Söhne der Erde 17 - Gefangene Der Zeit
Wasser, in dem ein gischtender Wirbel verriet, wo der Fremde untertauchte. Instinktiv sog Charru die Lungen voll Luft und krümmte seinen Körper. Pfeilgerade, mit vorgestreckten Armen glitt er in die Finsternis und riß die Augen auf, um etwas zu erkennen.
Luftblasen!
Ein Schatten, schwärzer noch als die Dunkelheit ringsum!
Charru schwamm mit aller Kraft darauf zu. Er ahnte, daß der Fremde länger unter Wasser bleiben konnte als er. Daß es sinnlos war, daß er keine Chance hatte! Aber der Gedanke an seinen Bruder brannte in ihm, und er war entschlossen alles zu versuchen.
Vor ihm krümmte sich der Fremde zusammen und drehte sich geschmeidig um sich selbst.
Undeutlich sah Charru, wie der Mann etwas vom Rücken riß.
Noch eine Waffe? Der schwarzhaarige Barbarenfürst warf sich im Wasser zur Seite. Aber er durfte nicht wegtauchen, durfte nicht zum Schiff zurückschwimmen. Etwas blitzte vor ihm. Wie ein Pfeil schoß es auf ihn zu, bohrte sich in seine Schulter, jagte eine Woge von Schmerz durch seinen Körper. Reflexhaft öffnete Charru den Mund, um zu schreien. Feuerräder kreisten vor seinen Augen, verschwammen, wurden zu einem düsteren karmesinfarbenen Flimmern, das ihn einhüllte. Die Umgebung versank. Mit letzter Kraft schlug er um sich, versuchte verzweifelt, die Oberfläche zu erreichen, und das erste, was er wieder bewußt wahrnahm, war die kühle, lebenspendende Luft in seinen Lungen.
Sofort griff er nach dem Metallding, das sich in seine Schulter gebohrt hatte, und riß es heraus.
Der glühende Schmerz machte ihn vollends wach. Salzwasser brannte in der Wunde, der linke Arm hing schlaff und kraftlos herab. Charru wußte, daß er keine Chance mehr hatte, den Fremden aufzuhalten. Bitterkeit würgte ihn. Aber er konnte nichts ändern, hatte keine Wahl, als langsam und schwerfällig zum Schiff zurückzuschwimmen.
Später wußte er nicht mehr, wie er es geschafft hatte, an der Strickleiter hochzuklettern. In dem Augenblick, als er sich mühsam über das Schanzkleid zog, tauchte Camelo in der offenen Luke auf. Erschrocken zuckte er zusammen. Charru spürte das Blut über seinen Arm rinnen, aber er kam nicht mehr dazu, dem Freund zu erklären, was passiert war.
Alles drehte sich um ihn.
Er stürzte, prallte hart auf die Decksplanken und überließ sich erleichtert den dunklen Wolken der Ohnmacht.
IV.
Die »Deimos I« unter dem Kommando von Marius Carrisser brauchte knapp drei Erdentage, um den blauen Planeten zu erreichen.
Diesmal verzichtete der Uranier darauf, das Schiff in einen Parkorbit einschwenken zu lassen und ein Beiboot zu benutzen. Der ehemalige Raumhafen von New York war ein guter Landeplatz. Nach zwei Umläufen wies Carrisser den Piloten an, direkt hinunterzugehen. Mit heulenden Bremstriebwerken stürzte der silberne Metallzylinder der gigantischen Ruinenstadt zu. Die Landung verlief glatt. Der Widerschein des Feuerschweifs erlosch, das urwelthafte Donnern verstummte. Der Funker hob fragend die Brauen, während Bordingenieur und Navigator die Außen-Bildschirme beobachteten.
Carrisser lächelte matt.
Er wußte, daß keiner seiner Begleiter große Lust hatte, Kontakt zu den Priestern aus der Welt unter dem Mondstein oder gar zu der halbmenschlichen Rasse in ihren stinkenden Kellerlöchern aufzunehmen. Das war auch nicht geplant. Die Besatzung der »Deimos« sollte sich so weit wie möglich zurückhalten. Das Schiff würde ihre Basis sein und er, Carrisser, der Verbindungsmann zu Bar Nergal, um dessen Rolle auf der Erde es bei diesem Einsatz hauptsächlich ging.
»Da ist jemand!« rief der Navigator aufgeregt. »Irgendwelche - Wesen!«
»Natürlich sind da Wesen«, sagte Carrisser ruhig.« Katzenartige Humanoide, wie Sie wissen. Wenn Sie auf den Bildschirm mit den ehemaligen Lagerhäusern schauen, werden Sie außerdem ein paar völlig menschliche Exemplare entdecken.«
Es waren Bar Nergal und die Priester, die in dem breiten offenen Tor verharrten.
Zögernd starrten sie zu dem Schiff herüber. Wahrscheinlich, überlegte Carrisser, fürchteten sie immer noch einen Vernichtungschlag des Mars. Hatten sie sich auf einen solchen Fall vorbereitet? Der Gedanke an die Fernlenkgeschosse, die anderen Waffen, vor allem die Atombomben, die in den unterirdischen Gewölben des Raumhafens lagerten, jagte dem Uranier einen gelinden Schauer über den Rücken. Rasch löste er die Anschnallgurte, verließ die Kanzel und fuhr im Transportschacht nach unten.
Die Ausstiegsschleuse arbeitete
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