Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 1 - Im Bann des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
Vom Netzwerk:
Geschmack der Beere zu erholen, zum anderen, um Florine in Sicherheit zu wiegen. Die Grenzlinie aus Tongeschirr war durchbrochen. Ein süßer Geruch stieg in seine Nase. Das Himbeertöpfchen war geleert, und Florine hatte in eine Reineclaude gebissen. Zwischen seinen Wimpern hindurch beobachtete er sie. Der Saft der Frucht war klebrig und lief über ihre Finger. Da sie sich nicht beobachtet wusste, leckte sie sie ungeniert ab. Ein Finger, der in ihrem Mund verschwand und wieder hervorkam, eine rosige Zungenspitze, die einen Tropfen an ihrem Handgelenk entfernte. Sie war voll und ganz mit sich und ihrem Imbiss beschäftigt. Sollte er heute noch zum Zug kommen wollen, musste er stärkere Geschütze auffahren.
    »Ich möchte dich spüren, Florine. Dicht bei mir.«
    Zunächst geschah nichts, abgesehen davon, dass ihr Blick von seinem Gesicht zu seinen Stiefelspitzen und zurück wanderte. Dann räumte sie das Tongeschirr beiseite und setzte ihren Hut ab. Sie rückte zu ihm auf und streckte sich nach einem letzten Zögern an seiner Seite aus. Ihr Haar kitzelte sein Kinn, als sie den Kopf an seine Schulter legte. Ihr Duft war so satt und frisch wie in der mit ihr verbrachten Nacht und löste ein Ziehen in seinem Unterleib aus. Jetzt bloß nichts überstürzen. Quälend langsam hob er seinen Arm, schlang ihn um ihren Rücken und legte die Hand auf die Rundung ihrer Hüfte. Dann blieb er reglos liegen.
    Ihr Atem begann im Gleichklang zu fließen. Sein Herzschlag verlangsamte sich, während sich eine seltene Ruhe in ihm ausbreitete. Die permanente Unrast, die ihn umtrieb, legte sich und hinterließ ein Gefühl tiefer Zufriedenheit. Keine steil ansteigende Erregung, keine Ungeduld, sie zu befriedigen, keine jähe Explosion, in der das Feuer erlosch, zwangen ihn zum Handeln. Er kostete das wohlige Brennen in seinen Adern aus. Sein Bedürfnis, in Florine einzudringen, sie zu nehmen, war nicht weniger geworden, gleichwohl gab sie ihm etwas, das er bisher nicht gekannt hatte. Die Muße, sich auf diesen Moment zu freuen.
    Sanft streichelte er ihre Hüfte. Sie war weich und kurvig, zart und robust zugleich. Ihr Leib wurde schwerer, als sie sich entspannte. Nach einer ganzen Weile wagte sie einen Vorstoß auf seine Hemdknöpfe. Sie öffnete es und berührte seine Brust. Ein Finger umkreiste seine Brustwarze. Hatte er soeben etwa an Muße gedacht? Sein Körper teilte seine Meinung über deren Wert nicht. Cassian zwang sich zum Stillhalten. Die Liebkosung setzte sich fort, glitt von seinem Brustkorb tiefer, auf seinen Bauch zu. Dort ließ Florine ihre Hand flach liegen.
    »Auf deinem Bauch könnte ich meine Wäsche schrubben.«
    Die profane Bemerkung reizte zum Lachen. »Du knüpfst wirklich die seltsamsten Verbindungen.«
    »Aber so ist es.« Sie folgte mit den Fingerspitzen dem Relief seiner Bauchmuskulatur. Es kitzelte. »Vielleicht hinkt der Vergleich, aber … Was ist das?«
    Die Eintracht zwischen ihnen zerschellte. Abrupt setzte sie sich auf, und er war gezwungen, die Augen zu öffnen. Sie war so blass geworden, dass ihre Sommersprossen hervorstachen. Die Narben, die sie an seiner Seite entdeckt hatte, machten ihre Stimme spröde, und sie rückte von ihm ab.
    »Das Geschehen im Gewölbe hielt ich für einen rüden Scherz. Der Schnitt und dein Blut, beides schien mir ein Gauklerkniff. Diese Narben … das kann nicht sein … sie wären mir nicht entgangen.«
    Die Wunden waren verheilt, doch gehörten sie zu der Art Narben, die selbst die Heilkraft eines Werwolfs nicht vollständig austilgen konnte. Bis zu seinem Lebensende würden sie ihm erhalten bleiben. Der perfekte Augenblick inmitten eines Farndickichts war dahin, obgleich er sich nichts mehr wünschte als ihre Hände auf seiner Haut und weitere absurde Vergleiche. Ihr Misstrauen kehrte zu Recht zurück. Sie saß neben einem Wolf, der imstande war, alles und jeden zu zerfleischen, in Ausnahmefällen gar die eigene Sippe. Allerdings hatte er nicht vor, das vor ihr einzugestehen.
    »Du hast sie schlicht übersehen, Florine. Es gab schließlich anderes, das dich …«
    »Nein, du warst unversehrt, im Gewölbe und auch als wir … Die Narben sind neu, aber sie sehen nicht neu aus! Es kann nicht sein. Das würde bedeuten …« Ihr eigenes Keuchen unterbrach sie, wobei ihr Blick zwischen den Narben und seinem Gesicht hin und her wechselte. »Was bedeutet das? Wer hat das getan? Wer hat dir das zugefügt?«
    Ihre Hand presste sich auf seine Seite, und dann geschah etwas Seltsames.

Weitere Kostenlose Bücher