Söhne der Rose - Die Zeit ist aus den Fugen- (Gay Phantasy) (German Edition)
Feuer mit Schreien des Entsetzens, hörte ich plötzlich gar nichts mehr und erblickte dasselbe, wie vor ein paar Sekunden, abgesehen von einem dunklen Fleck von der Größe eines Quaters direkt vor mir. Einen Augenblick geschah gar nichts, dann sprang Alain auf, lief auf den Romeo zu, hechtete über die Motorhaube und riss den Entführer, der auf ihn geschossen hatte, zu Boden. Daxx blieb ebenfalls nicht untätig, machte einen Satz und warf sich auf den Kerl, der auf mich geschossen hatte. Wieder wurde alles unscharf, und dieses Mal konnte ich es nicht mehr zurückhalten: Ich beugte mich vornüber und erbrach Gallenflüssigkeit und ein paar Stücke noch nicht verdauten Abendessens. Zu den bisherigen Schmerzen gesellte sich ein weiterer, der sich so anfühlte, als würde man ein langes Stück Stacheldraht durch meine Speiseröhre ziehen. Doch ich will mich nicht beschweren, denn genau das rettete mir das Leben. Im Augenwinkel sah ich, dass der dunkle Fleck mit einem pfeifenden Geräusch dicht an meinem Kopf vorbeisauste: Die Kugel, auf der symbolisch bereits mein Name gestanden hatte.
Ich machte mir nicht einmal die Mühe, mir den Mund abzuwischen. Fäden aus Speichel und Magensäure baumelten wie Lianen an meinem Kinn.
Jetzt nicht schlappmachen. Reiß dich zusammen, nur noch ein bisschen.
Ein letztes Mal in diesem Kampf verstummten alle Geräusche bis auf die, welche Daxx und Alain verursachten. Beide wurden mitsamt ihrer Gegner von dem Romeo verdeckt. Ein paarmal sah ich ihre Fäuste und einmal zwischendurch eine der Waffen im hohen Bogen im Gras landend. Der Rest wurde immer verschwommener, wahrscheinlich, weil ich mich gehen ließ, als Alain und Daxx mehr oder minder unverletzt aufstanden, zu mir hochsahen und Daxx mit erhobenen Daumen symbolisierte, dass jetzt alles okay war. Diese letzte Geste der Erleichterung nahm ich mit in meine Traumwelt, bevor sich die Ohnmacht heranschlich, wie ein gemeiner Dieb in der Nacht.
Samstag, 30. Juni 2012 – 11:09 Uhr
Kurz vor Stephenville
Allgemeine Raumzeit
Ich lag mit angewinkelten Beinen auf der Rückbank, den Kopf auf Daxx’ Schoß, als ich zu mir kam. Sein Gesicht wirkte irgendwie blasser als normal, ja sogar grau. Aus meiner Perspektive sah er einem der klassischen Götter, der er so gern sein wollte, umso ähnlicher. Einen Arm hatte er schützend über meinen Bauch und um meine Hüfte gelegt. Mit der freien Hand streichelte er mir langsam in einem gleichbleibenden Rhythmus über die Wange, während er scheinbar gedankenverloren an der Kopfstütze des Beifahrersitzes vorbei auf die Straße vor uns blickte. Er bemerkte nicht, dass ich meine Augen aufgeschlagen hatte und ich wiederum benötigte einige Zeit, bis ich meine Wahrnehmung verarbeitet, und mich an die letzten Ereignisse erinnert hatte. Mit der Erinnerung kam der Schmerz – mittlerweile ein vertrauter und verhasster Gefährte auf dieser Reise – sowohl der geistige, als auch der körperliche. Bei Gott, ich war es so dermaßen leid.
Ich drehte meinen Kopf leicht zur Seite. Alain saß hinter dem Lenkrad und fuhr konzentriert, aber nicht hektisch. Ein dünner Schweißfilm glänzte auf seinem Nacken. Der Beifahrersitz war leer. Irgendwie hatte ich trotz der wiederkehrenden Erinnerungen gehofft, Sinh dort zu sehen.
Daxx bemerkte meine Bewegung, schaute zu mir hinab und flüsterte: „Wie geht es dir, Jul?“
Meine Stimme war kaum mehr als ein heiseres Rasseln, daher sah ich Daxx an, dass er mich nicht verstanden hatte, als ich sagte: „Ich kann diese Frage nicht mehr hören.“
„Noch mal. Was hast du gesagt?“, fragte Daxx und beugte sich tiefer. Statt meine unnötige Antwort zu wiederholen, schüttelte ich nur den Kopf.
„Ist er wach?“, fragte Alain und blickte kurz über seine Schulter.
Daxx nickte, beugte sich noch etwas weiter vor und langte in den Fußraum. Seine nackte Brust zwischen dem offenen Hemd berührte mich ganz leicht an der Nasenspitze. Schweiß und sein Eau de toilette.
Daxx.
Die Berührung und der Geruch hatten die gleiche Wirkung wie die wohltuende Massage eines verspannten Rückens. Als Daxx sich aufrichtete, hielt er eine Flasche Mineralwasser in der einen, und je eine Packung Traubenzucker und Aspirin in der anderen Hand.
„Ich bin leider kein Arzt“, sagte er mit einem gequälten Lächeln, „daher musst du dich vorerst hiermit begnügen.“
Daxx öffnete die Flasche, aber ich winkte schnell ab, griff die Rückenlehnen und zog mich in eine
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