Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
Degen, Aurora.“
„Nein, das mache ich nicht. Ihr beide werdet Vernunft annehmen.“
„Ich brauche keinen Degen, um mit dir fertig zu werden“, höhnte Berenike.
„Bestens.“ Ruben warf seine Waffe beiseite.
In einer stummen Abmachung kehrten sie sich voneinander ab und gingen auf jeweils ein Ende des Ovals der Sockel zu. In der Mitte blieb Aurora zurück. Sie bückte sich nach dem Degen und hob ihn auf.
„Was wollt ihr damit erreichen? Es wird dunkel, es schneit und ich friere.“
„Geh ins Haus, wenn dir kalt ist, Süße. Ich komme gleich nach. Dauert nicht lange.“
Das war doch nicht zu fassen! Umgeben von den Nymphen auf ihren Sockeln hatten sie Position bezogen. Sie sah von einem zum anderen. Offenbar warteten sie darauf, dass sie ins Haus ging und es einfach geschehen ließ.
„Das ist unsinnig!“
„Sie will sich erproben. Ich habe nichts dagegen.“
„Mein Gift ist verloren, Aurora. Es ist ein harmloser Schlagabtausch. Deinem haarigen Begleiter wird nichts zustoßen. Schließlich ist er ein großer, starker Alphawolf.“
Gerade erst war Berenike dem Tod entronnen, und nun wollte sie sich mit Ruben messen. Eindeutig der falsche Gegner, um neues Selbstvertrauen zu erlangen. In seinen Augen schimmerte das matte Silber des Mondes, eine Widerspiegelung der nahezu vollen Mondscheibe zwischen den Wolken. Zwecklos, die beiden zur Vernunft zu bringen.
„Ruben, ich muss darauf bestehen, dass du die Dolche ablegst“, verlangte Aurora.
Sofort kam er ihrer Aufforderung nach. Sechs Dolche schlitterten über den Boden auf sie zu. Sie sammelte sie auf. Alle scharfen Waffen waren eingezogen. Mehr an Vorsorge konnte sie nicht treffen. Sie ging an den Rand und legte das Waffenarsenal zu ihren Füßen nieder. Im von Schneeflocken umschwirrten Zwielicht verharrten die beiden Kontrahenten reglos. Wind spielte in ihren Haaren, wehte durch ihre Kleider und pfiff durch die Sockel. Die Atmosphäre legte einen heißen Draht über Auroras Rückgrat. Sie hob die Stimme.
„Sobald ich Schluss rufe, ist der Kampf beendet.“
Ohne den Blick voneinander zu wenden, nickten die beiden. Kurz schien es, als wollten sie sich besinnen. Dann verlor sich der letzte Rest von Grün in Rubens Augen und Berenike stürmte auf ihn zu. Sie war verflucht schnell. Ihr Rock wehte auf. Lange, dunkle Beine kamen zum Vorschein. Die Füße steckten in schweren Stiefeln.
„Bei der allgewaltigen Mutter Erde“, keuchte Aurora.
Berenike stieß sich ab und flog auf Ruben zu. Ihre Füße traten durch die Luft. Er riss die Arme hoch und wehrte die schnellen, harten Tritte mit den Unterarmen ab. Drei, vier dumpfe Schläge waren zu hören. Den fünften Tritt fing Ruben ab, packte den Knöchel und verdrehte ihn mit einem schnellen Ruck. Das Knacken eines brechenden Knochens blieb aus. Umwirbelt von ihrem Haar warf sich Berenike in die Umdrehung. Noch während sie absackte, landete sie mit dem freien Fuß einen Volltreffer.
Aurora schlug die Hand vor den Mund, als Ruben zusammenklappte. Die Hände in den Schritt gepresst, war sein Keuchen weithin zu hören. Sein Haar fiel über seine Augen, bewegte sich unter harten Atemstößen. Was zwischen den wirren Strähnen aufglomm, war pure Mordlust.
„Hat das wehgetan?“ Berenike lachte auf und schob sich am Boden zurück.
In einem Tanz aus Anmut und Kraft hatte es begonnen. Jetzt wurde aus der Choreografie einer heranfliegenden Lamia und einem Krieger mit schnellen Reflexen eine schmutzige Keilerei. Beider Bewegungen wurden schärfer und knapper. Berenike stemmte sich ab und jagte ihre gestreckten Beine in Richtung seiner Kniescheiben. Ruben schnappte ihre Beine und warf sie mit Wucht herum. Den Schwung nutzte die Lamia, rollte durch das Laub und gelangte auf die Füße. Wieder trat sie zu, zielte mit dem Fuß auf seine Kehle. Und wieder packte er ihr Bein und riss es abrupt in die Vertikale. Ein schneidendes Geräusch war zu hören, von dem Aurora nicht wusste, ob es von Stoff oder gerissenen Sehnen rührte. Laub und Schnee flogen auf, als Berenike zu Boden stürzte. Viel zu entsetzt über die Geschwindigkeit und Brutalität der beiden, hielt Aurora den Atem an. Auch Ruben wartete, ob die Lamia ohne Hilfe auf die Füße kam, und reichte ihr nicht die Hand.
Jäh schnellte Berenike aus der Rückenlage in die Hocke. Aus ihren Mandelaugen waren Schlitze geworden. Das Fauchen einer Großkatze wehte über den Garten. Ihre Haut spannte sich über den Knochen ihres Gesichts. Ein anhaltendes Knurren
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