Söhne der Rosen - Die rätselhaften Zwillinge (Gay Phantasy) (German Edition)
zurückgehalten hatte, sagte plötzlich: „Halt doch einfach die Zeit an.“
„Das geht jetzt nicht mehr“, antwortete Alain, ohne den Blick von mir zu lassen. „Der Prozess hat bereits begonnen, wir haben jetzt keinen Einfluss mehr auf den Ablauf. Bitte, Julian, wir verlieren wertvolle Sekunden.“
Ich zögerte noch immer, hatte tausend Fragen. Wie wollte Alain Daxx finden, wenn er ihn nicht hören oder sehen konnte? Wie wollten sie ihn innerhalb von elf Minuten in diesem riesigen Bauwerk finden? Wie sollte ich Sinh jemals wieder in die Augen blicken, falls ...
Wir rannten los. Im Treppenhaus trennten wir uns. Alain und Sinh rannten weiter nach oben, um sich die anderen Etagen vorzunehmen. Ich blieb im ersten Stock vor dem Schlafzimmer stehen. Hier war das Pochen besonders laut. Ich rief ein paar Mal Daxx’ Namen und bekam keine Antwort. Dann öffnete ich die Tür und trat zögernd ein.
Die Luft in dem Zimmer war dick und schwer wie Wasser. Sie kribbelte unangenehm auf der Haut und roch nach Ozon. Außerdem schien sie das Licht zu dämpfen. Die Tapetentür war weit geöffnet. Ich hatte erwartet, in der Kammer hinter ihr ein großes Organ zu sehen, etwas fleischartiges, feuchtes und klopfendes. Doch da gab es nur Finsternis, die schwärzer war als der Raum hinter dem Universum. Sie schien das Licht regelrecht aufzufressen, zu pulsieren, wie ein Organismus. Statt eines kleinen Lichthofs, der durch die Zimmerbeleuchtung in die Kammer fallen sollte, sah es so aus, als würde schwarzes Licht aus der Kammer fallen, sich suchend und windend auf dem Parkettboden vor der Tür ausbreiten.
Lebendige Finsternis, die nach mir suchte.
Die Schlafzimmertür fiel mit einem lauten Knall hinter mir zu und versperrte mir den Weg zum Flur. Instinktiv griff ich nach dem Knauf und rüttelte daran. Verschlossen. Ich war gefangen. Das Pochen nahm weiterhin an Lautstärke zu. Mittlerweile klang es nicht mehr wie eine große Basstrommel, sondern wie eine Abrissbirne, die Wolkenkratzer zerschmetterte. Alain und die Zwillinge waren nun auf sich allein gestellt. Aber ich konnte noch immer hier auf sie warten, warten, bis sich die Kammer wieder schloss.
Vertrau mir.
Alains Worte, sie gingen mir wieder durch den Kopf. Ja, ich wollte ihm vertrauen, aber die Chancen für uns standen astronomisch schlecht. Ich wünschte, es gäbe eine Möglichkeit, ihnen zu helfen.
Während ich mit meinen Überlegungen kämpfte, merkte ich anfangs nicht, dass meine Sohlen Inch für Inch über den Boden auf die Kammer zurutschten. Als mir das klar wurde, geriet ich in Panik. Es war, als hätte mich ein leichter Sog erfasst. Dann spürte ich ihn an meinem ganzen Körper. Die Villa hatte eine Entscheidung gefasst und ich sollte mich ihr beugen. Erschrocken stemmte ich mich dagegen, langte erneut nach dem Knauf, dieses Mal allerdings, um mich daran festzuhalten. Der Sog wurde stärker, als würde jemand das Zimmer auf die Seite kippen. Ich musste Alain und Sinh soviel Zeit wie möglich geben, musste ihnen helfen. Irgendwie.
Meine Füße rutschten weiter über den glatten Parkettboden auf die Kammer zu. Ich versuchte, mich dagegen zu stemmen, aber der Untergrund war zu glatt. Der Knauf war meine einzige Hoffnung. Seltsamerweise war nichts anderes in dem Zimmer von dieser unheimlichen Kraft betroffen. Die Puppen saßen aufrecht und unbewegt auf ihren Plätzen, schienen mich zu mustern und vielleicht sogar zu verspotten. Kein Stuhl rutschte auf die Kammer zu, kein Teppich und kein Schrank. Nur ich.
Dann endlich hatte ich eine Idee. Sinh konnte es nicht, weil er nicht weit genug war, noch kein Sohn der Rosen. Alain konnte es, aber nicht bei Daxx, weil sie dimensionsfremd waren. Aber ich konnte es.
Ich ließ meinen Geist wandern, darauf bedacht, den Griff um den Knauf nicht versehentlich zu lockern.
Daxx , dachte ich. Daxx, wo steckst du?
Keine Antwort. Stattdessen wurde der Sog derart stark, dass ich nur noch mit den Fußspitzen den Boden berührte.
Daxx, ich bin es, Julian. Antworte mir. Du musst die Villa verlassen. Alain und Sinh suchen dich. Wo steckst du?
Nichts. Meine Armmuskeln spannten sich.
Dann, plötzlich: Jul? Bist du das?
Ich schloss meine Augen und dankte Gott. Meine Gelenke knackten, als meine Füße den Kontakt zum Boden verloren.
Ja, ich bin es. Wo bist du?
In unserem Schlafzimmer. Ich packe unsere Sachen zusammen. Fab, wir können telepatisch kommunizieren.
Ich konzentrierte mich auf ein weites
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