Söhne der Erde 23 - Jenseits Von Tausend Sonnen
das nicht. Sie hatten einfach keinen Grund, herumzustehen und in die Landschaft zu starren.«
»Vielleicht wollten sie sich einfach eine Weile allein miteinander unterhalten«, sagte Gerinth ruhig.
»Um Unheil zu brüten, meinst du?«
»Warum sollten sie? Wir sind aufeinander angewiesen. Ich glaube, außer dem Kommandanten haben sie das inzwischen alle begriffen.«
»Hoffentlich.«
Karstein preßte die Lippen zusammen, weil sich im gleichen Moment das Schott des Beibootes öffnete. Wieder drang ein Schwall feuchter, schwülwarmer Luft herein. Jerome Crest wischte sich den Schweiß von der Stirn und erwiderte den grimmigen Blick des Nordmanns mit verkniffenem Gesicht. Der kleine, hagere Sean Sander sah blaß aus. Crest schlenderte sofort zu einem leeren Sitz hinüber. Scheinbar absichtslos stützte er sich auf das Kontrollpult, während sein Blick das Lasergewehr suchte, das Gerinth neben sich gelehnt hatte.
Sean Sander spürte ein kaltes Prickeln zwischen den Schulterblättern.
Er maß die Entfernung. Ein Schritt, ein schneller Griff. Es konnte nicht allzu schwierig sein. Würde er schießen müssen? Bestimmt, dachte er. Und dann?
Ken Jarel, Raul Madsen und der Terraner mit dem Namen Gillon von Tareth waren an Bord der »Kadnos«. Mindestens diese drei brauchte Jerome Crest lebend. Und wenn sie sich wehrten? Wenn sie umkamen? Wenn es vielleicht auch unter der Besatzung Tote oder Verletzte gab?
Dann war die »Kadnos« verloren, dachte Sean Sander Dann war auch noch das letzte Fünkchen Hoffnung dahin, an das sie sich klammerten. Mit einer derart dezimierten Mannschaft konnte auch ein besserer Kommandant als Crest keinen Überlicht-Raumer manövrieren.
Der kleine Marsianer atmete tief durch.
»Seien Sie vorsichtig, Farr«, sagte er heiser. »Crest hat mich zu überreden versucht, das Lasergewehr an mich zu bringen, weil er wieder das Kommando übernehmen will.«
*
Charru und Camelo wußten, was ein Sprach-Decoder war.
Bei dem kleinen Gerät, das die Fremden auf dem Körper trugen, mußte es sich um ein technisches Kunstwerk handeln, dessen Leistungsfähigkeit an Zauberei grenzte. Daß die Wesen, die sich Enzyklopen nannten, die Menschen aus der »Kadnos« offenbar schon eine Weile belauscht hatten, interessierte Charru im Moment nur am Rande. Sein Blick hing immer noch an dem kleinen Gerät, aus dem die blecherne »Stimme« drang. Worauf reagierte es überhaupt? Weder die kleinen grauhäutigen Planetenbewohner noch die anderen, bei denen es sich offenbar um Besucher aus dem Weltall handelte, »sprachen« im eigentlichen Sinne. Der Decoder mußte völlig fremdartige Impulse aufnehmen - und doch war er in der Lage, Laute zu bilden.
Enzyklopen, wiederholte Charru in Gedanken.
Ein Wort, das wohl dem Namen entsprach, den die Fremden sich selbst gaben. Enzyklopen - Allwissende ... Charru starrte in die glatten, unmenschlichen Gesichter mit den hohen, breiten Stirnen und spürte einen Schauer des Unbehagens, den er sich nicht erklären konnte.
»Wer seid ihr?« fragte er. »Woher kommt ihr?«
Wieder erklang die monotone Stimme:
»Der Name unserer Heimatwelt läßt sich nicht übersetzen. Den Planeten, auf dem wir als Gäste weilen, würdet ihr vielleicht Rhino nennen. Denn die Verhältnisse haben bei den Bewohnern zur perfekten Verfeinerung jenes Wahrnehmungsvermögens geführt, der eurem Geruchssinn entspricht.«
Charru runzelte die Stirn.
Camelos Blick wanderte zu den Wesen mit den seltsamen rüsselartigen Nasen. In seinen Augen blitzte Verstehen auf. Deshalb also konnten sich die Grauhäutigen im Dunkeln orientieren. Deshalb wiesen ihre Gebäude das gleiche trostlose Grau in Grau der Umgebung auf, deshalb ging ihre Fähigkeit zur Zeichensprache kaum über einen einfachen Wink hinaus. Und vielleicht waren sie auch deshalb davongelaufen, als Jerome Crest zur Waffe griff, obwohl sie vermutlich keine Betäubungspistolen kannten. Hatte es nicht sogar in der Vergangenheit der Erde Lebewesen mit einem so ausgeprägten Geruchssinn gegeben, die die Angst oder Aggressivität im buchstäblichen Sinne wittern konnten?
»Und nun berichtet uns darüber, wer ihr seid«, forderte die Stimme aus dem Decoder. »Was wir durch unsere Beobachtungen erfuhren, ist voller Widersprüche. Ihr fliegt mit einem Schiff durch den Raum, aber wir sind eurer Rasse nie begegnet. Da ihr von weiter her kommt, als unsere Schiffe reichen, müssen die euren überlegen sein. Und doch seid ihr darauf angewiesen, eure Hände als Werkzeuge zu
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