Söhne der Rose - Die Zeit ist aus den Fugen- (Gay Phantasy) (German Edition)
losfahren sollten.“
Letzteres hätte mir auf jeden Fall am besten gepasst.
„Klar, machen wir“, sagten beide im Chor. Ich reichte ihnen meinen Schlüssel und schob mich an ihnen vorbei. Vor Alains Zimmertür sah ich nochmal zu ihnen herüber.
„Sagt mal, wie viele Tarnklamotten habt ihr eigentlich?“
„Mehr als die gesamte US Army“, antwortete Sinh und kniff ein Auge zu. Dann verschwand er mit seinem Bruder auf ihrem Zimmer. Ich musste lächeln, und das gab mir Kraft, an Alains Tür zu klopfen.
Eine lange Zeit geschah nichts. Mein bösartiges Unterbewusstsein nutzte sie, um mir kurze, unangenehme Filmsequenzen vor Augen zu führen, in denen Alain und Julio nackt zusammen im Bett lagen, sich gegenseitig küssten und streichelten, während ich klopfte, in denen Julio rücklings auf dem Bett lag, die Beine angehoben und Alain über ihm hockte, die beiden –
Alain öffnete die Tür, ein Handtuch um seine Hüften geschlagen und seine Zahnbürste im Mundwinkel steckend.
„Ha-o Schu-i-en“, sagte er und nahm dann die Bürste aus dem Mund. „Ich bin gerade im Bad. Komm solange rein.“
Ich folgte ihm, blieb aber im Zimmer stehen, als er im Bad verschwand.
„Sind die Zwillinge auch schon wach?“, rief er mir zu. Dann hörte ich das Rauschen von Wasser und wie er fortfuhr, seine Zähne zu schrubben. Ich sah mich um, auf der Suche nach etwas, von dem ich weder wusste, was es sein könnte, noch, ob ich es überhaupt finden wollte. Irgendein Hinweis, was letzte Nacht vielleicht geschehen sein mochte. Auf Anhieb war nichts zu entdecken.
„Ja, ich habe sie gebeten, schon mal unsere Sachen zu verladen“, rief ich zurück und nahm den Bettbezug in Augenschein. „Ich war mir nicht sicher, ob wir hier noch frühstücken oder unterwegs etwas essen werden. Hängt von deinem Zeitplan ab.“
„Wir sollten erst einmal losfahren“, sagte Alain plötzlich direkt hinter mir stehend. Ich erschrak, was kaum zu verbergen war und drehte mich um.
„Später können wir irgendwo anhalten und was essen“, fuhr er fort und sah mich mit seinen tiefgrünen Augen genau an, als wolle er mich mustern, so wie ich zuvor sein Zimmer. Ich spürte einen leichten Druck an meinen Schläfen und machte einen Schritt zurück.
„Was soll das?“, rief ich. „Raus aus meinem Kopf.“
„Ich weiß gar nicht, was du –“
„Und ob du das weißt! Für wie blöd hältst du mich eigentlich? Vor fünfzehn Jahren konntest du meine Gedanken lesen, ohne, dass ich es bemerkt hätte. Aber jetzt brauchst du meine Energie dazu. Glaubst du, ich kriege das nicht mit?“
„Entschuldige“, sagte Alain. „Du hast Recht, das war dumm und unfair von mir.“
Tatsächlich sah er so aus, als täte es ihm wirklich leid.
„Lass es sein, okay? Wenn du etwas wissen willst, dann frag mich einfach. Ich dachte, wir würden uns vertrauen.“
„Das dachte ich auch“, entgegnete er und hielt meinem Blick stand. Ich wollte etwas darauf antworten, aber mir fiel nichts ein. Stattdessen spürte ich lediglich, wie mein Mund immer trockener wurde. Auf einmal wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dieses Gespräch zu beenden und schon wieder im Wagen zu sitzen, um diesen Ort hinter uns zu lassen.
Dieses Mal las Alain meine Gedanken nicht, dennoch spürte er wohl, wie ich mich fühlte und brach das unangenehme Schweigen zwischen uns.
„Warum hilfst du Sinh und Daxx nicht beim Beladen? Ich ziehe mir nur noch schnell was an, packe meine Sachen zusammen und komme sofort nach.“
Ich nickte stumm, blieb noch einen Moment so stehen und kehrte wortlos in mein Zimmer zurück. Die Tür hatten die Zwillinge nur angelehnt. Die Tüten im Schlafzimmer waren bereits verschwunden, aber die Sachen im Bad waren noch da. Ich warf mir kaltes Wasser ins Gesicht und putzte mir ebenfalls noch schnell die Zähne. Die letzten Worte gingen mir nicht mehr aus dem Kopf.
Ich dachte, wir würden uns vertrauen.
Das dachte ich auch.
Keine Viertelstunde später verließen wir den kleinen Parkplatz des Motels. Die Brüder hatten sich darauf geeinigt, dass Daxx den ersten Teil der restlichen Strecke als Fahrer übernehmen könne, und Alain hatte nichts dagegen. Langsam durchquerten wir das lateinamerikanische Wohngebiet, das zu dieser frühen Morgenstunde eine beinahe feierliche Ruhe ausstrahlte. So kam sie mir jedenfalls vor, bis wir an dem Basketballcourt vom Vorabend vorbeifuhren. Danach schien die Stille etwas von einem Friedhof zu besitzen. Da die Straße, abgesehen von
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