Söhne der Erde 17 - Gefangene Der Zeit
Katzen übertrugen wir außerdem noch das Jagdverhalten von Wolfsrudeln. Und der Panther ist nicht zahm im eigentlichen Sinne - er ist von Instinkt und Verhalten her einfach kein Panther mehr. Aber diese Versuche waren selbstverständlich nur ein Anfang. Die Methode läßt sich bei jedem beliebigen Lebewesen anwenden. Bei jedem! Sie verstehen die Möglichkeiten, die darin liegen?«
Charru starte ihn an.
Der Verdacht, der ihn durchzuckte, war absurd, war ungeheuerlich. Und doch ...
»Wollen Sie damit sagen, daß Sie mit Menschen experimentiert haben?« fragte er tonlos.
»Noch nicht«, kam die Antwort völlig gelassen. »Aber ich werde mit Menschen experimentieren.« Magners Augen funkelten, seine Stimme hatte jetzt einen schneidenden Ton. »Auch beim Menschen ist es möglich, die Gedächtnisinhalte und damit die Persönlichkeit von einem auf den anderen zu projizieren. Sie haben den Mann gesehen, den Sie eine Marionette nannten. Es war recht mühsam, ihn dazu zu machen. Aber jetzt bin ich in der Lage, aus seinem Gehirn eine Droge zu gewinnen, die ein paar hundert andere Menschen ebenfalls in Marionetten verwandelt.«
Charru hielt den Atem an.
Unmöglich, dachte er.
Alles in ihm bäumte sich auf gegen diesen verbrecherischen Wahnsinn. Aber er wußte, daß es möglich war. Er las es in den schwarzen, fanatisch funkelnden Augen.
»Warum?« fragte er rauh. »Warum?«
»Um die Welt vor dem Untergang zu retten!« stieß Jordan Magner hervor. »Um die Menschheit aus einer Horde reißender Bestien in eine Schafherde zu verwandeln. Wir brauchen nur eine gewisse Anzahl Menschen, die wir mit Hilfe der Gehirnwäsche in gehorsame Marionetten verwandeln, damit sie uns die erforderliche Menge der Droge liefern. Wir werden diese Droge nach einem genau berechneten Plan weltweit in den Trinkwasser-Kreislauf einschleusen. Und dann werden wir herrschen! Dann wird endlich eine Epoche des Friedens anbrechen, des ewigen Friedens. Begreifen Sie das? Begreifen Sie, daß bei diesem Ziel ein paar Opfer keine Rolle spielen?«
Charru war zumute, als würge eine unsichtbare Faust an seiner Kehle.
Er starrte in das weiße, angespannte Gesicht, auf dessen Wangen Flecken hektischer Röte brannten. Jordan Magner meinte es ernst. Er glaubte an diesen Wahnsinnsplan, war besessen von seiner künftigen Macht. Und wenn die Zukunft wirklich immer nur ein Strahl im Fächer der Möglichkeiten war - gab es dann vielleicht auch einen Zeitstrahl, auf dem Jordan Magner siegte und keine Menschen, sondern nur noch Marionetten auf der Erde lebten?
Mit einem tiefen Atemzug gewann der Wissenschaftler seine Fassung zurück.
»Nun?« fragte er begierig.
»Sie Teufel!« flüsterte Charru. »Sie verbrecherischer Teufel, Sie ...«
Magners flache Hand fiel auf den Tisch.
»Narr!« sagte er eisig. »Ich habe Ihnen eine Chance geboten, aber Sie sind genauso hoffnungslos beschränkt wie die meisten Menschen. Sie wollen es nicht anders. Sie haben Ihr Leben aus purer Dummheit weggeworfen.«
Charru schwieg.
Er hatte begriffen, daß Worte sinnlos waren. Und es gab keine Worte für das Entsetzen, das er bei dem Gedanken fühlte, was diese Bestie in Menschengestalt mit seinen Gefangenen vorhatte.
»Und jetzt zum eigentlichen Zweck der Unterredung«, sagte Jordan Magner schneidend. »Sie werden mir verraten, was es mit den wirren Phantastereien auf sich hat, die Ihre Freunde unter dem Einfluß der Wahrheitsdroge von sich geben. Sie wissen es, denn einer von euch muß es schließlich wissen.«
Charru zuckte angewidert die Achseln. »Benutzen Sie doch Ihre Wahrheitsdrogen, wenn Sie mir nicht glauben.«
»Ich werde sie benutzen«, sagte Magner kalt. »Und ich hoffe in Ihrem eigenen Interesse, daß Sie nicht immun dagegen sind. Es gibt nämlich noch andere Mittel.«
*
Die Stille schien wie ein Gewicht auf den Menschen zu lasten. In der kahlen Stahlzelle hallte jedes Geräusch unnatürlich laut. Camelo stand an der Tür und lauschte nach draußen. Die meisten anderen hatten sich auf die weißen Pritschen niedergelassen. Cris lehnte immer noch mit verschränkten Armen an der Wand und bemühte sich, nicht zu Malin und Gillon hinüberzusehen.
Sie standen im entferntesten Winkel der Zelle und sprachen so leise, daß die anderen sie nicht verstehen konnten.
Niemand erfuhr, was sie sich zu sagen hatten. Malins schmales Gesicht wirkte blaß und unglücklich, Gillons Kiefermuskeln traten hervor. Nach einer Weile nickte er und legte dem Mädchen flüchtig die Hand auf die
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