noch, dann würden sie das Gebiet der tischflachen Ebene erreichen, jenseits des nächsten Tafelbergs beschleunigen können und...
Zu spät! Wie glitzernde silberne Punkte sah Charru den Schwarm der Polizeijets am Himmel auftauchen. Sein Blick zuckte umher, erfaßte ein paar Felsennadeln, schmale Wälle von angewehtem Sand, die dahinter eine kleine Mulde bildeten. Ein schlechtes Versteck. Die Chance, dort unentdeckt zu bleiben, stand höchstens eins zu hundert. Charru starrte zu den rasch wachsenden silbernen Punkten, während er den Jet immer noch nach Nordosten jagte, dorthin, wo sie endlich die volle Beschleunigung ausspielen konnten. Vielleicht landeten die Marsianer im Süden der Stadt. Wenn sie das vorhatten, mußten sie jetzt tiefer gehen und ....
Sie behielten ihre Höhe bei.
Sie wollten die Stadt überfliegen, und das hieß, daß die Terraner keine Möglichkeit mehr hatten, ungesehen in die Weite der Wüste zu entkommen.
Charru handelte blitzartig.
Wenn sie ihren Kurs beibehielten, waren sie verloren. Hinter den Felsennadeln würde man sie auch entdecken, aber jedenfalls nicht sofort. Charrus Finger flogen über das Schaltfeld, rissen das Fahrzeug in eine enge Rechtskurve, lenkten es der Mulde im Schatten der Felsen zu.
Zwei, drei Sekunden - der Jet setzte mit einem harten Ruck auf.
Charrus Kopf flog herum. Camelo und Katalin hatten sofort reagiert, erkannte er. Der große Gleiter schoß heran, wurde ruckartig abgebremst und landete. Katalin jagte ihren Jet hinterher, drückte ihn ebenfalls nach unten und verhinderte gerade noch, daß er die beiden anderen Fahrzeuge rammte.
Staub wirbelte auf, aber nicht so hoch, daß er den Marsianern auffallen mußte.
Charru stieg aus, rannte ein paar Schritte und preßte sich dicht an einen der heißen Felsen. Katalin und Camelo glitten heben ihn. Stumm und atemlos starrten sie alle drei zu der Flottille hoch, die ihre Geschwindigkeit jetzt verringert hatte.
Waren sie gesehen worden?
Nein, dachte Charru. Die Entfernung war zu groß gewesen, das Gelände zu unübersichtlich. Aber was hieß das schon! Sie hatten eine Galgenfrist gewonnen, mehr nicht. Die Marsianer würden noch gründlicher suchen als beim letzten Mal, und die drei Fahrzeuge konnten ihnen überhaupt nicht entgehen.
»Wenigstens werden sie die anderen nicht finden«,
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