Söhne der Erde 11 - Die Katakomben von Luna
mehr lebt, werden sie kämpfen. Es ist zu viel geschehen, Charru. Dieser Kerker hier ist zu unmenschlich. Niemand wird fliehen. Nicht, solange es noch eine Chance gibt. Und nicht ohne die Männer, die so lange auf diesen Augenblick gewartet haben.«
Charru antwortete nicht.
Er wußte, daß Camelo recht hatte. Auf dem Mars hatten sie jeden Tag von neuen darum kämpfen müssen, am Leben zu bleiben. Und hier, Millionen Kilometer entfernt, zeigte das gespenstische, scheinbar so perfekte Staatswesen der Vereinigten Planeten sein wahres Gesicht. Dies hier war die andere Seite des Friedens und der Ordnung und der Sicherheit. Die Menschen an Bord der »Terra« spürten genau, daß sich in der Wirklichkeit dieses Kerkers alles manifestierte, wogegen sie kämpften.
Sie wollten nicht ausweichen.
Zusammen mit Gerinth fuhr Charru in den Gefechtsstand hinunter, wo Mark Nord mit funkelnden Augen die beiden Energiewerfer untersuchte.
Sie funktionierten. Sie hatten es schon einmal bewiesen - damals, als die marsianische Armee die »Terra« umstellte und den Söhnen der Erde nur knapp die Flucht in die alte Sonnenstadt gelang. Beryl und Brass würden die Waffen bedienen. Beide starrten durch die Sichtschirme in die Dunkelheit der Mondlandschaft hinaus, und ihre Gesichter zeigten den Ausdruck kalter Entschlossenheit.
Charrus Blick streifte die dunklen Gestalten auf dem Kraterwall, die Fahrzeuge, die Waffen.
Wenig hatte sich dort in den letzten Stunden gerührt. Die Marsianer auf Luna fühlten sich sicher, und sie würden erst aufwachen, wenn es zu spät war.
X.
Sie gingen zu zweit: Ken Jarel und der junge Mikael.
Beide konnten nicht ahnen, daß Mark Nord längst mit der Besatzung des fremden Raumschiffes Kontakt aufgenommen hatte. Mark war verschwunden, verschollen im Labyrinth der Katakomben. Die beiden Männer erwähnten seinen Namen nicht, weil sie sich fürchteten, die Möglichkeit auszusprechen, daß er nicht mehr lebte.
Vielleicht hatte er es geschafft.
Ken Jarel dachte an seinen Bruder, der es ganz sicher nicht geschafft hatte. Für ihn hatte es in dem Augenblick keine Chance mehr gegeben, als er zum Echo-Krater aufbrach - mit dem umgebauten Bohr-Laser bewaffnet, damit sie ihn nicht lebend gefangennehmen konnten. Aber Sean war nicht umsonst gestorben. Die »Terra« mußte den Funkspruch aufgefangen haben. Ken Jarel biß die Zähne zusammen und klammerte sich an den Gedanken, daß sie immer noch nicht endgültig gescheitert waren.
Etwa eine Viertelstunde marschierten sie durch die Stollen, ohne jemandem zu begegnen.
Mikael ließ die Lampe eingeschaltet. Sie ähnelte zwar kaum dem Modell, das die Wachmänner benutzten, aber zwei Uniformierte ohne Licht hätten sofort Verdacht erregt. Ihre Schritte hallten in der Stille. Sie kannten die Stollen, hätten den Weg zum Great-Plains-Krater im Schlaf gefunden. Ab und zu blieben sie stehen und lauschten, doch als sie dann der ersten Patrouille begegneten, kam es dennoch überraschend.
Mikael wurde bleich. Ken Jarel preßte die Zähne zusammen.
»Ruhig«, murmelte er. »Versuch, sie mit der Lampe zu blenden, aber nicht zu auffällig. «
Der Junge nickte nur.
Schweiß strömte in seine Achselhöhlen, als vor ihm drei Wachmänner in den Stollen einbogen. Auch sie hatten Lampen bei sich. Ihre Blicke glitten flüchtig über die beiden Uniformierten, und einer von ihnen hob die Hand zu einem militärischen Gruß.
Jarel grüßte zurück.
Der Offiziers-Streifen an der Schulter der Uniform, die er trug, war ihm bisher nicht aufgefallen. Ruhig ging er weiter, bis die Schritte der Patrouille verklangen, dann lächelte er verzerrt.
»Na siehst du«, sagte er durch die Zähne. »Wir könnten die Burschen exerzieren lassen. Oder ihnen einen Rückzugsbefehl geben. «
»Himmel, Ken... «
»Beruhige dich, das war nur ein Scherz. Ich denke...«
Er stockte abrupt.
Aus einem der Querstollen war ein scharrendes Geräusch gekommen. Jarel blieb stehen, lauschte und kniff die Augen zusammen.
»Der Schacht«, flüsterte Mikael. »Sie haben den alten Schacht wieder in Betrieb gesetzt. Aber wozu?«
Ken Jarel stand mit zwei Schritten an der Abzweigung und spähte um die Ecke.
Deutlich konnte er den hallenartigen Raum sehen, der in den Felsen gesprengt worden war. Eine Galerie zog sich um den Schacht herum, dessen Zentrum eine durchsichtige Transportröhre bildete. Sie führte tief ins Mondinnere. Aber dort unten funktionierte die Belüftung nicht mehr, und es war lebensgefährlich, in
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