Söhne der Erde 26 - Neue Heimat Terra
dieser Offizier sah ausgesprochen blaß aus und brütete stumm vor sich hin, während er Charru zurück in die Kommandantur brachte, wo ihn Mark Nord erwartete.
Eine knappe Stunde später lehnten die beiden Männer auf dem Rücksitz eines großen Transportfahrzeugs, das mit atemberaubender Geschwindigkeit das Netz der übertunnelten uranischen Gleiterbahn durcheilte.
Wie eine gigantische, schimmernde Vision tauchte die Kuppel von Kher auf. Der Raumhafen lag außerhalb: weite Klimafelder, deren Aggregate die Temperatur bis knapp unter den Gefrierpunkt anhoben, gleißende Helligkeit, ein Halbkreis kleinerer Kuppelbauten. Etwa ein Dutzend Schiffe verschiedener Größe hob sich auf den Start- und Landebahnen ab. Eins davon, ein Metallgigant, der alle anderen überragte, gehörte zweifellos zur »Kadnos«-Klasse.
Charru und Mark wurden ohne weiteren Aufenthalt an Bord gebracht.
Ein paar Minuten später schloß sich bereits die Tür einer Kabine hinter ihnen. Mit metallischem Schnappen rastete der Riegel ein. Sie waren allein. Mark sah sich um, zuckte die Achseln und ließ sich erschöpft auf eine der Andruckliegen fallen.
»Sie sind verdammt eilig damit, uns wegzuschaffen«, murmelte er. »Ich hoffe nur, daß wir keinen Fehler gemacht haben.«
*
»Die beiden Gefangenen sind bereits zum Mars unterwegs, mein Präsident.« Deborah Jaschins schönes, beherrschtes Gesicht füllte den Bildschirm aus. Sie zögerte kurz. »Es geht um die Vernehmungsprotokolle«, erläuterte sie. »Ich möchte mich Ihres Einverständnisses versichern, bevor ich die vorliegenden Anfragen beantworte.«
»Anfragen von wem?« wollte Simon Jessardin wissen.
»Nun - da ist in erster Linie der amtierende Leiter des Sicherheitsausschusses. Es scheint mir ungewöhnlich, daß er sich an das uranische Informations-Zentrum statt an das auf dem Mars wandte.«
So war das also!
Die Leitung des Sicherheitsausschusses hatte turnusmäßig Jom Kirrand übernommen. Der Vollzugschef befürchtete offenbar, der Ausschuß sei unzureichend informiert worden. Womit er - Jessardin lächelte leicht - im Grunde nur sein sicheres Gespür bewiesen hatte.
»Ich danke Ihnen für Ihre Umsicht, Generalgouverneur«, sagte der Präsident ruhig. »In der Tat sind die Vernehmungsergebnisse derart phantastisch, daß ich es für besser halte, sie bis zu einer näheren Überprüfung nicht zur Kenntnis zu nehmen. Sie können sich denken, daß ich mich nicht ohne schwerwiegende Gründe zu einem persönlichen Gespräch mit den beiden Gefangenen entschlossen habe. Eine ungewöhnliche Situation erfordert ungewöhnliche Mittel.«
Deborah Jaschins Gesicht verriet nicht, was sie wirklich dachte.
»Also keine Weitergabe von Informationen?« vergewisserte sie sich.
»Keine Weitergabe von Informationen. Ich werde Sie auf dem laufenden halten, Generalgouverneur.«
»Danke, mein Präsident. Sie können sich auf mich verlassen.«
Der Monitor erlosch.
Nachdenklich betätigte Jessardin die Sensortaste, die das Funkgespräch beendete. Jom Kirrand wollte also mehr als die offiziellen Informationen. Auf eigene Faust? Mit dem Einverständnis der Generäle? Auf jeden Fall ein völlig unorthodoxer Vorgang, ein Bruch mit allen Gepflogenheiten. Jessardin straffte sich und preßte die schmalen Lippen zusammen.
Er mußte handeln.
Jetzt!
Er konnte Kirrand und den Ausschuß nicht länger hinhalten. Spätestens heute nachmittag würde auch der Rat nach Aufklärung verlangen. Der Präsident hatte vorgehabt, die Ankunft der beiden Gefangenen und möglichst die Ankunft Conal Nords abzuwarten, bevor er - wenn überhaupt - Kontakt zu dem unheimlichen Fremden mit dem Namen Ktaramon aufnahm. Aber die beiden Schiffe würden nicht vor morgen landen - und Jessardin hatte plötzlich das sichere Gefühl, daß ihm nicht mehr so viel Zeit blieb.
Ein paar Minuten lang überlegte er angestrengt, dann traf er die Entscheidung.
Er beugte sich vor und tastete mit geübten Fingern Anweisungen in den Operator. Im Vorzimmer wurden sie weitergegeben, von Verwaltungsdienern, die ihre Arbeit taten, ohne jemals Fragen zu stellen. Auch die beiden Wachmänner auf dem flachen Dach des Regierungssitzes fragten nicht, als eine Order mit Vorrang-Code sie kurzfristig an einen anderen Einsatzort dirigierte. Jessardin wünschte nicht, daß seine Pläne bekannt wurden. Er wartete ein paar Minuten, dann verließ er sein Büro durch einen Nebenraum und nahm den Transportschacht, der ihn direkt mit dem Start- und Landeplatz auf dem
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