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Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes

Titel: Söhne der Luna 2 - Die Braut des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wegner
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nicht mehr von Wert. Sie sind bereit, mich zu einer Aussätzigen unter meinem eigenen Volk zu machen, nur um dieses Friedens willen, auf den Mica pocht.“
    Noch viel mehr brannte auf ihrer Zunge. Sie behielt es lieber für sich. Denn sie kannte die Lösung bereits. Eine Möglichkeit, dem Frieden zumindest in Rom ein Ende zu setzen, ehe er besiegelt werden konnte.
    „Es wird nicht dazu kommen, Nike.“
    Außer ihrer Mutter hatte noch niemand ihren Namen auf diese vertrauliche Weise gekürzt. Berenike wurde leichter ums Herz. Vertrauen, das brauchte sie jetzt. Eine Verbindung zwischen einer Lamia und dem Oberhaupt der roten Wölfe durfte es nicht geben, da sie jedes Gesetz aushebelte. Schon der Gedanke daran war pervers. Das erlaubte den Schluss, dass ihr eigener Bruder, der Goldene, zu Perversion neigte. Er hatte Selene mit seinem Wahnsinn angesteckt. All sein Glanz war nur dazu da, den Schmutz zu überstrahlen, in dem er sich suhlte. Er hatte mit einer Sterblichen gelebt, ihr sein Herz geschenkt. Schon damals war sein Wahnsinn sichtbar geworden. Je mehr sie das verinnerlichte, desto größer wurde ihre Verachtung. Sie galt Mica und ihrer Mutter. Sie würde ihr Leben niemals an der Seite eines Werwolfs verbringen. Das hatte sie schon vorher gewusst, doch nun besaß sie eine wertvolle und mächtige Verbündete.
    „Wie gehen wir also vor?“
    „Ich werde einen Brief schreiben.“
    Eine enttäuschende, da wenig spektakuläre Vorgehensweise. Der Hieb eines Silberschwertes gemeinsam mit dem Donnerhall aus dem Mund einer Strega, das hatte Berenike vorgeschwebt. Aurora erhob sich und ging zu einer Kommode. Ihr Schritt war schleppend, und ihre Hände erzitterten wie die Schwingen eines Kolibris, während sie Feder, Tinte und Papier hervorholte. Berenike betrachtete die Schüsseln mit dem Schmutzwasser. Vergessen standen sie herum. Das Feuer im Kamin drohte zu erlöschen, und es roch irgendwie nach Verzweiflung. Hier stimmte etwas nicht. Aurora kehrte mit ihren Utensilien zurück, drückte sie Berenike in die Hand, und fiel schwer vor dem Bett auf die Knie, um eine Schatulle darunter hervorzuziehen. Wo war eigentlich der Trottel von einem Werwolf, der ihr sonst nie von der Seite wich?
    „Du solltest dich zu Bett legen und ruhen. Dein Brief kann noch warten.“
    „Ich werde bald genug Ruhe finden. Mehr, als mir lieb ist.“
    Was meinte sie damit? Der Briefbogen bebte, als Aurora ihn an sich nahm und auf der Schatulle glattstrich. Ihre Finger flatterten so stark, dass sie Mühe hatte, die Schreibfeder zu halten. Ihr fehlte es sogar an Kraft, den Korken aus dem Tintenglas zu ziehen. Berenike nahm ihr diese Aufgabe ab. Dieser Brief, sie sah es voraus, würde aus unleserlichen Klecksen bestehen. Noch während des Schreibens könnte sich Aurora in Luft auflösen. Sie wirkte gespenstisch durchscheinend.
    Der erste Klecks war geschaffen, ehe die Federspitze auf das Papier traf. Aurora schrieb nicht, sie krakelte. Mein Geliebter, entzifferte Berenike mühsam. Ein seltsamer Anfang für ein Schreiben von so großem Gewicht.
    „An wen willst du eigentlich schreiben?“
    Noch ein Klecks. „Ruben.“
    Berenike senkte den Kopf. Es ging überhaupt nicht um sie und ihr Problem. Aurora wusste nichts, hatte nichts vorhergesehen oder vorausgesagt. Ihre Worte waren keine Prophezeiung, da sie etwas vollkommen anderes betrafen. Einen stinkenden, ihr unwürdigen Werwolf, der Schuld trug an ihrem Zittern und ihrer bleichen Miene. Berenike rieb über ihre Stirn.
    „Worum geht es?“
    Aurora hob den Kopf und die Feder. „Würdest du für mich schreiben, Nike? Ich schaffe es nicht. Meine Hände zittern zu sehr.“
    Fest sah Berenike ihr in die Augen, forderte mit ihrem Willen eine Antwort.
    „Was hat er dir angetan?“
    „Er redet nicht mit mir. Erst hat er sich eingeschlossen, dann ist fortgegangen ohne ein Wort. Er will nicht auf mich hören. Ich verstehe wohl nichts von Ehre. Daher muss er es schwarz auf weiß sehen. Er und Tizzio. Worte allein reichen nicht aus.“
    Ob Briefe bei einem Werwolf etwas ausrichten konnten? Berenike glaubte nicht daran. Sie zweifelte sogar, ob diese Barbaren des Lesens mächtig waren. Aurora drückte ihr die Feder in die Hand und hob die Schatulle mit dem angefangenen Brief auf ihren Schoß.
    „Bitte schreibe es für mich nieder. Mein Geliebter, ich bin kein Besitz, um den du dich schlagen musst. Mach ein Ausrufezeichen! Nein, streiche diesen Satz.“
    Berenike hatte mit Schreiben noch nicht einmal begonnen.

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