Söhne der Erde 14 - Das verheißene Land
unter einer Kuppel aus Mondstein aufwachsen mußten.
Charru lächelte über sich selbst, als ihm bewußt wurde, daß er mit offenen Augen träumte.
Er stand am Strand und blickte aufs Meer hinaus, hinter sich den Schatten einer überhängenden Klippe, die eine natürliche Höhle bildete. Lara sah ihm zu, nackt im warmen Sand ausgestreckt, wo sie die Nacht verbracht hatten. Es gab Plätze genug, um sich zurückzuziehen, wenn man wollte. Irgendwo auf dem Plateau, zwischen Steinblöcken und verschwenderisch blühender Felsenheide, unterhielten sich Shaara und Erein flüsternd über die Zukunft. Gerret hatte sich damit abgefunden, daß seine Schwester zu Hardan gehörte: in einer Zeit, da sie von Glück sagen mußten, noch am Leben zu sein, hatten die Äußerlichkeiten von Zeremonien ihre Bedeutung verloren. Am Fluß - weiter vom Dorf entfernt, als notwendig gewesen wäre, und früher als üblich - füllte Malin Kjelland Wasserhäute und hielt dabei verstohlen nach Yabu Ausschau, der hier jeden Morgen seine Fischreusen kontrollierte.
Es war Lara, die das Beiboot als erste sah.
Erschrocken fuhr sie hoch. »Charru ...«
Der Klang ihrer Stimme ging ihm wie ein Messer unter die Haut.
Schon im Herumfahren entdeckte auch er den silbernen Punkt unter dem Himmel. Eine glänzende, gewölbte Scheibe, die rasch näher kam. Eine Landefähre wie diejenigen, die auch die Terraner benutzt hatten und von denen eine zerstört war.
Charru hielt den Atem an.
Sein Bewußtsein weigerte sich, die Wahrheit zu akzeptieren. Es konnte kein marsianisches Beiboot sein. Nicht jetzt, nach so langer Zeit. Nicht an einem Tag, der so voller Versprechen gewesen war, in einem Augenblick, da sie gerade begonnen hatten, an eine Zukunft in Frieden zu glauben.
Minuten verstrichen.
Lara streifte mechanisch die venusische Tunika über und schlüpfte in die federleichten weißen Stiefel. Charrus Fäuste verkrampften sich, bis sich die Fingernägel tief in die Handballen bohrten. Er verfolgte den Kurs des Flugkörpers. Er hoffte verzweifelt, daß irgendein Narr zuviel von dem starken Beerenwein der Fischer getrunken hatte und mit dem Beiboot der »Terra« einen Spazierflug unternahm. Er schwankte zwischen dem Wunsch, dem Betreffenden mit den Fäusten Vernunft einzuprügeln, und der Gewißheit, daß er ihm vor Erleichterung um den Hals fallen würde. Und im Grunde wußte er, daß es nur Wunschdenken war, an das er sich klammerte.
Das Beiboot, das langsam über die Oase hinwegzog, war größer als die Landefähre der »Terra«.
Charru knirschte einen Fluch. Lara glitt dicht neben ihn und klammerte sich an seinen Arm.
»Sie werden nichts merken«, flüsterte sie. »Die meisten von uns sind doch noch gar nicht wach. Sie werden ein Fischerdorf sehen, sonst nichts.«
»Hoffentlich«, murmelte Charru. »»Komm! Wir müssen uns mit dem Schiff in Verbindung setzen.«
Eilig zog er Lara in den Schatten zwischen den Felsen.
Das Beiboot schwebte nach Norden davon, gewann jetzt deutlich an Höhe. Auf dem Plateau hatten Shaara und Erein es gesehen. Auch im Dorf standen Menschen in Gruppen zusammen und starrten erschrocken dem entschwindenden silbernen Punkt nach. Charru hielt sich nicht mit vielen Worten auf, sondern winkte Camelo und Gerinth und hastete sofort zur Landefähre.
Der drahtige, kraushaarige Brass hatte den Kontakt mit der »Terra« gehalten.
Er sprang aus der Luke, bevor die anderen das Boot erreichten. Sein Gesicht war blaß, und Charru spürte eine jähe Kälte.
»Brass! Setz dich über Funk mit Hasco ...«
»Hasco hat sich schon mit mir in Verbindung gesetzt. Das verdammte Ding ist über dem New Yorker Raumhafen aufgetaucht, bevor es hierherflog.«
Charru ging schweigend an ihm vorbei, schwang sich durch das Schott und griff nach dem Mikrophon.
»Hasco?«
»Aye«, kam es zurück.
»Ihr habt ein marsianisches Beiboot gesichtet. Glaubst du, daß es das Schiff entdeckt hat?«
Hasco schwieg sekundenlang. Als er wieder sprach, klang seine Stimme erstickt:
»Ja, Charru. Ich bin mir sicher. Die ganze Art, wie es über dem Raumhafen plötzlich die Geschwindigkeit verringerte, eine Weile über uns in der Luft hing ...«
»Dann haben sie hier nach uns gesucht«, sagte Charru tonlos.
»Nach euch? Sie waren über dem Dorf?«
»Ja. Ich weiß nicht, ob sie viel erkennen konnten. Aber wenn sie die »Terra« entdeckt haben, werden sie nicht aufgeben.«
»Und jetzt?« fragte Hasco nach einer langen Stille.
Charru schloß die Augen.
Er versuchte,
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