Söhne der Rosen - Das geheimnisvolle Tattoo (Gay Phantasy) (German Edition)
ging mir gegen den Strich. Kindische Demütigungen, die man bei der Aufnahme über sich ergehen lassen musste, gab man in den kommenden Jahren an die nachfolgenden Neulinge weiter und somit wird heimlich das aus uns, was wir einmal gehasst haben. Diese Form des Autoritätsmissbrauchs hatte ich daheim zur Genüge. Meine Hoffnung bestand einfach darin, dass ich dadurch einen Pluspunkt im Kampf mit dem General um das Campuswohnheim hatte.
Meinen Bus erreichte ich danach natürlich nicht mehr, aber das war okay. Ich hatte sowieso geplant, zu Fuß nach Hause zu gehen. Eilig hatte ich es wirklich nicht.
Irgendwie erinnerte mich Cape Orchid ein wenig an Bodega Bay, die kleine Stadt aus Alfred Hitchcocks Meisterwerk Die Vögel , mit den großen Unter schieden, dass die Farben hier nicht nach blassem Technicolor aussahen und die gefiederten Freunde wesentlich friedlicher waren.
Vor Max Baxter’s Drugstore blieb ich stehen – welche Eltern sind so grausam, bei dem Nachnamen ihrem Sohn diesen Vornamen zu verpassen? Aber nicht der Name erregte meine Aufmerksamkeit, sondern eine kleine, modern dekorierte Ecke im Schaufenster. Ein mittelgroßer Pappaufsteller präsentierte einen gutaussehenden, muskulösen, braungebrannten jungen Mann, der für Produkte von Joop Werbung machte. Schön wie er war, konnte er es in meinen Augen bei weitem nicht mit Alain aufnehmen. Alain hatte zwar einen V-förmigen Oberkörper, war aber nicht so muskelbepackt, sondern einfach perfekt definiert, hatte hübschere Wangenknochen, eher wie ein Calvin Klein Model, als wie eines von Joop und natürlich viel faszinierendere Augen. Trotzdem wunderte ich mich, in einem Ort wie Cape Orchid über eine solch untraditionelle Werbung zu stolpern, auch wenn sie wie schuldbewusst nur in die Ecke des Schaufensters gedrückt worden war.
Ohne lange darüber nachzudenken, betrat ich den Laden. Ein Glockenspiel ertönte, sowohl beim Öffnen, als auch beim Schließen der Tür. Die Luft war angenehm kühl, hatte aber den leicht sterilen Geruch einer Apotheke. Nicht größer als eine Doppelgarage, war jeder Winkel des Geschäftsraums ausgenutzt worden, um Waren aller Art bedrohlich hoch zu stapeln, selbst vor dem Fenster, wodurch das Sonnenlicht daran gehindert wurde, eine freundlich helle Atmosphäre zu schaffen. Hier gab es so ziemlich alles, von Zahnbürsten über Gummiringe für Einmachgläser bis hin zu hölzernen Wäscheklammern. An der kleinen Theke, die nebst steinalter Registrierkasse mit diversen Shop-in-Shop-Systemen überladen worden war, stand ein rundlicher Mann, der gerade an einer Etikettiermaschine herumfingerte. Er murmelte leise Flüche vor sich hin, klemmte sich letztendlich einen Finger an dem Gerät und legte es, jetzt lauter schimpfend, auf den Tresen. Er lutschte an seinem lädierten Finger, dann erst schien er mich zu bemerken, obwohl mich die Glocken bereits angekündigt hatten. Mit zusammengekniffenen Augen sah er zu mir herüber, dann nickte er einmal heftig, wodurch seine Brille von der Stirnglatze auf die Nase rutschte und seinen Blick wesentlich freundlicher machte. Er lächelte sogar, wischte sich die Hand an seinem Kittel ab und kam auf mich zu. Trotz seiner Fülle bewegte er sich beinahe tänzelnd, wahrscheinlich durch ewig lange Übung, um in den schmalen Gängen keine Ware anzustoßen.
„Guten Tag, Sir“, sagte ich und rührte mich nicht von der Stelle.
„Hallo, junger Mann“, antwortete er und streckte mir glücklicherweise nicht seine Hand entgegen, von der ein Finger kurz zuvor in seinem Mund gewesen war. „Ich bin Maxwell Baxter. Was kann ich für dich tun?“
Ich blickte mich flüchtig in dem Laden um, konnte aber in der Masse der Produkte die Toilettenartikel nicht schnell genug ausfindig machen.
„Ich möchte etwas von Joop kaufen. Ich habe es im Schaufenster gesehen.“
„Joop? Ach ja. Komm mit, Junge.“
Ich folgte ihm durch das Minilabyrinth zu einer kleinen Vitrine, in der die dunkel magentafarbenen Artikel von Joop! Homme ruhten: Deosticks, Seifen, After Shaves und Eau de Toilettes.
„Das wird nicht häufig verlangt. Ist eben ein bisschen teurer und extravaganter als das, was die Leute hier gern benutzen. Aber es duftet herrlich.“
Das konnte ich weder bejahen, noch verneinen. Bislang hatte ich mir nicht viel aus teuren Düften gemacht. Jetzt allerdings schien es mir einfach richtig . Ich entschied mich für das Eau de Toilette. Mr. Baxter nahm eine Packung aus der Vitrine und trug sie vorsichtig
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