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Soehne des Lichts

Soehne des Lichts

Titel: Soehne des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Balzer
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das kalte Gestein.
    „Wo sind wir hier?“, wisperte Corin verängstigt. Inani schüttelte nur wütend den Kopf.
    „Geheime Tunnel der Nola, sagte ich doch! Such uns den Weg, der uns rausbringt aus dieser verdammten Stadt! Ich will weg!“, schrie sie unbeherrscht. Ylanka war tot. Alanée war tot. Mutter …
    Corin wich mit einem Schrei vor ihr zurück und sank weinend zu Boden. „Bring uns raus!“, brüllte Inani. Ohne Erfolg, Corin barg schluchzend ihren Kopf in den Armen und versuchte, mit der Tunnelwand zu verschmelzen. Völlig außer sich schlug Inani gegen die Felsen, bis ihre Hände bluteten. Sie spürte es nicht. In ihr zerrissen alle Barrieren, jahrelang gehegte Dämme wurden fortgespült von Angst und Verzweiflung, Zorn und Hass. All die Gefühle, die sie unterdrückt hatte – Shoras Verrat, ihre unerfüllte Liebe zu Thamar, viel zu hohe Erwartungen von allen, die Jahre in Roen Orm – brachen nun hervor. Die hilflose Wut über das, was sie gesehen hatte, was sie hatte geschehen lassen müssen, ertränkte, verbrannte, zerfetzte ihre Seele.
    Äußerlich blieb sie ruhig, nachdem sie aufgehört hatte, sich selbst das Fleisch von den Knochen zu schlagen. Inani kauerte am Boden, die Stirn auf die Knie gedrückt, heftig nach Luft ringend. Sie fühlte, dass Corin sich ihr zögernd näherte und knurrte warnend, um die Freundin fernzuhalten. Als sie schließlich aufblickte, bemerkte sie überrascht die Anwesenheit ihrer Leopardin, der Kyphra und Corins Taube. Alle Seelengefährten umringten ihre Freundin, beobachteten sie misstrauisch. Beschützten Corin. Vor ihr.
    Ihr letzter bewusster Gedanke war: Und das ist auch gut so.
    Dann wusste sie nichts mehr. Instinkte eines Raubtiers, das zu häufig bedroht und gequält worden war, übernahmen die
    Führung. Inani richtete sich langsam auf. Das Wimmern der menschlichen Kreatur vor ihr kümmerte sie nicht, sie suchte andere Beute. Beute, die sie jenseits dieser Wand witterte. Langsam schritt sie vor, streckte die krallenbewehrte, nur noch halbmenschliche Hand aus, um die versteckten Mechanismen auszulösen, die sie zurück in die Stadt lassen würden. Dorthin, wo ihre Beute wartete. Doch das Leopardenweibchen versperrte ihr grollend den Weg, das Fell gesträubt, die Muskeln gespannt, bereit zum tödlichen Angriff. Inani fauchte. Ihre menschliche Intelligenz riet zum Rückzug, ihre tierischen Instinkte forderten den Kampf. Der klügere Teil gewann. Abrupt wirbelte sie herum, ließ sich wie von selbst auf Hände fallen und jagte auf allen vieren davon. Etwas ganz tief in ihr wunderte sich über die Bestie, die sie geworden war, nicht Mensch, nicht Raubkatze, sondern eine Kreatur, die beides in sich vereinte. Gefährlich, tödlich, von Hass getrieben.
    Inani fand den Weg durch die Tunnel, hinab zum Meer. Ein unglücklicher Tunneltroll, der ihren Weg kreuzte, starb, bevor er begriff, dass ihm Gefahr drohte. Es war bereits kurz vor Sonnenuntergang, als Inani ins Freie gelangte, weit abseits von Roen Orm.
    Unruhig witternd verharrte sie kurz, versuchte zu entscheiden, ob sie zurück in die Stadt wollte oder leichtere Beute suchen würde. Schließlich wandte sie sich ab und folgte der Straße nach Westen. Es war gleichgültig, wohin sie ging. Sonnenpriester gab es überall.
     

12.
     
    „Sei bereit zu sterben. Im Kampf wirst du den Tod sehen. Ein winziger Augenblick der Unaufmerksamkeit, der Ermüdung, ein einziger Fehler, und es ist vorbei. Sei bereit zu sterben, für den Kameraden an deiner Seite. Kämpfe um sein Leben, als wäre es dein eigenes. Vertraue aber niemals darauf, dass er diese Gunst erwidern wird.“
    Ehrenkodex der Nola
     
    Mit grimmiger Miene vernichtete Chyvile den vorerst letzten Angreifer. Woher die Schatten gekommen waren, untote Orn, von Osmeges Geist gelenkt, wusste sie nicht. Warum diese Kreaturen ihren Tarnzauber durchschaut hatten, noch weniger. Sie nahm sich nicht die Zeit, darüber nachzudenken, es war mühsam genug gewesen, die Schatten in Stücke zu schlagen, bis sie nicht mehr aufstanden.
    „Nun lauft!“, schrie sie Pera und Jordre zu, die im Schutz eines Felsen kauerten. Zu dritt rannten sie auf einen Bach zu, den Chyvile als Fluchtweg auserkoren hatte.
    „Wieso haben die uns gefunden?“, rief Jordre atemlos. Er hielt Peras Hand umklammert. Gewiss würde er die junge Frau hinter sich herzuschleifen, sollte sie aus Angst oder Erschöpfung zurückbleiben, doch bis jetzt hielt sie sich erstaunlich tapfer.
    „Ich weiß es nicht,

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