Söhne der Erde 26 - Neue Heimat Terra
Stellvertreter, die Generäle oder den Vollzugschef.
Ein paar Minuten später stand bereits eine abhörsichere Laserfunk-Verbindung zum Regierungssitz von Indri auf der Venus.
Der Monitor zeigte das Gesicht des Generalgouverneurs. Conal Nord lächelte nicht. Unter dem schulterlangen blonden Haar wirkten seine sanften venusischen Züge abgespannt. Wahrscheinlich hatte er eine Menge Zeit damit verbracht, ständig Informationen abzufragen.
»Simon«, sagte er gedehnt. »Gibt es etwas Neues?«
»Allerdings.« Jessardin zögerte. »Nichts, worüber Sie sich Sorgen zu machen brauchten«, setzte er hinzu. »Vermutlich wissen Sie inzwischen, daß sich Ihr Bruder und Charru von Mornag dem uranischen Vollzug gestellt haben. Ich lasse beide zum Mars bringen, um mit ihnen zu verhandeln. Gegen die »Kadnos«, wo sie auch stecken mag, werde ich vorerst nichts unternehmen.«
Nord atmete auf.
Es war kein Geheimnis, daß er auf der Seite der Rebellen stand, also brauchte er sich nicht zu verstellen. Aber er wußte auch, daß der Präsident ganz sicher nicht ohne Grund Zugeständnisse machte.
»Das ist doch nicht alles, Simon, oder?« fragte er gedehnt.
»Das ist nicht alles«, bestätigte Jessardin. »Conal - ich würde Ihnen alles lieber persönlich sagen.«
»Sie wollen, daß ich nach Kadnos komme?« fragte Nord überrascht.
»Ja, Conal. Ich glaube, ich werde Sie brauchen. Natürlich gehört dergleichen nicht zu Ihren Pflichten als Generalgouverneur, aber ...«
»Es ist gut, Simon«, unterbrach ihn der Venusier ruhig. »Ich nehme das nächste Schiff. Sie können sich auf mich verlassen.«
*
»Lassen Sie mich mit den Menschen im Camp sprechen«, bat Charru. »Das ist auch in Ihrem Interesse. Ich nehme an, Sie möchten Ruhe haben, bis eine endgültige Entscheidung gefallen ist.«
»In der Tat«, sagte Kareen de Winter sarkastisch. »Versuchen Sie es! Obwohl ich bisher nicht den Eindruck hatte, als sei auch nur mit einem einzigen Ihrer Freunde vernünftig zu reden. - Ist das alles?«
Charru schüttelte den Kopf. »Die Besatzung der »Kadnos« muß wissen, was geschieht, und sie muß es von Mark oder von mir erfahren, weil sie es sonst niemandem glauben würde. Lassen Sie mich noch einmal an Bord gehen. Sie haben mein Wort, daß ich zurückkommen werde.«
»Einverstanden. Sonst noch Wünsche?«
»Ich möchte gern ein Funkgespräch mit meinem Bruder führen«, sagte Mark ruhig. »Außerdem halten sich Charru von Mornags Frau und sein Sohn in Indri auf.«
Kareen de Winter kniff die Augen zusammen. Es fiel ihr immer noch schwer zu glauben, daß sich die Tochter des Generalgouverneurs der Venus als Frau dieses schwarzhaarigen Barbaren betrachtete und ein Kind von ihm hatte.
»Gut«, sagte die Kommandantin schließlich. »Ich werde versuchen, eine Verbindung herzustellen. Sprechen Sie einstweilen mit Ihren Freunden. - Garim, bringen Sie sie ins Camp! Ah, ja - und nehmen Sie ihnen die Fesseln ab.«
Ein knapper Wink des Offiziers brachte zwei Wachmänner in Bewegung, die der Anordnung mit sichtlichem Unbehagen folgten.
Minuten später saßen Charru und Mark in einem Gleiter, der ein Tor im Energiezaun passierte und unmittelbar vor einem der langgestreckten Bunker stoppte. Die Besatzung des Wachraumes war vorsichtshalber verdoppelt worden. Aufmerksam beobachteten die Vollzugspolizisten die Monitore. Die Männer in der langgestreckten, trostlosen Unterkunft schliefen nicht, aber sie rührten sich auch nicht. Und da sie sich beobachtet wußten, verrieten nicht einmal ihre Gesichter, was in ihnen vorging.
Erst als sich die Tür öffnete, sprangen sie auf.
Die Wachmänner konnten nicht verhindern, daß sich um Charru und Mark binnen Sekunden ein Kreis schloß. Ein Kreis aus blassen Gesichtern, besorgten Augen, atemlosem Schweigen. Charru begriff, was die anderen glaubten, glauben mußten: Daß die »Kadnos« gefallen sei.
»Mark und ich haben uns freiwillig gestellt«, erklärte er rasch. »Es war die einzige Chance. Jetzt werden die Marsianer zumindest stillhalten, während wir verhandeln.«
»Jessardin verhandelt?« fragte Beryl gedehnt.
Charru nickte. In knappen Worten berichtete er, was er wußte oder ahnte. Die anderen hörten schweigend zu, und in ihren Augen begann wieder Hoffnung zu funkeln.
Viel Zeit blieb ihnen nicht.
Charru drängte es danach, in die Kommandantur zurückzukehren. Die ganze Zeit über hatte er vermieden, allzuviel an Lara zu denken, jetzt spürte er die Sehnsucht mit schmerzhafter Heftigkeit.
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