Söhne der Erde 23 - Jenseits Von Tausend Sonnen
mit den geschulterten Lasergewehren.
Marionetten, dachte der blonde Tiefland-Krieger. Der Vollzug der Vereinigten Planeten war jahrhundertelang nur ein Symbol der Staatsgewalt gewesen, beileibe keine schlagkräftige Einheit. Auf dem Mars lagen die Dinge seit dem Zusammenbruch des Mondsteins und der Flucht der Barbaren etwas anders. Hier auf Uranus hatten die Vollzugsleute in ihrem ganzen Leben noch nie gekämpft, noch nie ernsthaft ihre Waffen abgefeuert. Es konnte nicht schwer sein, sie zu überrumpeln. Aber wozu? Nicht die Bewacher hielten die Gefangenen in ihrem Camp fest, sondern die endlose Eiswüste ringsum, die Natur eines Planeten, der Leben nur innerhalb bestimmter, lückenlos kontrollierter Bereiche gestattete ...
Das Heulen einer Sirene riß Beryl aus seinen Gedanken.
Ende der Arbeitsschicht! Weiter vorn am Rand der Gleiterbahn schloß Hakon mit der ihm eigenen Gründlichkeit noch den grauen Aggregat-Block an das allgemeine Kontrollnetz an. Beryl mußte lächeln. Er wußte, daß seine Gefährten grimmig entschlossen waren, Widerstand zu leisten und die Arbeit nach Möglichkeit zu sabotieren. Und dennoch leisteten sie fast alle mehr, als es sich die Marsianer vermutlich hatten träumen lassen - einfach deshalb, weil ihnen die Arbeit die Möglichkeit bot, Technik und wissenschaftlichen Fortschritt besser kennenzulernen.
Kormak, Erein von Tareth und ein paar Nordmänner sprangen auf das offene Fahrzeug.
Beryl lenkte es in den überdachten Tunnel. Von dort brachten Transportfahrzeuge die Gefangenen ins Lager zurück. Nur ein Teil von ihnen wurde im Gleiterbahnbau eingesetzt - die aktiven Rebellen. Frauen, Kinder und alte Leute waren nicht zu Zwangsarbeit verurteilt worden, sondern zu lebenslänglicher Internierung als staatsfeindliche Elemente. Dazu kamen diejenigen, die sich in den Verhören von Terranern und Merkur-Siedlern distanziert, die behauptet hatten, sie seien nur zufällig in den Sog der Ereignisse geraten und von der Mehrheit gezwungen worden, sich auf der Seite der Rebellen an dem Kampf um Merkur zu beteiligen.
Beliar, der Priester, gehörte dazu. Außerdem ein paar Akolythen, Schüler und die wenigen Tempeltal-Leute, die immer noch Bar Nergals Einfluß unterlagen. Sie wurden akzeptiert, geduldet: Männer wie Joth und Rhen, die Bar Nergal auf den Merkur gefolgt waren, wie sie ihm immer folgten. Nur einer machte eine Ausnahme: Mircea. Er war der Neffe Mircea Shars, des alten Tempelhüters, der sich auf dem Mars noch im Tode auf die Seite der Tiefland-Stämme geschlagen hatte. Der junge Mircea war lange dem Oberpriester gefolgt. Aber dann, als Merkur erobert wurde, hatte er eine Entscheidung getroffen. Aus Gründen, die nur er selbst verstand, behauptete er steif und fest, zum aktiven Kreis der Rebellen zu gehören. Er wollte dazugehören, so wie viele seiner Kaste vorher. Die Männer hatten ihn ohne lange Diskussionen aufgenommen.
Genau wie den Akolythen Lar, dachte Beryl während der Fahrt zurück ins Lager.
Genau wie Dayel - aber der hatte seine Entscheidung schon viel früher getroffen. Beryl runzelte die Stirn, während er ausstieg und mechanisch die übliche Durchsuchungsprozedur über sich ergehen ließ. Hatten sie nicht viele Freunde gewonnen? Zuerst Ayno, den Priesterschüler, der als halbes Kind gestorben war. Dann Helder Kerr, den stellvertretenden Kommandanten von Kadnos-Port, der ebenfalls nicht mehr lebte. Schließlich Conal Nord, der ihnen zu helfen versuchte, Lara, die Charrus Frau war, Yatturs Fischervolk auf der Erde, am Ende sogar die Königin der toten Stadt, die Bar Nergal als Gott verehrte und starb, als sie sich gegen ihn erhob ...
Beryls Gedanken stockten.
Durch die Schleuse hatte er den langgestreckten, röhrenartigen Schlafbau der Gefangenen betreten. Die atemlose Stille sagte ihm sofort, daß etwas Ungewöhnliches geschehen war. Sein Blick wanderte in die Runde, und er hielt den Atem an, als er die drei Gestalten erkannte, die sich an der Wand zusammendrängten.
Bar Negal, Shamala und Zai-Caroc!
Die Priester, die bei dem Prozeß in Kadnos als Zeugen gegen die Angeklagten ausgesagt hatten. Haßerfüllte, unbelehrbare Fanatiker, die immer wieder Verrat übten, immer wieder versuchten, sich den Marsianern anzudienen - und denen es auch diesmal nicht gelungen war.
Auch für sie hieß das Urteil offenbar lebenslängliche Internierung.
Jetzt standen sie da, bleich und zitternd, hilflos und ohne Schutz der sogenannten »Mächtigen«. Die Marsianer kümmerten sich
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