Söhne der Rosen - Das geheimnisvolle Tattoo (Gay Phantasy) (German Edition)
dass wir uns tief in die Augen sahen. Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht genau deuten, aber ich glaube, er hatte etwas schelmisches. Bewusst oder unbewusst schob er seine Hüfte etwas vor und zurück.
„Ich habe dich schon wieder.“
Ich grinste. „Sieht so aus.“
Vier, fünf weitere Sekunden blieben wir so, dann ließ er von mir ab.
„Drei Punkte für mich, weil du dieses Mal aufgepasst hast.“
In Position – und los. Jetzt wählte ich eine andere Taktik. Ich duckte mich, ging ein wenig in die Knie, um einen besseren Stand zu bekommen, schloss beide Arme um seine Hüfte, zog ihn heran und hob ihn hoch. Ich hatte Glück, durch das viele Öl glitt er mit seiner Hand ab. Sofort warf ich mich nach vorn und begrub Alain unter mir, rutschte breitbeinig über seinen Körper, stemmte meine Schenkel in seine Hüfte und presste meine verschränkten Arme auf seine Brust.
Für einen Augenblick sah er überrascht, ja sogar erschrocken aus. Ich fürchtete schon, ihn verletzt zu haben, aber dann wich der Ausdruck seinem unvergleichlichen Lächeln.
„Das war gut, Julian. Es steht jetzt Vier zu Sieben. Kurze Pause. Teatime.“
Er rappelte sich auf und ging zu seinem Glas Eistee. Ich blieb noch einen Moment auf der Matte hocken und genoss den Anblick der Sommersonne, die sich auf seinem glänzenden Körper gleich einem Kristall spiegelte. Sein gleitendes Muskelspiel beim Gehen wirkte dadurch noch atemberaubender.
Dann trank auch ich etwas und es tat gut.
„Und, macht es dir Spaß?“
„Auf jeden Fall, aber man kommt dabei ganz schön ins Schwitzen.“
„Das fällt bei dem vielen Öl gar nicht auf.“
Wir lachten, bis ich abrupt verstummte.
„Stimmt was nicht?“
„Ich weiß nicht. Deine Tätowierung.“
„Was ist damit?“
„Ich könnte schwören, es waren fünf Knospen, als ich es mir vorhin angesehen hatte.“
„Und?“
„Und jetzt sind es sechs Knospen.“
„Sexknospen?“, witzelte er.
„Nein, wirklich. Kann ich mich denn so irren?“
„Musst du wohl, denn ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Tattoo-Artist bei unserem kleinen Match gerade nicht anwesend war.“
„Klar, du hast natürlich Recht. Merkwürdig.“
„Irren ist menschlich.“
Alain stellte sein Glas auf den Tisch und öffnete die Schachtel Benson.
„Hier, nimm schon mal eine. Ich muss mal kurz verschwinden. Für kleine Ringer.“
Er verließ den Saal, ich steckte die erste Zigarette umgekehrt wieder in die Schachtel – Glückszigarette – und nahm mir eine andere. Es war auf ein Mal seltsam still, lediglich das Gezwitscher der Vögel drang vom Garten herein, was ich wiederum als sehr angenehm empfand. Man bekommt einen geschärften Sinn für die schönen Kleinigkeiten des alltäglichen Lebens, wenn man verliebt ist.
Als ich die Zigarette aufgeraucht hatte, war Alain noch immer nicht zurück und ich fing an, mir Sorgen zu machen. Ich durchquerte den Saal und spähte den langen Korridor hinab. Er war fast identisch mit dem im Erdgeschoss, nur, dass sich hier am Ende ein Fenster statt der Haustür befand. Die letzte Tür auf der rechten Seite stand als einzige offen. Langsam und lauschend schritt ich den Flur hinab. Auf der Hälfte fing ich an, leise zu rufen.
„Alain? Alles in Ordnung mit dir?“
Keine Antwort. Ich ging weiter. Vielleicht war die Toilette ein Stockwerk höher oder tiefer? Die Villa schien auf einmal riesig zu sein. Dann erreichte ich die offene Tür und blickte hindurch. Es war das Badezimmer.
Alain saß neben dem Waschbecken auf dem Fußboden, die Beine angezogen, den Kopf in den Händen vergraben. Ich erschrak.
„Alain. Geht es dir gut?“
Er schreckte auf und sah mich an.
„Brauchst du Hilfe? Soll ich einen Arzt anrufen?“
„Julian. Nein, ist schon okay. Mir war nur kurz schwindelig, ist aber schon wieder vorbei.“
Ich half ihm auf und stützte ihn, obgleich er seinen sicheren, gleitenden Gang hatte. Aber ich genoss in dem Moment seine körperliche Nähe besonders. Wahrscheinlich, weil er zum ersten Mal, seit wir uns kannten, eine leichte Schwäche gezeigt hatte und ein Beschützerinstinkt meine Liebe zu ihm potenzierte.
„Ist wirklich alles in Ordnung? Möchtest du dich ausruhen?“
„Das könnte dir so passen. Nach einem Schluck Tee und einer Zigarette schicke ich dich wieder auf die Matte, ehe du dich versiehst.“
14
Während Alain seine Zigarette rauchte, wanderte ich ein wenig durch den Saal. Vor dem großen Ankleidespiegel blieb ich stehen und betrachtete
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