Söhne der Rosen - Das geheimnisvolle Tattoo (Gay Phantasy) (German Edition)
wie ein Fläschchen Nitroglyzerin zum Tresen.
„Du kommst nicht aus Cape Orchid, stimmt’s?“, fragte er, während die Mechanik der Kasse lautstark den Kaufpreis registrierte. „Bist du mit deinen Eltern auf der Durchreise?“
„Nein, Sir. Wir sind hierher gezogen. Mein Name ist Julian Grifter.“
Jetzt schüttelte er mir vergnügt doch noch die Hand. Das hatte ich davon. Ich ließ es über mich ergehen. Wenigstens hatte Mrs. Townsend wirklich Recht; die Leute waren offenherzig und nett.
„Na, das freut mich aber, dich in unserem verschlafenen Nest als neues Mitglied begrüßen zu dürfen. Seid ihr in das alte McNamara Haus in der Garden Grove Street gezogen?“
„Nein, nach Green Hills, in die Yellow Road.“
Für einen Moment stutzte Mr. Baxter, oder ich bildete es mir nur ein. Jedenfalls verschwand sein Lächeln.
„Ach so“, sagte er und tippte den Cent-Betrag ein.
„Stimmt etwas nicht?“
„Unfug, Junge.“ Sein Lächeln erschien wieder. „Hausnummer Zwölf, richtig?“
„Genau.“
„Weißt du, in einem kleinen Ort wie diesem verläuft die Zeit irgendwie langsamer. Die Dinge haben Bestand und ändern sich nicht so schnell. Dein neues Zuhause bildet allerdings eine Ausnahme.“
„In wiefern, Sir?“
„Vor dir und deinen Eltern haben da schon viele Familien gewohnt. Aber die Menschen bleiben dort nicht lang. Alle fünf Jahre oder so wechselt das Haus seinen Besitzer, und zwischendurch steht es oft umso länger leer. Ich weiß, du denkst jetzt bestimmt, dass fünf Jahre ein riesiger Zeitraum sind, aber verglichen mit dem Leben hier ist das gar nichts.“
„Wie kommt das? Ist die Bausubstanz schlecht?“
„Mein Junge“, sagte Mr. Baxter und beugte sich erzieherisch dreinblickend zu mir über den Tresen. „Wenn es daran läge, hätte man das Haus schon vor Ewigkeiten einfach abgerissen und neu errichtet. Nein, nein, das ist es nicht.“
„Was dann?“
„Manche hier im Ort behaupten, dass es dort oben in Green Hills nicht mit rechten Dingen zugeht. Die Leute meiden den Hügel nicht unbedingt, aber abgesehen von denen, die da wohnen, zieht es niemanden in eure Gegend. Dabei könnte ich nicht einmal genau sagen, was so merkwürdig an dem kleinen Wohngebiet ist.“
Ich schwieg und musste wohl ein wenig blass geworden sein. Das Gespräch zwischen Matthew und Diane war noch zu frisch.
„Ach, lass dich von irgendwelchem dummen Gewäsch nicht in’s Bockshorn jagen“, sagte Mr. Baxter plötzlich und kuckte wieder freundlicher. „Ihr habt ein schönes Heim gefunden und vielleicht bleibst du mit deinen Eltern länger in Cape Orchid. Wusstest du, dass Robert William Chalmers in den Fünfzigern für ein paar Jahre in euerm Haus gewohnt hat? Da musste er ungefähr so alt gewesen sein, wie du jetzt.“
„Der berühmte Schriftsteller?“
Ich hatte einige seiner Bücher gelesen. Chalmers war schon sehr jung zu einem Erfolgsautor geworden. Namhafte Filmproduzenten rissen sich heute noch um die Rechte an seinen Büchern, da sie fast automatisch versprachen, Blockbuster an den Kinokassen zu werden. Obwohl er gebürtiger Amerikaner war, handelte der Großteil seiner Literatur von Lateinamerikanern, deren Milieu er in spannenden Thrillern und ... hmm ... Horrorgeschichten benutzte. In einem Interview hatte Chalmers einmal behauptet, in den Latinoslums von L.A. groß geworden zu sein, eine Aussage, die angesichts seiner heutigen Millionen nur schwer vorstellbar war. Was mich unter anderem an ihm faszinierte, war die Tatsache, dass er sich relativ früh geoutet hatte. Vielleicht lag es an der Sicherheit, die ihm sein Vermögen gab, das durch sein Bekenntnis zur Homosexualität in keiner Weise geschmälert worden war. Ich bewunderte und beneidete ihn gleichermaßen, nicht für sein Geld, sondern für seinen Mut.
„Genau der. Damals hieß er natürlich anders. Bobby Richmond, genau so hieß er in Wirklichkeit. Chalmers ist wohl so eine Art Künstlername. Wer weiß, vielleicht bringt dir das ja Glück und du wirst eines Tages ebenfalls bekannt.“
Möglicherweise wollte mich Mr. Baxter nur auf den Arm nehmen, denn ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Robert Chalmers hier in Cape Orchid gewohnt haben sollte, zudem in unserem Haus. Andererseits sprach nichts dagegen, denn auch Berühmtheiten haben oft eine weniger berühmte Vergangenheit.
„Das wäre schon toll.“
„Dann vergiss aber nicht, welcher Drogerist dich in deiner Jugend immer freundlich bedient hat und mach
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