Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land
wäre, sich ein Lasergewehr zu verschaffen. Oder wenigstens ein Schwert, mit dem man sich auch im Nahkampf behaupten und notfalls bis zum Ende verteidigen konnte. Ein tief verwurzelter Instinkt hatte ihn davon abgehalten - der gleiche Instinkt, der die Terraner daran hinderte, ihre Strahlenwaffen zu benutzen, wenn sie nicht durch Notwehr dazu gezwungen wurden. Yattur wollte seinen Vater rächen. Allein. Und mit den Waffen seines Volkes - so, wie es seit Jahrhunderten Brauch war.
Die Erinnerung an den heimtückischen Überfall, an die Explosion, an Blut und Zerstörung brannte in ihm wie Feuer.
Charilan-Chi hatte fremde, schreckliche Waffen benutzt. Sie betete fremde Götter an, die in Wahrheit keine Götter waren. Sie würde nicht aufhören, Unglück über dieses Land und seine Menschen zu bringen, und deshalb mußte sie sterben.
Langsam löste sich Yattur aus seiner Deckung und huschte weiter.
Er kannte Charilan-Chis Schlupfwinkel. In dem unterirdischen Thronsaal hatte er zusammen mit den Terranern seinen Bruder und Jarlon von Mornag befreit. Er wußte auch, daß der Zugang von Ratten bewacht wurde, aber er hoffte, einen Weg zu finden, auf dem er unentdeckt blieb.
Als er die ersten grauen Schatten sah, zuckte er heftig zusammen.
Zwischen Schutt und Mauerresten wurde es lebendig. In der Schwärze schmutziger Kellerlöcher regten sich monströse Körper, witterten spitze Nüstern, glommen rote Augen. Yatturs Faust fuhr zum Köcher, der Bogen glitt wie von selbst von seiner Schulter. Sein Blick zuckte umher. Mit zusammengebissenen Zähnen kämpfte er gegen die Angst, die kalt in ihm hochkroch. Überall ringsum regten sich jetzt die grauen Schatten. Sie warteten, lauerten, waren bereit, sich auf den Eindringling zu stürzen, sobald er sich dem Schlupfwinkel näherte. Schritt für Schritt zog sich Yattur zurück und sah dabei aufmerksam in die Runde.
Ein paar Sekunden später entdeckte er eine leere Fensterhöhle, die er mit einem Sprung erreichen konnte.
Eine einzelne Ratte duckte sich zwischen den Trümmern darunter. Yattur hatte sich halb umgewandt, spannte den Bogen und zielte. Schwirrend löste sich der Pfeil von der Sehne, und das Tier brach mit durchbohrter Kehle zusammen.
Hastig turnte Yattur über den Schuttberg und schwang sich in das Fensterloch.
Drei, vier Ratten schossen fauchend auf ihn zu, sprangen an der Mauer hoch, doch die zuschnappenden Kiefer konnten ihn nicht mehr erreichen. Im Inneren des Gebäudes war die Finsternis fast undurchdringlich. Yattur brauchte einen Moment, bis sich seine Augen an das schwache Mondlicht gewöhnt hatten, das durch Risse und Löcher sickerte. Er wußte, daß er auch hier nicht sicher vor den Bestien war. So lautlos wie möglich sprang er zu Boden, tastete sich vorwärts. und sorgte dafür, daß er stets nah genug an einem der Fenster blieb, um es mit wenigen Schritten zu erreichen.
Schauernd betrachtete er die klebrigen, armdicken Fäden eines zerrissenen Spinnennetzes, das den Weg in den Keller versperrte.
Die Treppe, die nach oben führte, war zusammengebrochen. Einzelne Trümmerstücke und Teile der stählernen Armierung ragten dort aus der Wand, wo früher die Stufen gewesen waren: Yattur fragte sich, ob sie sein Gewicht tragen würden. Unsicher runzelte er die Stirn. Hinter sich hörte er das Huschen und Wittern der Ratten, die einen Eingang suchten, und zögerte nicht länger.
Prüfend setzte er den Fuß auf die Fetzen des Stahlgeflechts, tastete nach dem nächsthöheren Halt und schob sich dicht an die Wand gepreßt nach oben.
Aufatmend wischte er sich den Schweiß von der Stirn, als er die Höhe des ersten Stockwerks erreichte. Hier konnten ihm die Ratten nichts anhaben, deren unruhige Schatten er jetzt unter sich hin und her huschen sah. Oder gab es einen zweiten Zugang, eine Treppe, die vielleicht noch intakt war? Yattur biß die Zähne zusammen. Sekundenlang lauschte er, dann wandte er sich ab und suchte sich vorsichtig seinen Weg zur anderen Seite des Gebäudes.
Hier war es heller, da die Außenwand nur noch aus wenigen Überresten bestand.
Flache Anbauten mit geborstenen Dächern begrenzten einen trümmerbesäten Hof. In einiger Entfernung erhob sich ein turmartiges Haus, das aussah, als sei das Schwert eines Giganten mitten hindurchgefahren. Yatturs Blick glitt über die offenliegenden Zimmer, über Treppen, Flure, durcheinandergeworfene Kunststoffmöbel. Er wußte, er war in unmittelbarer Nähe seines Ziels. Dort drüben, versteckt im Gewirr
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