Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land
Verfügung gestellt hatten, als er beschloß, sich mit seinen Anhängern von ihnen zu trennen. Die Priester hatten das Recht, ihre eigenen Wege zu gehen. Sie hatten auch ein Anrecht auf einen Teil der Vorräte aus der »Terra«. Aber Charru war sich schon damals nicht sicher gewesen, ob eine Waffe in Bar Nergals Händen etwas anderes als Unheil anrichten konnte. Jetzt wußte er es.
Hinter ihm verharrten Yabu und Yurrai, Camelo, Gillon, Karstein und Jarlon im Schatten einer Ruine. Schon einmal hatten sie hier gestanden: damals, als sie den Schlupfwinkel Charilan-Chis suchten, in deren Gefangenschaft Jarlon geraten war. Jetzt kannten sie den getarnten Zugang im Schutz des Trümmerfeldes und waren nicht überrascht, die Königin der toten Stadt mit ihrem Gefolge zwischen Steinen, Unkraut und kahlem Gestrüpp auftauchen zu sehen.
Bar Nergal kam, um sich berichten zu lassen.
Er wollte wissen, ob sein heimtückischer Überfall Erfolg gehabt hatte. Charru grub die Zähne in die Unterlippe und kämpfte gegen den kalten Zorn an. Er dachte an Yarsol, an die anderen Toten. Nach Bar Nergals Willen hätten es sicher noch mehr sein sollen. Ihm waren die Fischer gleichgültig. Er wollte die verhaßten Tiefland-Krieger treffen, und es störte ihn nicht, ob dabei Unschuldige starben oder ob er die Wesen, die ihn als Gott verehrten, ins Verderben schickte.
Wo war Yattur?
Auch er kannte den Schlupfwinkel, er war dabeigewesen, als sein Bruder und Jarlon befreit wurden. Charru kniff die Augen zusammen, beobachtete aufmerksam, wie sich Charilan-Chi vor der hageren Gestalt in der blutroten Robe verneigte. Erst nach Sekunden hob sie wieder den Kopf und zuckte jäh zusammen.
Ein unartikulierter Schrei.
Charilan-Chis Hand wies nach oben, zu einem Mauerrest, der schwarz und bizarr in den Himmel ragte. Charru folgte ihrer Blickrichtung, und im nächsten Moment überstürzten sich die Ereignisse.
»Yattur!« stieß Yurrai hervor.
Wie ein Schattenriß hob sich die dunkle Gestalt ab, die auf dem Mauerrest kauerte.
Charru sah den jungen Mann zusammenzucken, sah ihn das Gleichgewicht verlieren und stürzen - und jetzt erst entdeckte er das riesige Spinnennetz, das silbern im Mondlicht schimmerte.
Mit einem verzweifelten Schrei verschwand Yattur zwischen den Trümmern.
Bar Nergal verharrte wie erstarrt auf dem Thron, schon halb hochgestützt, um herunterzusteigen. Das Lasergewehr hatte er neben sich gelegt. Gleich würde er zupacken ...
Gillon von Tareth riß die Waffe von der Schulter.
Mit einem Schritt löste er sich aus der Deckung. Seine Stimme schnitt wie ein Peitschenhieb durch die Stille.
»Rühr dich nicht, Bar Nergal! Wenn du das Lasergewehr anfaßt, bist du tot. Und halt deine Verbündeten im Zaum! Wir sind genug, um mit euch fertig zu werden.«
Schweigend traten Camelo, Karstein und Jarlon neben ihn, die Hände an den Schwertgriffen.
Yabu und Yurrai waren bereits herumgewirbelt. Charru wartete nur eine Sekunde, überzeugte sich durch einen Blick, daß die Szene wie eingefroren wirkte. Bar Nergal wagte nicht einmal, sich auf den Thron zurücksinken zu lassen. Auch die Gesichter der beiden Priester, die ihn begleiteten, spiegelten Furcht. Die gleiche Furcht, die in Charilan-Chis gelben Katzenaugen flackerte. Charru wandte sich ab, holte mit wenigen Schritten Yabu und Yurrai ein und tauchte in den Schatten der Ruine.
Der Anblick ließ seinen Atem stocken.
Ein zerrissenes Spinnennetz. Armdicke, klebrige Fäden, in denen sich Yattur hoffnungslos verfangen hatte. Stumm und verzweifelt bäumte er sich auf, mit zusammengebissenen Zähnen. Aus der mörderischen Umklammerung gab es kein Entkommen. Schon fiel der Schatten der mutierten Spinne über den wehrlosen Mann, und erst jetzt brach ein heiserer Schrei des Entsetzens aus Yatturs Kehle.
Yurrai hatte den Bogen gespannt.
Ein Pfeil schwirrte durch die Luft - und verfehlte. Die schwarzen, scherenartigen Freßwerkzeuge der Spinne zuckten. Lange, behaarte Beine bewegten sich, und Charru begriff, daß sie keine Sekunde mehr verlieren durften.
Das Lasergewehr konnte er nicht abfeuern, ohne Yattur zu gefährden.
Zwei, drei blitzschnelle Schwerthiebe zerteilten die äußeren Fäden des Spinnennetzes. Yurrai und Yabu benutzten einfache Jagdmesser, versuchten verbissen, sich zu ihrem Bruder durchzukämpfen.
Charru warf sich nach vorn, hielt sich blindlings mit der Linken an einem der klebrigen Seile fest und schlug mit der Rechten zu. Tief biß die Klinge in das behaarte Bein der
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