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Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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behinderten sie sich gegenseitig. Freie Schusslinie hatte nur der Vordermann. Juvenal entgingen seine Zweifel nicht.
    »Du hast einen von ihnen angegriffen, Cassian. Du weißt, es wird schwierig. Ohne die Kraft des Mondes hilft nur eines: Silber.« Juvenal klopfte an den Kolben eines Gewehrs.
    »Hattet ihr damals Silber nötig?«, fragte Cassian, ohne die Augen von dem schwarzen Loch zu wenden, in das sie hinabsteigen wollten. Fremdes Terrain, das der Natur der Werwölfe widersprach.
    »Damals traten wir nicht alleine gegen sie an. Die Wölfe trieben die Namenlosen auf die Vampire zu. Diejenigen, die wir nicht töten konnten, wurden von ihnen erledigt. Wie gut diese Strategie war, erleben wir jetzt. Entweder die Wölfe haben ein Nest übersehen, oder den Vampiren sind einige entwischt.«
    »Sie lassen sich demnach wie Schafe zusammentreiben«, schloss Ruben daraus.
    »Besonders intelligent schienen die Namenlosen seinerzeit nicht, das stimmt. Über ein Jahrhundert liegt es zurück. Eine neue Brut konnte heranwachsen, wozu diese fähig ist, werden wir herausfinden.«
    Cassian konnte es nicht abstreiten. Juvenal war zum Leitwolf geboren. Er strahlte Besonnenheit und Ruhe aus. Seine Konzentration richtete sich auf die Katakomben, alles andere blendete er aus. Er schweißte sie durch sein Verhalten zusammen, machte aus ihnen eine Einheit und übernahm die Aufgabe, die eigentlich Cassian rechtmäßig zustand. Dies hier war sein Revier, und doch litt seine eigene Konzentration beträchtlich unter den Ereignissen des Nachmittags. Seine Gedanken kreisten unentwegt um Florine und ihren Kummer. Sie hatte geweint. Natürlich nicht vor ihm, aber er wusste es. Eigentlich sollte es ihm gleichgültig sein. Er war die Ursache ihrer Tränen, und weiter? Frauen weinten ständig, ob nun um eine beendete Liebschaft oder aus anderen rätselhaften Gründen. Ihre Tränen trockneten schnell. Trotzdem – wohl war ihm dabei nicht.
    »Seid ihr bereit?«
    Er verdrängte Florine aus seinen Gedanken und trat an den Tisch, steckte eine Pistole ein, nahm das Gewehr an sich und schob zwei Dolche in die Schäfte seiner hohen Stiefel. Die Klingen waren nicht aus Silber, jedoch lang und scharf genug, um einem Namenlosen die Kehle zu durchtrennen, sofern man nahe genug an ihn herankam. Auch Ruben bewaffnete sich.
    »Erlaubst du mir den Vortritt, Cassian?«
    In Anbetracht seiner Verfassung sollte er wohl dem Vorschlag seines Vaters stattgeben.
    »Ich decke unsere Rücken«, gestand Cassian Juvenal zu.
    Kaum hatten sie die erste Biegung der abschüssigen Treppe genommen, bereute er seinen Entschluss. Das Gelächter aus dem Theater verklang, Schwärze senkte sich über sie, spärlich durchbrochen von den hellen Klecksen ihrer Fackeln. Ihr Licht leckte über unbehauenen Stein. Geröll bröckelte unter ihren Schritten. Juvenal bestimmte das Tempo. An jeder Biegung hielt er an, vor jeder Abzweigung wartete er. Übertriebene Vorsicht, die Cassian rastlos machte. In der Dunkelheit verlor sich sein Gespür für die Zeit. Er wusste nicht, welche Distanz sie zurückgelegt hatten, da sie ständig abbogen. Sein Atem ging flach. Von allen Seiten von Stein umgeben, fühlte er sich lebendig begraben. Obwohl der Odem aus gärendem Kompost fehlte, der Geruch der Namenlosen, wuchs seine Unruhe.
    »Verdammt«, zischte Juvenal, blieb stehen und hielt die Fackel zu Boden.
    Cassian konnte nicht sehen, was sein Vater beleuchtete, da Ruben ihm die Sicht versperrte.
    »Das sind etliche«, flüsterte Ruben.
    »Was seht ihr?« Cassian reckte den Hals. Es piesackte ihn, das Schlusslicht zu sein. Er war es, der vorangehen sollte.
    »Überreste.«
    Juvenal ging weiter, noch langsamer als zuvor. Schließlich konnte Cassian sehen, was mit Überresten gemeint war. Ein Knurren ballte sich in seiner Brust. Überall lagen Knochen. Sie waren alt, die Hautfetzen daran trocken. Die Strecke vor ihnen war übersät von Opfern der Namenlosen.
    »Wie kann das sein?«, fragte Ruben. »Die Menschen müssen es mitbekommen haben. Diese kleinen Knochen. Sie müssen zu Kindern gehören, und wenn ihre Kinder verschwinden, merken sie es.«
    »Die Katakomben boten schon immer Schutz vor dem Arm des Gesetzes«, sagte Juvenal. »Diebe und Mörder, Bettler und Vagabunden, auch Gassenkinder werden nicht vermisst. Du hast es doch heute selbst gehört, Ruben. Sie sind an jeder Straßenecke. Eines mehr oder weniger fällt nicht ins Gewicht. Die Frage, die du dir stellen solltest, ist eine andere. Warum kommen

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