Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land
Gouverneur der Venus und Generalbevollmächtigte des Rats der Vereinigten Planeten hatte Zugang zu allen, auch zu geheimen Informationen. Und wenn bekannt wurde, daß drei Kampfkreuzer der Deimos-Klasse mit dem Ziel Erde von der Pol-Basis gestartet waren, würde Conal Nords Intervention nicht lange auf sich warten lassen.
Simon Jessardin fuhr mit der flachen Hand über sein kurzes silbernes Haar und gestand sich ein, daß er der Entscheidung noch nicht sicher war.
Auf der Venus stand etwa zur gleichen Zeit Conal Nord am Fenster seines Landsitzes in den Hügeln von Indri.
Hinter ihm flimmerten Schriftzüge über den Monitor des Sichtgerätes. Gleichzeitig verriet das leise Ticken, daß ein Computer-Ausdruck über die Meldung angefertigt wurde. Nords Brauen zogen sich zusammen, als er sich abwandte, um den Text zu studieren.
Unter dem blonden, locker auf die Schultern fallenden Haar wurden die harmonischen Venusier-Züge hart. Nord atmete tief. Noch war nichts entschieden. Wie hatte Simon Jessardin gesagt? Er führe keinen Privatkrieg gegen die Barbaren. Das hieß, daß es sich zunächst nur um eine Aufklärungsaktion handeln konnte, daß alles seinen geordneten Gang gehen würde.
Conal Nord ließ sich in einen weißen Schalensitz sinken und schloß sekundenlang die Augen.
Irgendwo in der Schwärze des Alls rasten drei Kampfschiffe durch Dunkelheit und Leere, der Erde entgegen, und der Venusier wußte, daß die Dinge der Entscheidung zutrieben.
*
Charilan-Chis Kriegerinnen waren so geschockt von den verheerenden Folgen des Überfalls, daß es Charru und Camelo nicht schwerfiel, mit ihrem Gefangenen aus den Ruinen zu entkommen.
Bar Nergal erwachte erst wieder aus der Bewußtlosigkeit, als er bereits in einem Andrucksitz des Beibootes lehnte.
Der Scheinangriff auf das ehemalige Lagerhaus war abgebrochen worden, aber die Priester trauten sich nicht aus ihrem Schlupfwinkel. Auch die Katzenfrauen hatte sich zurückgezogen: mit ihren Toten, ihren Verwundeten - sogar mit den Kadavern der Ratten. Die Terraner waren froh darüber. Gerret, seine Schwester Gudrit und Jon Erec, die von Gillon und Karstein an den Energiewerfern abgelöst worden waren, sahen immer noch kreidebleich aus. Kormak, der den entscheidenden Befehl hatte geben müssen, starrte den Oberpriester mit einem Blick an, in dem kalter Zorn lag. Bar Nergal kroch in sich zusammen und wagte nicht einmal eine Andeutung von Protest, als er wieder zu sich kam und diesen Blick spürte.
»Du begleitest uns«, erklärte ihm Charru mit erzwungener Ruhe. »Du wirst als Gefangener im Dorf der Fischer leben - als Faustpfand des Friedens. So lange, bis entweder du oder Charilan-Chi oder deine Anhänger zur Vernunft gekommen sind.«
Auch darauf wagte Bar Nergal nichts zu sagen.
Gerinth, Camelo, Gillon und Karstein erklärten sich bereit, die vier Wachen abzulösen, die eigentlich noch einen Tag vor sich hatten. Selbst Kormak sträubte sich nicht. Es war schlimm genug gewesen, die schrecklichen Auswirkungen der Energiewerfer zu sehen. Die unmittelbar Beteiligten, vor allem Gudrit und der Nordmann, die die Waffen ausgelöst hatten, brauchten erst einmal Zeit, um innerlich damit fertig zu werden.
Auf dem Rückflug wurde es eng im Beiboot.
Bar Nergal hockte schweigend auf einem der beiden ausklappbaren Notsitze. Er hielt sich starr aufrecht, aber sein Blick blieb gesenkt. Er wußte, wie seinen Gegnern zumute war - soweit er, der Charilan-Chis Volk nicht als Menschen betrachtete, das überhaupt begreifen konnte. Er wußte vor allem, daß sein Leben nach diesem sinnlosen Blutbad an einem seidenen Faden gehangen hatte, und im Augenblick fühlte er vor allem Erleichterung.
Widerspruchslos stieg er aus, als das Beiboot landete, widerspruchslos ließ er sich in eine Hütte sperren, wo er bewacht werden würde.
Bewacht oder vor der allgemeinen Wut geschützt - in diesem Punkt war sich Charru noch nicht sicher.
Für die Terraner konnte er garantieren. In einer kritischen Lage, einer feindlichen Umwelt wog nichts so schwer wie der Treueeid, der die Tiefland-Stämme an ihn band, und in den Tempeltal-Leuten steckte der Respekt vor dem Oberpriester noch zu tief, als daß sie die Hand gegen ihn erhoben hätten. Und Yarsols Volk? Charru wußte es nicht, aber in den nächsten Tagen stellte er fest, daß dem Gefangenen auch von dieser Seite keine Gefahr drohte.
Für Yarsols Volk hieß der Feind Charilan-Chi.
Auf sie richtete sich aller Haß. An ihr würden sich Yattur oder Yurrai
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