Söhne der Rose - Die Zeit ist aus den Fugen- (Gay Phantasy) (German Edition)
den Garten.“
„Dann wünsche ich euch schon mal eine gute Nacht“, antwortete Rose. „Euer Zimmer kennt ihr ja.“
Nachdem die Zwillinge durch das kleine Wohnzimmer verschwunden waren, aschte ich ab und nahm einen Schluck Eistee. Alains Anspannung schien sich ein wenig zu lösen. Ohne darüber nachzudenken, ohne es bewusst zu tun, sagte ich plötzlich etwas.
„Wenn wir den gealterten Alain zurückschicken – sofern das überhaupt möglich ist – wird Daxx verschwinden. Er wird niemals existiert haben.“
Obwohl ich es sehr leise ausgesprochen hatte, kam es mir laut wie ein Kanonenschlag vor. Rose zog an ihrer Zigarette und blies den Rauch langsam aus. Sie schien die Zeit nutzen zu wollen, um sich ihre ihre nächsten Worte gründlich zu überlegen.
„Das hast du richtig verstanden, Julian. Es gibt tatsächlich die Möglichkeit, den dritten Alain in das Jahr 1979 zurück zu schicken, ohne den teuflischen Geist deines Vaters, jetzt, da du ihn davon befreit hast. Es würde eine Menge Energie benötigen, das zu tun. Aber ich würde es geschehen lassen, sofern das euer Wunsch ist. Das habt ihr euch verdient. Trotzdem solltet ihr bedenken, dass nichts von dem, was der Mann, der sich Dr. Robert nannte, getan hat, dann je geschehen wäre.“
Mit anderen Worten: Alains Eltern würden wahrscheinlich noch leben, alt, aber glücklich. Es hätte niemlas einen Unfall im CERN gegeben. Somit wäre auch Sinhs Mom nicht getötet worden.
Aber!
Aber Daxx‘ Existenz wäre damit ausgelöscht. Vollkommen.
Wahrscheinlich würden wir uns nicht einmal an ihn erinnern.
Eine Zeit lang bin ich davon ausgegangen, dass der General Daxx umgebracht hatte. In meiner tiefsten Seele hatte ich gespürt, wie eine Welt ohne Daxx aussehen würde. Auch, wenn ich mich an ihn nicht erinnern würde, wäre es nicht richtig. Ich wäre nicht besser, als der General. Andererseits würde ich mit einer Entscheidung drei Menschenleben geben, um eines zu erschaffen. Aber ich war kein Richter. Ich wollte nicht.
Konnte nicht.
Wollte nicht.
Konnte nicht.
„Wie gesagt, Kinder. Es ist eine schwere Entscheidung. Sie muss heute Abend nicht mehr gefällt werden. Ich werde mich jetzt zu Bett begeben. Macht nicht mehr zu lange. Auch wenn die schlimmsten Strapazen hinter euch liegen, wird der morgige Tag noch anstrengend genug. Außerdem werden wir einen neuen Gast in der Villa begrüßen, auch wenn er nur kurzfristig bleibt.“
Rose stand auf, küsste Alain und mich liebevoll auf die Stirn, wünschte uns eine gute Nacht und zog sich in ihr Zimmer zurück.
„Wie hat sie das denn gemeint?“, fragte ich Alain, nachdem sie gegangen war. „Einen neuen Gast? Einen Ersatz für Sinh und Daxx?“
Bei dem Gedanken drehte sich mir der Magen um. Das wäre unfair. Die ganze Situation war unfair. Wir alle hatten unser Bestes gegeben, und das sollte nun unsere Belohnung sein?
„Ich will keinen anderen Nachfolger“, plapperte ich weiter. „Ich liebe Sinh und Daxx. Beide. Genau so, wie ich dich liebe. Ich möchte keinen von euch verlieren. Aber ich will auch nicht Schuld am Tod dreier Menschen sein.“
Nach meiner Rückkehr hatte ich eigentlich geglaubt, erwachsener geworden zu sein. Die vergangenen drei Tage hatten mich verändert, geformt. Und doch begann ich zu schluchzen, wenn auch tränenlos. Die Last war einfach zu groß. Die Ungerechtigkeit des Lebens zu stark.
Alain rutschte stumm an meine Seite, nahm mich in den Arm, wie er es schon so oft getan hatte, und drückte mich tröstend an sich. Ein Anker in den finsteren Untiefen unserer furchtbaren Existenz.
„Ich kann das nicht, Alain. Ich kann diese Entscheidung nicht treffen.“
Alain schwieg. Er hielt mich einfach nur. Ein kleiner, warmer Schutz in der kalten Realität.
„Ich glaube“, sagte er. „Ich glaube, es gibt noch eine dritte Möglichkeit.“
Samstag, 30. Juni 2012 – 23:42 Uhr
Die Villa
Allgemeine Raumzeit
Von der Terrasse aus sah ich, dass die über den ganzen Garten verteilten Lampen kleine Lichtinseln in dem wilden Urwald schufen. Die Anlage war in einem weit besseren Zustand, als die Villa selbst. Nichts war verdorrt oder abgestorben, im Gegenteil. Das Gras stand saftig und lang, wie eine zerzauste Frisur in alle Richtungen. Die Kirsch- und Apfelbäume hatten so viele Blüten, dass einige ihrer Äste im Herbst unter der Last der Früchte wahrscheinlich brechen würden, wenn man sich nicht um sie kümmerte. Und zwischen all dem rankten die Rosen, wild
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