Soehne des Lichts
anderen Priestern beschworen wurden, verpufften wirkungslos – auf dieser Galeere befanden sich ebenfalls Ti-Geweihte.
Janiels Wahrnehmung der Welt verschwamm. Er sah leuchtende, pulsierende Lichter, Strukturen, die wie ein Gitternetz alles durchzogen. Dort war die feindliche Galeere, erschaffen aus Holz, gehalten von Metall. Blaue Energie löste sich aus seinen Händen, die Macht der Luft schlug gegen das Holz, zerschmetterte es.
„Gut, das war gut!“, rief Orolt begeistert. Janiel fuhr zusammen, das seltsame magische Muster verschwand. Er bemerkte das Misstrauen in Breys Augen, der offenbar gespürt hatte, dass hier mehr am Werk gewesen war als gewöhnliche Luftmagie. Doch die Schlacht ging mit unverminderter Kraft weiter, und so musste Brey sich abwenden.
„Die lynthischen Hunde, das war Fürst Vamaros Schiff!“
„Zielt auf die Spore, die Spore!“
„Der Finsterling fresse euch und eure Brut!“
Ein Windstoß zerriss den dichten Vorhang aus Rauch, der Tis Antlitz verhüllte, schockiert bemerkte Janiel, dass es schon beinahe Mittag sein musste. Es war für ihn in dem wimmelnden Chaos nicht erkennbar, welche Seite die Überhand hatte, überall wurde gekämpft, geschrien, gestorben.
Feindliche Soldaten rannten über das Deck. Janiel zog sein Schwert, kämpfte mechanisch gegen jeden, der ihn angriff. Die Planken waren schlüpfrig von Salzwasser und Blut.
„Das Katapult! Janiel, zerstör es!“
Er fuhr herum, als er den Schrei hörte, konzentrierte sich auf das Katapult einer lynthischen Galeere, das auf die Roen Orm angelegt wurde. Jemand stellte sich gegen ihn, wollte seine Luftmagie blockieren. Wieder verschwand das gewöhnliche Angesicht der Welt, inmitten des magischen Musters fand er sein Ziel und vernichtete es. Die Galeere begann zu sinken. Die magische Blockade zerfaserte. Diesmal sah er die Menschen auf dem Schiff: Über einhundertfünfzig Lebensfunken flackerten und erloschen, einer nach dem anderen.
Erschöpfung zwang Janiel in die Knie, er verlor das Bewusstsein. Als er zu sich kam, hatte sich nichts verändert, Janiel hörte Schreie, Befehle, Krachen, Tod und Untergang. Jemand hatte ihn aus dem Weg gezerrt, achtlos auf einen Haufen Leichen geworfen. Mühsam stand er auf, wankte zurück zur Reling und nahm seinen Platz ein.
„So, jetzt wendet sich das Blatt!“, schrie Orolt plötzlich neben ihm und wies auf die Galeeren, die beidrehten. Fürst Holgén war geschlagen, er hatte zu hohe Verluste erlitten.
„Fangt ihn! Wenn er sich in der Stadt verschanzt, geht der Tanz morgen weiter, wir müssen ihn fangen! Wenn möglich, lebendig, wenn nicht, zu den Fischen mit ihm!“, befahl Ilat. Der König stand auf der Reling, hielt sich dabei nicht einmal fest. Er war von Blut durchtränkt, schien aber nicht verletzt zu sein.
Einer der feindlichen Soldaten, der wie tot am Boden gelegen hatte, richtete sich auf. Janiel sah das Messer, es würde Ilat treffen! Ohne nachzudenken schleuderte er sein Schwert. Der Mann brach tot zusammen und begrub die Waffe dabei unter sich. Ilat nickte ihm flüchtig zu, es mochte Dankbarkeit sein oder auch nicht. Janiel war froh, dieses Schwert endlich los zu werden. Er sank nieder auf die Planken, völlig ausgebrannt. Er wollte es nicht sehen, wie der glücklose Fürst gejagt wurde, mit Schiffen und Magie. Begeisterte Rufe um ihn herum brachten die Erlösung: Es war vorbei. Endlich vorbei.
25.
„Erfülle er die Pflicht, die Wahl der Mittel und Ausführung obliegt nur ihm. Er darf dabei niemanden zu Schaden kommen lassen, weder Mensch noch Tier, und auch sein Werkzeug nicht beschädigen.“
Aus dem Gesetzbuch der allgemeinen Gildenordnung, Roen Orm, Erstfassung aus dem Jahre 12 nach Gründung der Stadt
„Gerechtigkeit sollte keine Frage des Glücks sein.“
Überliefertes Zitat zur Generalamnestie in ganz Enra aus Anlass der Feierlichkeiten zum 1.000 Gründungstagfest der Hauptstadt
Über neun Stunden lang hatte die Seeschlacht getobt. Mehr als neunzig Schiffe auf Seiten der Angreifer waren gesunken, rund fünfzig so beschädigt, dass sie nicht mehr manövrierfähig waren. Von 24.000 Soldaten, Söldnern und Seeleuten war ein Drittel gefallen, ob nun erschlagen oder ertrunken, dazu kamen noch unzählige, die so schwer verletzt waren, dass sie die Heimreise nicht überleben würden. Die Verteidiger, die mit überlegener Kampfstrategie und Erfahrung zuerst so klar im Vorteil gewesen waren, hatten die Hälfte ihrer Galeeren eingebüßt, und
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