Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
Langem und hatte es über viele Jahre beiseite gedrängt. Er musste fort. Die Bestie musste sterben. Sie durfte sich nicht an diesen Silberstreif klammern. Sie würde ihn nur hinabreißen in Dreck und Finsternis. Und doch hielt er Auroras Hüften umschlungen und konnte nicht ablassen. Tief drückte er den Kopf in ihren Schoß, in den Duft nach Unwetter und sauberem Wind, und hauchte sein Scheitern hervor.
„Ich kann nicht mehr.“
An manchen Stellen schien der Schmutz direkt auf Rubens Haut gespachtelt zu sein. Es brauchte Unmengen an Wasser, um ihn von dem Unrat und den Dünsten der Gosse zu befreien. Ruben ließ alles über sich ergehen. Das eisige Wasser aus dem Brunnen, das die Wölfe in einem Hof über ihm ausgekippt hatten. Das etwas wärmere Wasser in einem Zuber. Den Lappen und die Bürste, mit denen Aurora seine Haut bearbeitete. Er hätte es auch hingenommen, wenn sie ihn in dem Holzzuber ertränkt hätten. Dem Ausdruck seines Gesichts nach zu urteilen, in dem ein schwarzer Bart gewuchert war, wünschte er sich das sogar. Sein Schweigen war ebenso zermürbend wie der leere Blick seiner Augen.
Seit Stunden lagen Auroras Nerven blank. Seit sie die leere Weinflasche in der Dunkelheit des Gelasses zwischen den Kissen ertastet hatte. Die Menge an Opium, die er sich eingeflößt hatte, hätte ihn umbringen können. Es hatte die Erkenntnis gebracht, dass dies in seiner Absicht lag. Jederzeit war sie bereit, für ihn einzutreten, ihm gegen seine Feinde beizustehen, ihren Schwur zu erfüllen. Doch ein Kampf gegen die Droge wäre ein Kampf gegen ihn und ihre Zuversicht schwand, diesen Kampf gewinnen zu können. Sie war in sein Leben getreten, um festzustellen, dass er es verlieren wollte. Ein Blick in sein markantes Gesicht, und sie wusste alles. Sein hartnäckiges Schweigen, seine Lethargie sprachen davon. Unerreichbar blieb er, selbst für sie. Mehrmals hatte sie versucht, seinen Blick einzufangen. Ohne Erfolg. Sie verrieb Seife in seinem Haar und versuchte, die Situation durch einen Scherz aufzulockern.
„Mica hat Ähnlichkeit mit einer Eule“, flüsterte sie.
Ruben sah nicht hin. Dabei war der Anblick des Vampirs nicht ohne Komik. Obwohl die Vorhänge zugezogen waren, konnte er seine Müdigkeit kaum in Schach halten. Die Augen geweitet, mühte er sich, den Schlaf fernzuhalten. Zu türkisfarbenen Tümpeln waren seine Augen geworden, die eher zu einem überraschten Jüngling gehörten denn zu dem mächtigsten Ewigen des alten Volkes. Das zarte Frühlingsgrün seiner Garderobe war voller Flecken, sein Goldhaar zerzaust, als sei er mit letzter Not einer Rauferei entronnen.
Fest rubbelte sie über Rubens Kopf. Einerseits war der Schmutz nur so zu entfernen, andererseits wollte sie ihn ins Leben zurückholen. Irgendwie.
„Was soll diese Mühe mit mir?“
Endlich sagte er etwas. Jedes Wort aus seinem Mund ein scharfer Pfeil, dazu gedacht, in ihr Fleisch zu schneiden und ihr Herz zu treffen. Er wollte sie verletzen, so tief es irgend ging. Bevor er noch mehr sagen konnte, drückte sie auf seine Schultern. Da er schlaff im Zuber hing, war es nicht schwer, ihn unter Wasser zu tunken. Sein Haar wogte um ihre Handgelenke wie schwarzes Seegras, aus dem Schaum aufstieg. Ihre Ärmel saugten das Wasser auf. Sie hielt ihn mit aller Kraft unten, wartete auf Gegenwehr. Es dauerte, doch sie kam. Zunächst eine halbherzige Bewegung seiner Beine, dann packte er den Zuberrand und drückte sich nach oben. Tropfen flogen durch das Zimmer, trafen auf ihr Gesicht und klatschten vor Micas Füße. Keuchend wischte Ruben sich das Haar zurück. Immerhin waren seine Augen nicht mehr leer. Fassungslosigkeit war besser als nichts. In seinem Sessel brachte Mica ein langsames Blinzeln zustande.
„Sag es schon! Ich weiß, was du denkst, und du hast jedes Recht dazu“, blaffte Ruben sie an.
Sie sank auf einen Schemel neben dem Zuber und hatte die Wurzelbürste übersehen. Hart und widerborstig drückte sie in ihr Gesäß. Sie zog sie hervor und drehte sie in den Händen.
„Du weißt nicht, was ich denke, Ruben, und viel gibt es nicht zu sagen.“
„Kurz und knapp ist ausreichend.“
Ein schneller Schnitt, ein jähes Ende, darauf spielte er an. Wenn sie es nicht herbeiführte, würde er es übernehmen. Wohin würde er sich dann wenden? In irgendeine Höhle in den Alpen, mit zwei Flaschen Opium, damit nichts schiefging? Fest sah sie ihn an.
„Kurz und knapp gesagt: nein.“
Er mochte sich darauf vorbereitet, es bezweckt
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