Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen
Augen stand eine Frage. Er hatte Angst um die Frau, die er liebte.
Charru brachte es nicht fertig, ihm zu sagen, daß Katalin unter den Verschollenen war.
*
Auf der anderen Seite des Planeten senkte sich allmählich die Sonne.
Licht fiel durch ein Loch im Felsen und ließ die schlanken Leiber der drei Fernlenk-Raketen glitzern. Mikael starrte auf die zerbombte Trümmerwüste, die einmal eine Siedlung gewesen war. Er krallte die Hände so hart in den Stein, daß seine Fingernägel schmerzten.
Der junge Mann hatte sich den Merkur-Siedlern erst auf Luna angeschlossen.
Er war Sträfling gewesen wie sie, weil auch er gegen die Forderungen des übermächtigen Staates rebelliert hatte. Er war mit ihnen zum Merkur gekommen, obwohl seine Strafe nicht auf Lebenslänglich lautete. Hier hatte er manchmal daran gezweifelt, ob es wirklich richtig war, sich sogar auf die Gefahr eines Krieges hin gegen den Status einer marsianischen Kolonie zu wehren. Aber jetzt, angesichts der zerstörten Gebäude, der Vernichtung all dessen, was unter unsäglichen Mühen aufgebaut worden war, empfand er keine Zweifel mehr, sondern nur noch die wilde Entschlossenheit, sich notfalls mit Nägeln und Zähnen zu wehren.
Zwei, drei Sekunden verstrichen, dann fuhr Mikael mit einer heftigen Bewegung herum.
»Verdammt!« knirschte er. »Wie lange soll das denn noch dauern, Jerrey?«
Der Mann, der sich über das Funkgerät beugte, hob ruckartig den Kopf. Schweiß glitzerte auf seiner Stirn.
»Das Gerät ist intakt, Mikael«, sagte er gereizt.
»Aber es kann nicht intakt sein, es... «
Mikael brach ab, weil er das gleiche schon ein dutzendmal gesagt hatte.
Sie bekamen keine Funkverbindung mehr zur Basis. Schon seit Stunden nicht. Keiner von ihnen ahnte, was inzwischen auf der Nachtseite des Merkur geschehen war. Sie hatten hilflos zusehen müssen, wie eine Beiboot-Flottille die Siedlung bombardierte. Sie hatten wenig später triumphiert, als sie erfuhren, daß es Charru, Mark und den anderen tatsächlich gelungen war, durch den unterirdischen Fluß den freigesprengten See zu erreichen und ein paar von den marsianischen Schiffen außer Gefecht zu setzen, die dort gelandet waren. Seit dieser Nachricht hatte sich das Funkgerät nicht mehr gerührt, und die Männer versuchten verbissen und vergeblich, eine Verbindung herzustellen.
Jerrey Holm schlug auf die Taste. Seine Stimme klang rauh.
»Alpha an Kommando! Alpha an Kommando! Kommando, bitte melden!«
Stille.
Holm schaltete das Gerät wieder aus. Sein Blick wanderte von einem zum anderen.
»Es geht nicht«, sagte er. »Und wenn wir noch lange so weitermachen, werden uns die Marsianer hier anpeilen. «
»Aber...«
»Es geht nicht, Mikael! Ich habe das Gerät auseinandergebaut und wieder zusammengesetzt, ich habe jedes einzelne Teil durchgeprüft, und das Ganze dreimal hintereinander. Das Gerät ist in Ordnung. Die Gegenseite meldet sich nicht. «
Mikael fuhr sich mit der Faust über die Stirn. »Jerrey, glaubst du... glaubst du...?«
»Denk nicht gleich das Schlimmste«, sagte Neil Corda ruhig. Er war ein älterer Mann: beherrscht, besonnen, manchmal etwas langsam.
»Aber wir müssen doch wissen...«
Corda nickte bedächtig. »Stimmt, das müssen wir wohl. Am besten nehmen zwei Mann den Gleiter und sehen nach. Zwischen uns und dem nächsten Höhleneingang, dürften sich jetzt eigentlich keine Marsianer mehr herumtreiben.«
Mikael zögerte kurz, dann stimmte er zu.
»Ich übernehme das Steuer«, sagte er rauh. »Kommst du mit, Jay?«
Der Angesprochene nickte knapp.
Er war kleiner als Mikael: ein schlanker, fast graziler Mann namens Jay Montini. Unter dem krausen schwarzen Haar wirkte sein sonst eher lebhaftes Gesicht wie eine Maske.
Schweigend wandte er sich nach rechts und betätigte den Mechanismus, der den getarnten Eingang der Grotte öffnete.
Der Gleiter stand in der Nähe in einer anderen, kleineren Höhle.
Er war hinter einem dichten Rankenvorhang verborgen, den Jay Montini zur Seite schob und festhielt, während Mikael das Fahrzeug aus dem Versteck steuerte. Noch einmal ließ er die Kuppel hochklappen. Jay schwang sich neben ihn, und der Gleiter setzte sich wieder in Bewegung.
Mikael flog tief und bemühte sich, in der Deckung der Canyons und Felsen zu bleiben.
Jay hatte die Hand auf den Schaft des Lasergewehrs gelegt. Er glaubte immer noch, es werde sich irgendeine harmlose Erklärung dafür finden, daß keine Funkverbindung zur Basis zustandekam. Aber als er jetzt mit
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