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Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen

Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen

Titel: Söhne der Erde 22 - Flug der Verlorenen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne U. Wiemer
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zusammengekniffenen Augen nach vorn starrte, erschien ihm die tiefe, zitternde Unruhe in seinem Innern fast wie eine böse Vorahnung.
    *
    Sie kamen in Gruppen: staubig, erschöpft und frierend, die meisten blutend, viele so schwer verletzt, daß sie gestützt oder getragen werden mußten. Fast alle waren zu benommen, um voll und ganz zu begreifen, was geschehen war. Immer noch dröhnte der Lautsprecher, aber jetzt wurde Camelos Stimme übertragen. Die Männer, die auf der Suche nach Überlebenden wieder in das Labyrinth eingedrungen waren, würden ihm glauben.
    Unermüdlich wiederholte er die Durchsage.
    Der Geräteschlitten stand inzwischen dicht am Haupteingang des Höhlensystems. Charru hoffte, daß Camelos Worte auch in den tiefer gelegenen Grotten zu hören waren. Denn wenn später bei der Durchsuchung der zerstörten Basis auch nur ein einziger Terraner auf eine schwarze Uniform schoß, würde das für alle Verletzten, Bewußtlosen oder Verschütteten in den Trümmern das Todesurteil bedeuten.
    Erein von Tareths roter Schopf leuchtete in der Dunkelheit.
    Er stützte Brass, dessen ganze rechte Körperseite blutverschmiert war. Gillon stand mit drei, vier anderen vor den Lasergewehren der Marsianer. Er rührte sich nicht. Nur Shaara wollte mit einem leisen Schrei auf Erein stürzen, doch einer der Uniformierten hielt sie an der Schulter zurück.
    Brass wurde genau wie die anderen Verwundeten in ein Beiboot transportiert und zu den Schiffen am Ufer des freigesprengten Sees gebracht, wo an Bord des schweren Kampfräumers »Sirius« ein großer Lazarett-Trakt existierte.
    Die unverletzten Männer, Frauen und Kinder folgten stumm den Befehlen, die sie zu den drei Aufklärern dirigierten. Wahrscheinlich würde man sie vorerst einfach einsperren. Oder unter Drogen setzen, damit sie ruhig blieben. Charru grub die Fingernägel in die Handballen. Drogen, Injektionen - er wußte genau, daß das bei Männern wie Karstein, Hardan oder Kormak nicht gutgehen konnte.
    General Kane beobachtete schweigend die verzweifelten, abgekämpften Menschen, die nach und nach in den Höhleneingängen erschienen: entweder mühsam ihren Weg ertastend oder im fahlen Schein von Batterielampen vorwärtsstolpernd.
    Cris und Malin hatten sich wie verängstigte Kinder aneinandergeklammert. Gerinth kam hinter ihnen, trug den kleinen rothaarigen Jesco von Tareth auf dem Arm und schob Dayel, den früheren Akolythen, an der Schulter vorwärts. Indred von Dalarme stützte sich schwer auf ihre Enkelin. Das Gesicht der alten Frau war grau. Aber inmitten von Schmerz und Hoffnungslosigkeit, Blut und Tränen stand sie hoch aufgerichtet und ruhig, mit wissenden Augen - den Augen der Schamanin, die schon zu viel gesehen hatte, um noch Furcht zu empfinden.
    »Jarlon!«
    Charru war sich kaum bewußt, daß er den Namen laut hervorgestoßen hatte. Der Junge taumelte. Mit einer heftigen Bewegung riß er sich von Hakon los, der ihn zurückhalten wollte, stieß zwei verblüffte Marsianer beiseite und rannte auf seinen Bruder zu.
    »Charru!« Tränen erstickten seine Stimme. »Die Funkstation - da' ist alles zusammengebrochen. Acht Tote! Acht! Bran, Kyrran, Marco... Und ich habe Mareli gefunden! Sie war doch erst sieben... «
    Er brach ab, weil zwei bewaffnete Soldaten neben ihm auftauchten. Verzweiflung und ohnmächtiger Zorn loderten in seinen Augen. Charru packte die Schultern seines Bruders und starrte in das bleiche, zuckende Gesicht.
    »Komm zu dir, Jarlon! Bitte! Versprich mir, daß du nicht den Kopf verlierst!«
    Der Junge schluckte. Als einer der Marsianer ihn auffordernd anstieß, zitterten seine Schultern, aber er fuhr nicht herum.
    »Du brauchst dir keine Sorgen zu machen«, sagte er heiser. »Ist... ist Jerle draußen?«
    »Noch nicht. « Jerle Gordal war achtzehn Jahre alt und gehörte zu Jarlons engsten Freunden. Der Junge biß sich auf die Lippen, wandte sich ab und ging schweigend in die Richtung, die der Uniformierte wies.
    Ein paar Schritte entfernt stand Mark Nord reglos, mit verkrampften Fäusten, und starrte zu den klaffenden Löchern im Felsen hinüber.
    Bar Nergal, der Oberpriester, taumelte zitternd und kraftlos vor einem bärtigen Nordmann her, der ihn kurzerhand am Kragen gepackt hatte. Über die Trümmer eines halb verschütteten Eingangs weiter links kletterten zwei andere Nordmänner. Sie schleppten den bewußtlosen Gerret zwischen sich, dessen Zwillingsschwester Gudrit ebenfalls schwer verletzt worden war. Drei, vier Merkur-Siedler

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