Söhne der Erde 17 - Gefangene Der Zeit
ließ.
»Ist das sicher?« fragte er tonlos.
»Carrisser hält es für glaubhaft. Offenbar ist es den Terranern gelungen, mit einem Segelschiff zu entkommen, einem primitiven Wasserfahrzeug, das den Eingeborenen gehört. Im Augenblick ist es spurlos verschwunden. Aber die Priester verfügen über Flugzeuge, über Menschen, die damit umgehen können.«
Jessardin verstummte, als ihm bewußt wurde, daß er schon zu viel gesagt hatte.
Nord starrte ihn an. Der Präsident wußte, welche Schlüsse der andere zog. Bar Nergal ließ nach den Barbaren suchen, um sie umzubringen. Aber Carrisser war auf der Erde, um in erster Linie die Priester zu kontrollieren. Er konnte es verhindern, wenn er die entsprechenden Anweisungen bekam.
»Was werden Sie tun, Simon?« fragte Conal Nord leise.
Der Präsident kam langsam zu dem weißen Kunststoff-Tisch zurück und ließ sich wieder in den Schalensitz sinken.
Er hatte keine Wahl. Im Grunde war die Entscheidung bereits getroffen. Was für die Merkur-Siedler galt, galt auch für die Terraner.
»Carrissers Funksprüche sind chiffriert«, sagte er ruhig. »Das gibt mir die Möglichkeit, die Nachricht vom Überleben der Barbaren geheimzuhalten. Wir werden die Erde in Ruhe lassen, solange mich die Umstände nicht zu einer gegenteiligen Entscheidung zwingen.«
*
Die jungen Leute, die noch kein Stimmrecht besaßen, übernahmen die Wache - widerwillig, weil sie fanden, daß man auch sie hätte fragen müssen.
Lara und Charru, mit einem Lasergewehr in Griffweite, warteten zwischen den Klippen. Cris und Malin hatten keine solche Waffe. Aber sie glaubten nicht daran, daß sich die angriffslustigen Katzen so dicht in die Nähe des Strandes wagen würden. Außerdem genügte ein Schrei, um notfalls sofort Verstärkung herbeizurufen. Verstärkung, die dann ein völlig unnötiges Risiko eingehen mußte - doch daran mochten die beiden jungen Leute nicht denken.
Malins Herz klopfte, als sie durch den Schatten des Palmengürtels glitt und Cris hinter sich spürte. Geschickt kletterten sie über umgestürzte Stämme, ein paar rote Felsen, schließlich einen langgestreckten Block, der sie gegen die Sicht vom Strand her schützte. Cris' blasses Gesicht hatte sich gerötet. Atemlos blieb er stehen und lauschte.
Malin nickte. »Sie werden lange reden«, sagte er leise. »Bestimmt hat Charru Gerinth aufgetragen, die Gefahr kräftig zu übertreiben, damit sie sich nicht nur deshalb zum Hierbleiben entscheiden, weil Jarlon sein Bruder ist.«
Cris biß sich auf die Lippen. Er schämte sich ein wenig, sich von den anderen abgesondert zu haben, während vielleicht gerade über Jarlons Schicksal entschieden wurde.
»Niemand wird dafür stimmen, in die Gegenwart zurückzukehren«, sagte er heftig.
»Nein, niemand. Aber es wird trotzdem eine Weile dauern.« Malin errötete und senkte den Kopf. »Wir ... wir sollten das wohl nicht tun, nicht wahr?«
»Wir lieben uns! Und es wäre nicht richtig, jetzt mit Gillon zu reden, wo alle den Kopf voller Probleme haben. Wir schaden doch niemandem, wir tun niemandem weh ...«
»Doch ... Wir werden Gillon weh tun.«
»Weißt du das so genau? Bist du sicher, daß er überhaupt etwas für dich empfindet? Er hat es dir nie gezeigt.«
»Wie sollte er denn? Er hatte ja nie Zeit, er ...«
»Sogar Charru hatte Zeit, mit Lara die Zeremonie zu feiern.« Cris stockte, weil er Tränen in Malins Augen glitzern sah, und griff nach ihren Schultern. »Ich liebe dich!« wiederholte er mit erstickter Stimme. »Aber ich hätte mich nie zwischen euch gedrängt, ich hätte es dir nie gesagt, wenn du nicht ... wenn du mir nicht gezeigt hättest ...«
»Ich weiß, Cris, ich weiß es! Und ich glaube auch nicht, daß etwas Unrechtes dabei ist. Ich spüre nur manchmal, daß du es glaubst. Aber das brauchst du nicht! Cris, ich ...«
»Ja?«
Sie schlang heftig die Arme um ihn und barg das Gesicht an seiner Brust.
»Ich will nicht, daß uns irgend etwas trennt«, flüsterte sie. »Ich will dir endlich ganz gehören! Jetzt! Damit es entschieden ist!«
Mit einem tiefen Atemzug preßte er sie an sich. Die Umgebung versank. Zeit kam und verging, schien bedeutungslos zu werden - genauso bedeutungslos wie die Gefahr, die Ungewißheit, die Frage nach dem Morgen. Für eine Ewigkeit verloren sich die beiden jungen Menschen ganz im Sturm ihrer Gefühle, und erst als sie Schritte in der Nähe hörten, wurde ihnen bewußt, daß sich im Westen bereits die Sonne senkte.
Erschrocken fuhren sie
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