Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes
fiel sein Kopf zurück auf das Pflaster.
„Weshalb hast du mich überhaupt begleitet?“
„Langeweile, Neugierde, wie tief ein Werwolf sinken kann. Gut, Letzteres war mir bereits bekannt.“ Sie hob die Armbrust. Es war kein Pfeil eingelegt. „Ich hatte auf einen Schuss auf die Bestie gehofft, um dem Ganzen ein Ende zu machen.“
„Sie hätte dich gerissen, ehe du einen zweiten Pfeil einlegst“, fauchte Mica.
Allmählich hatte er den Verdacht, sie wollte ihn aufhalten, bis das Tageslicht ihn traf. Auf sie selbst hatte es keine Auswirkungen mehr. Seitdem sie dem Carcer Tullianum entkommen war, verbrachte sie ihre Tage in den oberen Geschossen der Villa und sonderte sich mehr und mehr von ihm und Selene ab.
„Dann … drück … ab.“
Die Heiserkeit in der Stimme des Werwolfs hatte etwas von einem Folteropfer, das über Stunden seine Qual hinausgebrüllt hatte. Mica ging in die Hocke. Graugrüne Augenschlitze funkelten ihn an. Zu viel Kraft und Wut, um zu einem Sterbenden zu gehören.
„Kannst du aufstehen, Garou?“
Die Lider schlossen sich. Ruben biss so hart die Zähne aufeinander, dass die Wangenmuskeln hervorsprangen. Er wollte nicht antworten. Berenike legte einen Silberpfeil ein.
„Lass das!“
„Sollten letzte Wünsche nicht erfüllt werden, Bruder?“
Wozu brauchte er eigentlich Vitrinen? Es gab genügend Hausmauern, um ihren Kopf daran zu zerschmettern. Berenike war so bösartig wie schön. In einigen Jahrhunderten hätte sie jeder anderen Lamia den Rang abgelaufen, einschließlich ihrer Mutter. Wenn, ja, wenn diese verdammenswerten Larvae nicht gewesen wären. Der Verlust ihres Giftes, ihre Veränderung schmerzte ihn mehr, als er zugeben wollte.
„Geh zu Aurora, bereite sie darauf vor, dass wir ihn gefunden haben. Wenn dir auch nur ein klein wenig an ihrer Freundschaft liegt, sparst du dir deine Kommentare über ihn.“
Sie stutzte und blinzelte. „Einer Lamia liegt nichts an Freundschaften.“
„Schon verstanden. Geh jetzt.“
Er wollte Berenike loswerden, bevor sie Schaden anrichtete. Sie hatte die Armbrust weiterhin auf Ruben angelegt. Und entgegen ihrer Aussage legte sie sehr wohl Wert auf eine bestimmte Freundschaft. Ungewöhnlich, wenn nicht gar abartig. Er schaute ihr nach. Ihr Umhang wehte auf, sie schien die verbliebenen Nebelschwaden um sich zu sammeln und vor sich herzutreiben. Erst als die Reichweite ihrer Armbrust Ruben nicht mehr treffen konnte, kümmerte Mica sich um ihn. Der Werwolf zitterte. Micalöste die Schlaufen seines Umhangs und breitete den schweren Samt über dem Mann aus. Dann schob er die Arme in seine Kniekehlen und den Rücken und hob ihn auf. Er war schwer. Sein Gewicht größer als das eines Sterblichen von ähnlicher Statur und Größe. Schmutz blieb auf seiner Hemdbrust zurück, legte sich auf das Frühlingsgrün seiner Weste und klebte an den Spitzenmanschetten. Er kniff die Nasenflügel zusammen. Zum einen war der Gestank stechend, zum anderen missfiel es ihm, einen Alphawolf zu schleppen. Er hatte nichts dagegen, ihn in den Armen zu halten, um sein Blut zu kosten, ihn in Ekstase zu versetzen und zu verführen. Aber das hier war eine Zumutung und seinem Wesen nicht angemessen. Er konnte von Glück reden, dass sich in Selenes Nähe keine Vampire niederließen, die davon berichten konnten, wie ihr Großmeister einen Werwolf durch Rom trug, als trüge er seine Braut über die Schwelle. Mica machte lange Schritte, verfolgt vom Sonnenaufgang in seinem Rücken.
„Warum machst du das?“, krächzte Ruben.
Die Frage war berechtigt. Einige Jahre zuvor hätte er Berenike einen Schuss aus der Armbrust gestattet, sofern er ihr nicht zuvorgekommen wäre, um einem geschwächten Alphawolf den Rest zu geben. Aber sein Weltbild hatte sich verschoben. Eine Strega war ihm über den Weg gelaufen. Seit Stunden wisperte sie in seinem Kopf. Komm zurück zu mir! Unentwegt, bis er glaubte, verrückt zu werden. Entweder ein Blutbad anrichten und einen Verstoß gegen den eigenen Kodex, oder er machte sich auf die Suche nach Ruben. Er hatte sich für Letzteres entschieden. Aber am Flüstern einer Strega hinter seiner Stirn lag es nicht.
„Ich mache das wegen meiner Tochter. Welcher Empfang würde mir bei meiner Rückkehr nach Paris zuteil, wenn sie erfährt, dass ich den Schwager, den Bruder ihres Gefährten, den Onkel ihrer Kinder in einer römischen Gosse liegen gelassen habe?“
Ein bitteres Lächeln hob Rubens Mundwinkel. „Um dieser Kinder willen sollte keine
Weitere Kostenlose Bücher