Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen
werden.
»Jay... «, krächzte Mikael.
»Großer Gott!« flüsterte Montini. »Sie haben es geschafft! Sie haben gewonnen.«
»Die Höhlen«, murmelte der junge Mann. »Siehst du das? Sie haben die Höhlen gesprengt.«
»Aber wie? Wie denn?«
Mikael antwortete nicht.
Lange starrte er auf die drei Schiffe, auf die marsianischen Boote, auf das Felsengewirr, das völlig anders aussah, als er es in Erinnerung hatte. Er sah auch die Menschen. Bewaffnete Uniformierte. Männer, Frauen und Kinder, die sich vor den Mündungen von Lasergewehren bewegten. General Kane stand hoch aufgerichtet zwischen einigen Offizieren und sah zu. In seiner Nähe konnte Mikael die Gestalten von Mark und Charru erkennen. Sie mußten kapituliert haben. Wahrscheinlich war ihnen keine andere Wahl geblieben. Nicht mehr, nachdem die Sprengung des Höhlensystems die Strategie der Rebellen zunichte gemacht hatte.
Mikael biß sich auf die Lippen, weil ihm bewußt wurde, daß jetzt nichts mehr übrig war außer der Raketenbasis. Er starrte Jay Montini an.
»Was sollen wir tun, Jay?« fragte er heiser. »Was, um alles in der Welt, sollen wir tun?«
Montini grub die Zähne in die Unterlippe. »Ich weiß es nicht, Verdammt! Vielleicht sollten wir versuchen, näher heranzukommen und... «
»Jay!«
Mikaels Stimme überschlug sich fast.
Montini riß den Kopf hoch. Deutlich sahen sie die startenden Boote, die zu einer breiten Formation auseinanderfächerten, und Sekunden später begriffen die beiden Männer, daß die Fahrzeuge offenbar die Aufgabe hatten, die nähere Umgebung abzufliegen.
Jay Montini biß die Zähne zusammen.
»Weg hier!« stieß er hervor. »Wir sind die einzigen, die noch frei sind. Wir dürfen den Kerlen nicht auch noch in die Hände fallen.«
*
Zwei, drei Sekunden lang blieb es still.
»Katalin!« flüsterte Mark.
General Kane hatte mit einem Ruck das Kinn gehoben.
Er starrte die schlanke Gestalt mit der Waffe an, hob halb die Hand und ließ sie wieder sinken. Charru hielt den Atem an. Zögerte Kane, weil Katalin eine Frau war? Oder lag es daran, daß etwas so Zwingendes, eine so unbegreifliche Kraft von ihr ausging, wie sie da stand: hoch aufgerichtet, mit wehendem blondem Haar, das Gewehr in den Händen.
Mark riß sich aus seiner Erstarrung und rannte auf Katalin zu, ohne sich um die Waffen der Soldaten zu kümmern.
Diesmal war es Charru, der herumfuhr und Manes Kane anstarrte. Der General schluckte. Seine Stimme krächzte leicht.
»Bringen Sie diese Frau zur Vernunft!« stieß er hervor. »Ich kann kein Risiko eingehen. Zwingen Sie mich nicht... «
Charrus Blick zuckte zu der Szene am Höhleneingang, die wie eingefroren wirkte, dann wieder zu dem hageren, zerfurchten Gesicht unter dem weißen Haar.
Er ahnte, worum es ging.
»Kommen Sie mit«, sagte er knapp. »Auf mich wird vielleicht Katalin hören, aber bestimmt keiner Ihrer Leute. «
Kane grub die Zähne in die Unterlippe, dann gab er kopfschüttelnd nach und setzte sich in Bewegung.
Mark Nord redete auf Katalin ein, offenbar vergeblich. Sie stand etwas erhöht auf einem Felsblock, und die Marsianer verhinderten, daß Mark einfach auf sie zuging und ihr das Gewehr aus den Händen nahm. Immer noch zielte die Waffe auf die Uniformierten. Die junge Frau schwankte vor Erschöpfung, aber sie schien nicht gesonnen, auch nur um einen Millimeter nachzugeben.
Manes Kane kämpfte eine Regung der Furcht nieder.
Er besaß Mut, erkannte Charru flüchtig. Er konnte sich auf die ganze Macht des Flottenverbandes stützen, er hatte sicher nie in seinem Leben wirklich gekämpft, aber er war kein Feigling. Das Lasergewehr in Katalins Händen beeindruckte ihn nicht. Er verharrte erst, nachdem er zwei von den erschrockenen Soldaten kurzerhand beiseitegeschoben hatte.
Sekundenlang starrte er Katalin mit einem Blick an, als könne er nicht recht glauben, was er sah.
»Ihre Freunde haben kapituliert«, sagte er eindringlich. »Ich weiß nicht, was Sie allein mit dieser Waffe erreichen wollen, aber ich weiß, daß Sie dabei sind, ein Unglück auszulösen. Begreifen Sie das nicht?«
Bisher hatte Katalin nur mit Mark gesprochen, jetzt stellte sich ihr Blick auf den General mit dem schlohweißen Haar ein. Über ihr bleiches Gesicht flog ein Ausdruck von Überraschung, weil sie alles mögliche erwartet hatte, nur nicht, daß er ihr gut zureden würde.
»Da drinnen ist ein Mann verschüttet«, sagte sie. »Er braucht Hilfe, und er braucht sie sofort, weil jeden Moment der Gang
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