Soehne des Lichts
Angst ist begründet.“
„Maondny, bitte …“
„Nein, ich kann und ich darf nicht, versteh mich und verzeih mir! Würde ich dir aus Mitleid und gutem Willen helfen, das Übel zu verhindern, würde neues Unheil entstehen. Es tut mir leid.“
Inani erschauderte über den Schmerz in der Stimme ihrer Freundin. Aufgewühlt warf sie sich auf ihr Bett und wartete auf den Morgen. Wartete ... wissend, dass dieses angsterfüllte Warten bereits Teil ihrer Prüfung war, denn es war grausame Folter.
10.
„Ti, allmächtiger Gott, segne dieses Eisen, sodass es eine Tochter der Pya sicher fesseln wird. Segne es, um ihre Macht zu brechen. Segne es, um ihre Magie zu bannen. Ti, allmächtiger Gott, wir sind deine Diener.“
Bannliturgie der Söhne des Lichts
Müde sank Inani auf ihr Bett. Schlaflose Nächte und anstrengende Tage verlangten ihren Tribut, sie war am Ende ihrer Kräfte angekommen. In etwa zwei Stunden würde sie zusammen mit Rosanna in eine Kutsche steigen und Roen Orm verlassen. Sie wusste nicht, was es die Königinmutter gekostet hatte, Ilat abzutrotzen, dass sie Inani mitnehmen durfte. Eigentlich wollte sie es gar nicht wissen. Ilat hatte klar gemacht, dass Inani seine Mutter nur bis zu ihrem selbstgewählten Exil begleiten sollte und danach, gemeinsam mit einem Trupp Soldaten, nach Roen Orm zurückzukehren hatte. Nun, es war der einzige Weg, unauffällig aus der Stadt zu verschwinden. Würde sie einfach durch den Nebel fliehen, könnte sie niemals mehr an den Hof zurückkehren. Unterwegs würden sich hunderte Gelegenheiten finden, sich vom Lager zu entfernen und von Thamars Söldnern entführen zu lassen; Kythara hatte bereits alles organisiert.
Die Krönungsfeierlichkeiten waren eine einzige Folter für Inani gewesen. Ständig hatte Graf Orel sie umlagert, mit unverhohlenen Andeutungen, dass sie, Inani, sich bald eine Krone auf den Kopf würde setzen dürfen. Die Hinweise, dass auch Königinnen in fremden Betten schlafen durften, waren noch weniger dezent geblieben. Und die ganze Zeit musste Inani freundlich nicken, lächeln, verschämt erröten, sich hinter ihrem Fächer verstecken ... Am liebsten hätte sie ihm den Fächer durch die Kehle oder in eines seiner Glotzaugen gerammt! Stundenlange Ansprachen, bei denen niemand sitzen durfte, der jünger als achtzig Jahre, schwanger oder bekanntermaßen krank war, feierliche Zeremonien, Schwärme von Sonnenpriestern ...
Einer der jüngeren Geweihten war Inani aufgefallen, ein gut aussehender dunkelhaariger Mann, der Rynwolf persönlich zu dienen schien. Zumindest assistierte er dem Erzpriester bei jeder Handreichung.
Ilat schien ebenfalls Interesse an dem jungen Mann zu haben, denn er richtete mehrmals vertraulich das Wort an ihn, was weder Rynwolf noch dem armen Geweihten selbst gefiel, nach den steinernen Mienen zu urteilen.
Inani prägte sich jegliches Detail sorgfältig ein, diese Information würde Kythara zu nutzen wissen, sowie jenen Hexen dienlich sein, die an Inanis Stelle nach Roen Orm ziehen würden.
Unglaublich, dass ihre Zeit hier vorbei war. Wo sollte sie hingehen? Welche Aufgabe würde man ihr anvertrauen?
Mühsam versuchte Inani, wach zu bleiben. Es war zwar alles gepackt, sie trug bereits ihr Reisekleid, aber es wäre sinnlos, so kurz vor der Abfahrt einzuschlafen.
Doch sie war müde, so müde ...
Janiel stockte, als er in das Zimmer trat. Die junge Adlige, die er holen sollte, lag tief schlafend auf ihrem Bett, zum Glück vollständig bekleidet. Ti, was war diese Frau schön! Konnte jemand, der so unschuldig schlief, eine Pya-Tochter sein?
Er musterte sie eingehend. Etwas an ihr schien vertraut, vermutlich war sie ihm bei der Krönungsfeier aufgefallen. Die roten Locken waren gewiss nicht zu verfehlen. Janiel seufzte. Allein wegen ihrer Haarfarbe würde man sie eingehend befragen, hoffentlich war sie unschuldig. Dieser dumme Aberglaube, Hexen würden sich mit Absicht rote Haare zaubern, um Tis Feuer zu verspotten, das war Unfug! Schließlich würden sie sich dadurch bloß selbst in Gefahr bringen. Ihm stand es nicht zu, solche Gedanken zu hegen, geschweige denn, sie laut zu äußern. In vielen Jahren, wenn seine Lehrmeister anerkannt hatten, dass er mehr als bloß ein hoffnungsloser Träumer und unfähiger Schüler war, durfte er vielleicht sogar offen über solche Fragen mit ihnen sprechen.
Er fuhr zusammen als er plötzlich schläfrige eisblaue Augen bemerkte, die auf ihn gerichtet waren.
„Verzeiht die
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