Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen
würde als das eigene Schicksal.
Charrus Blick folgte den Uniformierten, die Mikael und Jay zu einem Beiboot schleppten.
Mark Nords Gesicht hatte sich mit einem Schweißfilm überzogen. Karsteins Zähne knirschten - dann stieß er plötzlich einen krächzenden Laut aus.
Auch Camelo zuckte zusammen.
»Charru!« flüsterte er.
Sein Blutsbruder riß den Kopf herum.
Zwei der Marsianer beugten sich über den Gleiter und zerrten den dritten Bewußtlosen ins Freie. Einen schlanken, drahtigen Mann, offenbar verletzt, von zahllosen Kratzern und Schrammen bedeckt, in blutverschmierter Kleidung. Einen Mann, dessen schulterlanges flachsblondes Haar nicht zu verkennen war, obwohl es vor Schweiß und Staub starrte.
Beryl von Schun!
Beryl, der zusammen mit Hank Scanner die »Solaris« mitten in den anfliegenden Flottenverband gejagt und zwei marsianische Schiffe vernichtet hatte. Er lebte. Irgendwie war er dem Inferno der explodierenden »Solaris« entkommen. Charru schloß die Augen und versuchte, mit dem Aufruhr seiner Gefühle fertig zu werden.
»Das ist doch nicht möglich«, flüsterte Camelo.
»Die Rettungskapsel!« Marks Stimme klang rauh. »An Bord der 'Solaris' gab es eine Rettungskapsel. Deshalb ist Hank mitgeflogen. Einer allein konnte nicht gleichzeitig das Schiff steuern und die Kapsel vorbereiten. Zu zweit hatten sie eine winzige Chance.«
»Armer Hank«, sagte Dane Farr leise.
Die anderen wußten, was er meinte.
Die Situation ließ keinen anderen Schluß zu, als daß Beryl zufällig von Jay und Mikael gefunden worden war. Das hieß, daß Hank Scanner nicht mehr lebte. Die beiden Männer hatten sich erst in allerletzter Sekunde in die Kapsel retten können. Sie mußte bei der Explosion der »Solaris« schwer beschädigt worden sein, und es grenzte an ein Wunder, daß sie überhaupt die Merkur-Oberfläche erreicht hatte.
Auch Beryl wurde in das Beiboot gebracht.
Das Schott klappte zu. Charru straffte die Muskeln, wappnete sich innerlich, doch im nächsten Augenblick öffnete sich die Luke des Bootes von neuem.
Ein marsianischer Soldat sprang auf den Boden und eilte zu dem kommandierenden Offizier hinüber.
Ihre kurze, erregte Debatte endete damit, daß der Offizier dem Beiboot zustrebte. Zwei Minuten blieb er in dem Fahrzeug, dann kam er wieder heraus und hob die Hand zu einer befehlenden Geste.
Seine Stimme klang erleichtert. Wie den meisten Marsianern war ihm Gewalt aufrichtig verhaßt - jedenfalls sobald er hautnah damit in Berührung kam.
»Die Gefangenen werden an Bord der 'Sirius' zurückgebracht«, kommandierte er. »Präsident Jessardin persönlich hat soeben die Anweisung gegeben, sämtliche Liquidierungen sofort zu stoppen. «
V.
In der Kommando-Zentrale der »Sirius« wanderte Manes Kane mit kurzen, abgehackten Schritten hin und her.
Sein Adjutant wirkte verwirrt und verständnislos. Oberst Jaschin, der Kommandant der »Sirius«, beobachtete den Oberbefehlshaber mit unbewegtem Gesicht. General Kane war verärgert. Er hatte ein klares Handlungsschema befolgt, und er begriff einfach nicht, wie Präsident Jessardin dazu kam, die konsequente Anwendung des Kriegsrechts auf Merkur zu unterbinden.
Statt dessen sollte er, Kane, zehn Rädelsführer auswählen, damit sie in Kadnos vor Gericht gestellt werden konnten.
Zehn - eine willkürliche Zahl.
Zehn führende Köpfe, die man, - so vermutete der General - zum Tode verurteilen würde, um den Widerstandswillen zu brechen, um die treibende Kraft der Rebellion zu eliminieren. Auf dem Mars war bereits ein Schiff der »Kadnos« - Serie zum Merkur gestartet. Der Großteil der Gefangenen - diejenigen, bei denen aller Wahrscheinlichkeit nach kein Todesurteil zu erwarten war - sollte laut Anweisung in ein Internierungslager auf dem fernen Uranus deportiert werden.
Überflüssige Mühe, wie Manes Kane fand.
Die lebenslängliche Deportation, die bei allen außer den zehn Rädelsführern offenbar als selbstverständlich vorausgesetzt wurde, beschwor nur neue Probleme herauf. Ganz davon abgesehen, daß zum Beispiel die Deportation von Kindern unter Kriegsrecht selbstverständlich, nach den allgemeinen Strafgesetzen jedoch eine äußerst zweifelhafte Maßnahme war.
Zehn Rädelsführer...
Mark Nord und Charru von Mornag. Raul Madsen und der Älteste der sogenannten Tiefland-Stämme - das waren vier. Ken Jarel und Dane Farr kamen dazu, vor allem Dane Farr. Dann der junge Mann mit den eigentümlich sanften Zügen, der ständig an der Seite des
Weitere Kostenlose Bücher