Söhne der Erde 23 - Jenseits Von Tausend Sonnen
nicht darum, was aus ihren Marionetten wurde, dachten nicht im Traum daran, die drei Priester zu schützen. Und niemand hatte sich zu ihnen gesellt, nicht einmal Beliar, Joth oder Rhen. Denn niemand zweifelte daran, daß jetzt die Rache über die Opfer hereinbrechen würde.
Beryls Gedanken überstürzten sich.
Er wußte nicht, ob er den Gang der Dinge aufhalten sollte, konnte, wollte. Und bevor er sich darüber klar wurde, hörte er einen erstickten Laut hinter sich, fuhr herum und blickte in Jarlon von Mornags zornlodernde saphirblaue Augen.
Drei, vier andere lösten sich aus dem Kreis. Yattur, dessen Volk von Nergal vernichtet worden war. Cris, dessen Mutter und Geschwister durch die Schuld des Oberpriesters gestorben waren. Jay Montini, der schlanke Venusier, der seine verurteilten Freunde nach menschlichem Ermessen nie wiedersehen würde. Stumm rückten sie vor, wilde Entschlossenheit in den Gesichtern, und Bar Nergal preßte den Rücken gegen die Wand, als könne er darin verschwinden.
»Nein!« krächzte er. »Nein ...«
Beryl wollte etwas sagen, doch er kam nicht mehr dazu.
Es war Shamala, der sich mit dem Mut der Verzweiflung zwischen die Angreifer und seinen Herrn und Meister warf. Der Priester mit dem schwarzen Haar und den düsteren Augen keuchte. Blitzschnell holte er aus. Jarlon, zu überrascht, um zu reagieren, wurde von einem krachenden Fausthieb am Kinn getroffen.
Kormak fing ihn auf, als er rückwärts taumelte.
Sekundenlang klammerte sich Jarlon an den Arm des Nordmanns, dann straffte er sich. Langsam ging er auf Shamala zu. Die anderen blieben stehen, verharrten in tödlicher Stille. Beryl atmete aus. Shamala war kein Greis, er konnte kämpfen. Und diesmal würde er tatsächlich kämpfen müssen, diesmal gab es kein Ausweichen.
Niemand rührte einen Finger, während Jarlon den Priester durch den langgestreckten Raum prügelte.
Shamala hatte keine Chance. Wie ein gnadenloses Trommelfeuer prasselten die Schläge auf ihn ein, rüttelten ihn durch, zerfetzten seine jämmerliche Deckung. Hart prallte er mit dem Rücken gegen die Luke an der Stirnwand des Gebäudes. Jetzt brach seine Beherrschung, brüllte er bei jedem Treffer schmerzvoll auf. Kraftlos rutschte er an der Wand nach unten und hob wimmernd die Arme, um sein Gesicht zu schützen.
Jarlon spuckte verächtlich aus und wandte sich um.
Seine Augen loderten immer noch, als er auf Bar Nergal zuging. Der Oberpriester schlotterte an allen Gliedern. Unnatürlich laut klangen die Schritte des jungen Mannes durch die Stille - langsam, gleichmäßig, unaufhaltsam.
»Jarlon!« sagte Beryl eindringlich.
Der Junge hörte nicht. Beryl biß sich auf die Lippen.
»Jarlon! Er ist ein Greis! Laß ihn!«
»Er hat meinen Bruder auf dem Gewissen! Er hat Charru umgebracht, er ...«
»Aber Charru lebt!«
Zai-Caroc stieß die Worte mit zitternder Stimme hervor. Jarlon blieb abrupt stehen. Seine Augen wurden weit.
»Was sagst du da?« flüsterte er.
»Charru lebt! Die anderen ebenfalls! Sie konnten fliehen, ein Raumschiff kapern ...«
Zai-Caroc sprudelte hastig hervor, was er wußte. Eine halbe Minute später prasselten von allen Seiten Fragen auf ihn ein. In Jarlons Augen standen Tränen. Auch Cris, Yattur und Jay Montini hatten ihre Absicht vergessen, sich auf den Oberpriester zu stürzen.
Auf der anderen Seite des Raumes rappelte sich Shamala mühsam vom Boden hoch. Verkrümmt blieb er stehen. Er wußte, daß er sozusagen stellvertretend zusammengeschlagen worden war. Sein Blick suchte Bar Nergal, der keinen Finger für ihn gerührt hatte, und zum erstenmal begann Shamala, Haß zu empfinden.
*
Katalin spürte die Feuchtigkeit des federnden Moospolsters durch ihre Kleidung dringen.
Neben ihr stützte sich Mark Nord auf die Ellenbogen, die Hand nahe am Schaft des griffbereiten Lasergewehrs. Schweiß lief über seine Stirn und sammelte sich in den Augenbrauen.
»Habe ich dich erschreckt?« fragte er heiser. »Dir weh getan?«
Katalin lächelte in das vertraute Gesicht hinauf. »Nein, Mark.«
»Es ist so lange her. Zwanzig Jahre Luna! Und jetzt ... Wahrscheinlich war ich verrückt. Der Himmel weiß, was hätte passieren können.«
»Du glaubst doch selbst, daß die fremden Wesen friedlich sind. Und wenn Charru und Camelo zurückgekommen wären ... Sie wissen, daß wir zusammengehören, Mark. Sie wissen, daß man dir dein Leben gestohlen hat und daß uns vielleicht nicht mehr viel Zeit bleibt. Wir haben keinen Grund, uns zu
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