Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
Stimme schien die Kälte im Garten zu steigern. Ruben fixierte die junge Lamia aus schmalen Augen. „Du bist auf Ärger aus, ja?“
„Ich stelle nur fest.“
„Mir ist kalt, ich würde lieber wieder ins Warme gehen“, schaltete Aurora sich ein.
Aus diesem Wortwechsel konnte nichts Gutes entstehen. Die Unbeschwertheit, die Ruben in den letzten Tagen gezeigt hatte und womit er sie häufig zum Lachen brachte, war verflogen. Seine Miene war düster geworden. Aus immer noch verengten Augen sah er sie an, dabei hatte sie ihn garantiert nicht geärgert.
„Wir haben gerade erst angefangen. En garde!“
Unerwartet schnell griff er an. Eine ungesicherte Degenspitze sirrte auf sie zu, hielt knapp vor ihrer Kehle inne, zischte nach unten und trennte einen Mantelknopf ab. Er plumpste zu Boden, drehte sich auf der Kante und fiel um. Ihrem stummen Stirnrunzeln begegnete Ruben mit einem Hochziehen der Braue. Das würde Folgen haben! Sie machte einen doppelten Ausfallschritt und zielte auf seinen Brustkorb. Anstatt zurückzuweichen, wirbelte seine Klinge um ihren Degen. Im Grau des Tages flirrte sie auf. Stahl schabte über Stahl und ihr Fechtarm wurde in die Höhe gezwungen. Wollte sie den Degen nicht verlieren, musste sie dem Druck folgen. Die Schutzglocken schlugen aneinander, und Ruben gelangte dicht vor sie. Durch das Kreuz der Degenklingen sah sie Silber in seinen Augen glitzern. Sie wollte den Arm senken.
„Halten! Was machst du jetzt? Über diesen Schlag hast du nicht hinausgedacht. Sobald du zurückweichst, erwische ich dich. Also?“
Also was? Ihr Arm begann zu zittern, da er den Druck verstärkte. Sie stemmte sich dagegen.
„Halten!“, blaffte er sie an.
„Das ist doch nur eine Übung.“
„Halt mir keinen Vortrag, sondern denk nach. Wäre ich ein echter Gegner, würdest du gewaltig in der Klemme stecken.“
Krötenspucke, seine Laune war gründlich umgeschlagen. Sie trat fest auf seinen Fuß und riss gleichzeitig den Degen beiseite, weil sie hoffte, ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen. Ehe sie ihre Waffe wieder heben konnte, um ihn abzuwehren, zog er die Klinge über ihren Mantel. Stoff riss auseinander, Kälte drang auf ihr Hemd.
„In einem Gefecht wäre das dein Ende gewesen. Du konzentrierst dich nicht. Das ist kein Spiel, Aurora.“
Dank der spitzen Bemerkungen von Berenike war alles Spielerische dahin. Aurora untersuchte den Riss in ihrem Mantel. Das machte überhaupt keinen Spaß mehr. Berenike klatschte in die Hände.
„Bravo! Das war einmal ein Lehrstück. Der große, starke Wolf zeigt, was er kann. Ich bin beeindruckt.“
Sein Kinn ruckte und er biss die Zähne aufeinander. Berenike kam auf sie zugeschlendert, schwebte über Laub und Schnee, umtanzt von Schneeflocken. Ihre dunklen Mandelaugen blitzten.
„Weißt du, was er beabsichtigt? Er will, dass du abbrichst und aufgibst. Um nichts anderes geht es ihm. Er will dir nichts beibringen, sondern dich verunsichern. Und das gelingt, indem er dir das Gefühl gibt, du seist ihm unterlegen.“
Ruben schwieg, einzig sein Brustkorb wogte.
„Also, das ist Unsinn, Berenike. Ich habe heute zum ersten Mal einen Degen in der Hand, es ist logisch, dass ich unterlegen bin. Das war mir von vorneherein bewusst.“
Die Pupillen der Lamia füllten ihre Augen und tilgten das Rehbraun aus. „Ich verstehe sehr gut, was Werwölfe antreibt. Sie halten sich für die Krone der Schöpfung. Er kann deine Magie nicht ertragen, ohne dagegen vorzugehen und dir vorzumachen, sie sei nichts wert. Ducken will er dich. Aus einer Strega ein fügsames Weibchen machen. Ich gehe jede Wette ein, dass seineFertigkeit längst nicht so groß ist, steht er einem würdigen Gegner gegenüber. Wie beispielsweise mir.“
Darauf lief es also hinaus. Aurora stutzte einen Moment zu lange.
„Du willst mich herausfordern?“, knurrte Ruben bedenklich leise.
„Nein, das will sie sicher nicht.“
Hochmütig lächelte Berenike. In der einsetzenden Dämmerung schimmerten die Spitzen ihrer Fänge.
„Weshalb sollte ich nicht? Aurora könnte sich ein eigenes Bild machen, ob ihr Vertrauen in dich gerechtfertigt ist.“
„Einen Moment! Ich habe mir bereits ein Bild gemacht. An meinem Vertrauen kann niemand rütteln. Weitere Beweise brauche ich nicht.“
Sie hätte ebenso gut eine Unterhaltung mit den Steinnymphen beginnen können. Niemand achtete auf ihren Einwurf. Sie waren entschlossen, ihre Kräfte aneinander zu messen. Die klirrende Kälte verdichtete sich.
„Gib ihr deinen
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