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Soehne des Lichts

Soehne des Lichts

Titel: Soehne des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Balzer
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diesen Worten griff Rynwolf nach seinem Schwert, und auch die übrigen Priester zogen ihre geweihten Waffen.
    Corin war inzwischen unbeachtet in Inanis Arme geflohen, sie blieb in ihrer Taubengestalt.
    Noch immer kämpfte Inani mit sich selbst. Sie wollte Ylanka retten. Doch dann würde Corin ihr folgen und mit Sicherheit sterben.
    Ylanka drehte sich anmutig. Ein jeder Schritt brachte sie außer Reichweite eines der angreifenden Priester, obwohl sie so viel langsamer zu sein schien als die wild um sie herumspringenden Männer. In komplexen Mustern bewegten sich ihre Füße, hob sie die Arme, spreizte die Hände. Leichtfüßig wich sie tödlichen Hieben aus, sank zu Boden, erhob sich mit einem weltentrückten Lächeln. Schatten umgaben sie, schwarze Energiewirbel tanzten um ihren Leib, wiegten sich gemeinsam mit ihr zu einer fremdartigen, lautlosen Melodie.
    Gebannt beobachtete Inani den Todestanz. Ausschließlich die mächtigsten Hexen konnten ihn vollführen. Einmal begonnen, konnte nur der Tod ihn beenden – der Tod der Hexe, oder der Tod all ihrer Feinde. Erst zweimal seit Anbeginn der Zeit war eine Tochter Pyas mächtig genug gewesen, diesen Kampf für sich zu entscheiden und anschließend zu überleben, denn er nährte sich von allem, was die Hexe besaß. Wer diesen Tanz wagte, nahm stets viele Feinde mit sich, und das war der einzige Grund, den Tanz überhaupt zu beginnen: Wenn es keine Hoffnung auf Flucht mehr gab und ein Tod im Kampf der letzte Ausweg.
    Ylanka sang eine wortlose Melodie. Nachtschwarze Wolken verhüllten den Himmel sowie das Angesicht der Sonne. Finstere Schatten, geboren aus der Tiefe der Erde selbst, umgaben ihren Körper. Zärtlich berührte sie einen Priester, strich über seine Brust. Er schrie, als hätte sie ihm das Herz herausgerissen, stürzte kreischend zu Boden und starb unter wilden, hilflosen Zuckungen. Eine weitere langsame Drehung, ein graziöser Seitenschritt, und der mörderische Schwerthieb eines Feindes ging ins Leere. Ylanka kniete bedächtig nieder, schwarze Energien flossen auf sie zu, in ihre Fingerspitzen hinein. Leicht rollte sie über ihre Schulter, kam unmittelbar hinter einem Priester wieder hoch, umarmte ihn kurz, küsste seinen Nacken. Er fiel, wie vom Blitz getroffen, und starb brüllend vor Qual.
    „Geht jetzt! Lasst ihr Opfer nicht umsonst gewesen sein!“, wisperte eine vertraute Stimme in Inanis Ohr. Sie wandte den Kopf und sah in Kytharas Augen. Die Königin wirkte unendlich traurig, sie schien müde, ihr Gesicht war blass.
    „Flieht! Ich will nicht noch mehr Freundinnen heute verlieren“, drängte sie.
    Inani nickte schwach. Sie drückte Corin fest an sich, die sich bislang nicht zurückgewandelt hatte – war sie bewusstlos? – und riskierte einen letzten Blick über die Schulter. Ylanka tanzte, doch ihre Bewegungen wurde allmählich hektischer. Sie hatte nicht mehr genug Kraft, um noch lange standhalten zu können. Inani bemerkte, dass Rynwolf verschwunden war – offenbar war er zu feige, sich dem Todestanz der Hexe zu stellen. Alle Töchter der Dunkelheit waren mittlerweile ebenfalls fort.
    So rasch wie möglich drängte Inani sich durch das wimmelnde Chaos von Menschen, die in alle Richtungen fliehen wollten. Es schien ewig zu dauern, bis sie endlich eine geschützte Stelle fand, an der sie niederkauern und die Taube absetzen konnte.
    „Schnell, verwandle dich, Corin!“, befahl sie, und umarmte ihre weinende Freundin nur einen Atemzug später.
    „Sie stirbt, sie stirbt für mich!“ Corin umklammerte die Haarsträhnen ihrer Mutter, die Inani ihr übergab; sie konnte, sie wollte nicht fortgehen.
    „Ja, ich weiß! Aber nun komm, ich brauche dich, sonst sterben wir beide als nächste! Konzentriere dich: Hier in der Nähe gibt es geheime Eingänge in die Tunnel der Nola. Zeig mir den nächstgelegenen, wir können auf diesem Weg fliehen, ohne Magie zu benutzen!“
    Corins Blick wurde starr, dann wies sie entschlossen nach links. „Dorthin!“ Ihr angeborener Instinkt führte sie bis vor eine unauffällige, völlig glatt wirkende Häuserwand. Inanis Finger fanden die geheimen Zeichen, die sie in richtiger Reihenfolge zu drücken wusste, bis die Wand durchsichtig wurde. Über ihnen, aus der Richtung des Tempels, erscholl ein unirdischer Schrei, der ihr Blut gefrieren ließ. Sie verschwendete keinen Moment, sondern zerrte Corin mit körperlicher Gewalt in den Tunnel hinein. Von der Innenseite verschloss sie den Durchgang sofort und lehnte den Kopf an

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