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Söhne der Rose - Die Zeit ist aus den Fugen- (Gay Phantasy) (German Edition)

Söhne der Rose - Die Zeit ist aus den Fugen- (Gay Phantasy) (German Edition)

Titel: Söhne der Rose - Die Zeit ist aus den Fugen- (Gay Phantasy) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Bonsch
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durchzog. Eine Schnittwunde quer über seiner rechten Augenbraue schien besonders tief zu sein.
    „Er stirbt.“ Meine Stimme blieb ein leises Krächzen. „Ich glaube, er stirbt.“ Tränen rannen mein Gesicht hinab. Ich war mir nicht mehr sicher, ob ich seinen Puls überhaupt noch spürte. Sinh war tot, weil ich es in Worte gefasst hatte, weil ich das, was nicht ausgesprochen werden durfte – er stirbt – ausgesprochen hatte; das Schicksal herausgefordert und verloren hatte.  
    Auch wenn für uns manche der bekannten physikalischen Gesetzte keine Wirkung haben, müssen wir uns dennoch einigen beugen.
    Ich wusste nicht mehr, wer diesen Satz zu mir gesagt hatte, noch in welcher Situation das geschehen war. Aber die Konsequenz seines Wahrheitsgehalts präsentierte sich mir in all seiner erschreckenden Kälte. Die Kontrolle über Raum und Zeit, was war sie wirklich wert, wenn das Schicksal beschlossen hatte, dir die Scheiße aus dem Leib zu prügeln, dir zu zeigen, wer letztendlich das Sagen hatte?
    Er stirbt.
    Das Atmen, das ich hörte, war mein eigenes. Mein Blickfeld verschwamm, das rote Licht in meinem linken Auge verfärbte sich rosa.
    Er stirbt.
    Unter meinen blutigen Fingern. Und mit ihm ein Teil von mir. Mein stummer Schrei der Verzweiflung hallte durch das Universum, bis selbst mein Geist seine Stimme verlor.
    Ich streichelte über Sinhs Wange. Er rührte sich nicht.
    Alain weinte nicht, er sagte nichts, er kletterte – unter Schmerzen, wie es schien – über den Fahrersitz ins Freie. Benommen taumelte er ein paar Schritte vor und riss meine Tür mit einem Ruck auf.
    „Raus“, befahl er. Meine Unterlippe zitterte. Ich wollte nicht weg von Sinh, ihn nicht einfach im Wagen zurücklassen.
    „Raus!“ Er packte mich fest am Arm, zog mich aber behutsam aus dem Wrack. Sinhs Kopf rutschte von meinem Schoß und blieb regungslos auf dem Polster liegen. Ich stolperte auf die Straße und Alain hielt mich lange genug fest, so dass ich nicht wegknickte. Dann beugte er sich ins Wageninnere. Verwirrt und verzweifelt, von einer so unendlichen Leere erfüllt, wie ich sie niemals zuvor gespürt hatte, sah ich mich um. Der Wagen, der uns gerammt hatte, steckte vor unserem auf der Seite liegend mit der Schnauze in der Mauer, die unsere Drehung gestoppt hatte. Der Tank war ausgelaufen und ein kleines Feuer loderte zwischen ihm und unserem Neon. Ein paar Bewohner sahen neugierig, aber zurückhaltend aus ihren Fenstern, machten aber keine Anstalten, etwas zu unternehmen oder uns zu helfen. Ein kleiner Junge, Zwölf oder so, und ein Mädchen, vielleicht drei Jahre jünger als er, standen an der gegenüberliegenden Straßenseite, nahe der Gasse, aus der das Unheil gekommen war, und starrten uns gebannt an. Latinos.
    Alain kam wieder zum Vorschein.
    „Er lebt noch, aber er muss sofort in ein Krankenhaus.“
    Er lebt noch.
    „Schafft er es?“ Und als ob Alains Worte soviel Macht hätten, wie die Gottes: „Bitte.“
    „Scheiße! Woher soll ich das wissen?“, schrie Alain. Im selben Moment besann er sich und sprach ruhig weiter. „Er braucht sofort Hilfe. Ich glaube, dann hat er eine Chance.“
    Ich schloss meine Hände zu Fäusten, bis meine Knöchel knackten und unterdrückte ein weiteres Schluchzen.
    „Gibt es denn hier keinen Krankenwagen?“, rief Alain den in ihren Häusern verborgenen Zuschauern entgegen. Die meisten von ihnen zogen sich zurück und schlossen die Fenster.
    „Was für eine verfickte Gegend ist das hier?“, brüllte er. „Wir brauchen Hilfe!“
    Inzwischen bemerkte ich eine weitere Katastrophe.
    „Alain“, flüsterte ich.
    „Wo ist Daxx?“
     
    Er verstummte und sah sich erschrocken um. Daxx war verschwunden.
    „Oh Gott“, wimmerte ich.
    Alain presste seine Handballen an die Stirn und schloss die Augen. Sein geschwollenes Gesicht verformte sich zu einer Maske des Grauens. Die beiden Kinder hatten sich mittlerweile vorsichtig in unsere Nähe gewagt.
    „Die beiden Männer aus dem anderen Auto haben euren Freund mitgenommen“, sagte das hübsche Mädchen schüchtern. Die großen dunklen Augen lugten neugierig unter ihren langen schwarzen Haaren hervor. Sie drückte eine alte, leicht zerzauste Puppe fest an ihre Brust.
    „Was?“ Alain nahm seine Hände vom Gesicht.
    „Sie sind da oben rausgeklettert und haben ihn aus eurem Auto gezogen“, sagte sie und deutete auf den Mercedes. „Dann sind sie verschwunden.“
    „Wohin?“, schrie Alain.
    Das Mädchen wich einen Schritt zurück. Der

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