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Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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Dreck der Gosse hatte es unmöglich gemacht, ihn zu wittern. Über und über war sein Körper davon bedeckt. Offen zeigte Berenike ihren Ekel. Der Sinn für die Tragik dieses Moments war bei ihr nicht sonderlich ausgeprägt.
    „Wenn du ihn so sehr verachtest, weshalb starrst du ihn so an?“
    „Weil ich diesen Anblick nicht vergessen will. Sobald Aurora das sieht, wird sie ihren Fehler einsehen. Seinen Tod wird sie jedenfalls nicht bedauern.“
    Berenike beschäftigte sich auffallend stark mit Aurora. Woher mochte diese Faszination kommen? Am Verlust ihres Giftes und ihrer unverständlichen Abneigung gegen Blut? Brachte sie das Aurora nahe? Er hätte zu gern gewusst, wovon sich seine Schwester in den letzten Tagen ernährt hatte.
    „Willst du das Blut eines Werwolfs kosten?“
    Vor ihnen lag leichte Beute. Jede Lamia, jeder Vampir hätte sofort zugegriffen. Berenike hingegen zog eine Grimasse. Ihr Schritt zurück blähte ihren Umhang. Trotzdem konnte sie nicht die Augen von der zusammengekauerten Gestalt abwenden. An seiner Blöße konnte es nicht liegen, wenig genug war davon zu sehen. Die dunklen Schlieren ließen nur hier und da ein Fleckchen Haut hervorschimmern. Selbst sein Haar hatte sich in schmutziges Braun verfärbt und klebte in dicken Strähnen aneinander.
    „Ich nehme kein Blut von Toten.“
    Kurz schrak Mica zusammen. Sollten die Instinkte einer Lamia völlig versagen? Nur ein Sterblicher konnte den Mann an der Hauswand für tot halten. Ein Geschöpf der Nacht hörte seinen ungleichmäßigen Atem, erahnte die Wärme seiner Haut unter all dem Dreck.
    „Er ist nicht tot.“
    „Kann ja noch werden“, gab sie gleichgültig zurück.
    Mica musterte die hohen Häuser. Hinter den Fenstern brannten keine Lichter. Noch schliefen die Sterblichen in den schäbigen Mietwohnungen. Ein Elendsviertel war dieser Teil von Rom nicht. Hier lebten Drohnen in kleinen Waben ein kleines Leben in immer gleichen Bahnen. Von Geburt bis zum Tod war ihr Leben vorherbestimmt. Ruben hatte sich eine gute Stelle für seinen Zusammenbruch gewählt. Nach Einbruch der Nacht gab es hier weder Bettler, Nachtschwärmer, Raufbolde noch irgendeine andere Art von Unruhe. Lange würden die Straßen nicht mehr leer bleiben. Bald würde der erste aus dem Haus treten, auf dem Weg zu einer Arbeit oder den öffentlichen Brunnen, und dann würden sie zusammenströmen und den nackten Mann an der Hauswand begaffen.
    Mica beugte sich über Ruben, dankbar für die Handschuhe, denn es kostete Überwindung, in das klebrige Haar zu greifen und den Kopf des Werwolfs anzuheben. Jeder Landstreicher sah appetitlicher aus. Die Knie angezogen, den Rücken gekrümmt wies nichts auf einen Krieger hin. Der Geruch von Holz und Harz war ausgetilgt. Stattdessen stieg der Gestank von Pisse, Kot, toten Ratten und faulen Essensresten von Ruben auf und in Micas empfindliche Nase.
    „Garou! Hörst du mich?“
    „Würmer haben kein Gehör. Mein Abscheu gegen dich wird immer größer, Mica.“ Berenike klang so schneidend wie der Wind, der die Nebelschwaden zerteilte. „Du hast dein Kind einem solchen Vieh überlassen. Alles, einfach alles hast du falsch gemacht.“
    „Deine Meinung über mich hast du hinreichend kundgetan. Da sie mir nicht weiterhilft, kannst du sie dir sparen.“
    „Der Tiber ist nicht weit. Wir sollten ihn mit einem Stein beschweren und hineinwerfen. Damit sich deine Fehler nicht bei Aurora wiederholen. Sie wird den Verlust verwinden.“
    Wahrlich, es konnte nicht genug Vitrinen geben, in die er seine Schwester hineinwerfen wollte. Seine Zähne knirschten aufeinander. Ruben musste runter von der Straße, auch in seinem eigenen Interesse. Bald würde sich der Himmel rosig färben. Er witterte einen sonnigen Tag und hatte nicht vor, neben Ruben in Tiefschlaf zu fallen.
    „Los bück dich und hilf mir.“
    „Wobei?“
    „Ihn hochzuheben und fortzuschaffen. Er kann nicht hier liegen bleiben.“
    Berenike wich zurück. „Ich fasse ihn nicht an. Er ist nackt!“
    Aufregung in ihrer Stimme. Der Duft einer in der Nacht blühenden Blume mengte sich in den Gossengestank. Prüfend musterte er sie. Ihr Verhalten reichte über Ekel hinaus. Offenbar verband sie eine Erinnerung mit der Nacktheit eines Werwolfs. Es blieb keine Zeit, sich damit zu befassen.
    „Du hast schon Schlimmeres angefasst. Die Bettler, die du ausgesaugt hast, werden kaum besser gerochen haben.“
    Ihre Nase kräuselte sich im Trotz einer jungen Maid. Er ließ Rubens Haar los. Schwer

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