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Soehne des Lichts

Soehne des Lichts

Titel: Soehne des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Balzer
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mir lieber den Tempel von innen erkunden, möglicherweise erfahre ich dabei etwas. Wir sollten uns geistig trennen, wenn ich unter Sonnenpriestern wandle, brauche ich alle sechs Sinne beieinander.“
    „Gut, ich werde mich als Taube versuchen umzusehen. Die Hafenarbeiter dürften jetzt noch nicht alle in den Tavernen verschwunden sein, vielleicht kann ich das eine oder andere nützliche Gespräch auffangen.“
    „Pass auf dich auf, wenn es Ärger gibt, verschwinde sofort im Nebel, ja?“, sagte Inani besorgt.
    „Das gilt für dich noch mehr, ich bin nicht diejenige, die sich mitten unter Sonnenpriester wagt!“
    „Ach, ich bin in Roen Orm manchmal jede Nacht durch den Tempel spaziert. Sonnenpriester neigen dazu, sich für unangreifbar zu halten, wenn sie die Statue ihres Gottes über sich sehen.“
    Eine kurze Umarmung, dann trennten sie sich. Corin flatterte als Taube in Richtung Hafen, Inani wählte die Nebelpfade, um sich erst einmal in die Nähe des Tempels zu begeben und dort die Umgebung zu beobachten, bevor sie sich hineinwagte. Es war gefährlich, aber sie mussten handeln, bevor Esta einen günstigen Moment gekommen sah, um den Fürsten zu töten.
    Widerstrebend gab sie Corin recht. Es gab keinen Beweis dafür, dass Cero nicht genau das plante, was Esta behauptet hatte.
    Sie drückte sich in den Schatten der hohen Tempelmauern. Das Gotteshaus lag im Zentrum der kleinen Stadt, die auch am Abend nicht zur Ruhe kam, sondern eher noch mehr vor Leben und Betriebsamkeit zu sprühen schien. Viele Menschen bewegten sich auf den Straßen, am Haupteingang des Tempels entlang, sie schienen die kühleren Nachtstunden für alles das zu nutzen, was in der Hitze des Tages zu anstrengend gewesen war. An der Nordseite der Tempelanlage war es hingegen ruhig, hier gab es nur schmale Gassen, in denen sich niemand aufhielt. Inani verwandelte sich zum Panther, mit der Dunkelheit verschmelzend. Eine Weile lang lauschte sie, witterte, was auf der anderen Seite der Mauer lag. Es war still, weder Mensch noch Tier befand sich unmittelbarer Nähe. Mit einem kraftvollen Sprung überwand sie das Hindernis und landete ungesehen im Innenhof des Tempels.
    Wie immer, wenn sie sich an einen Ort begab der Ti geweiht war, lief ein prickelnder Schauer über ihren ganzen Körper. Der Sonnengott war kein Feind, doch sein Wesen blieb für Inani fremd.
    Zahlreiche Fackeln erleuchteten das Heiligtum und den Anbau, in dem sich der Wohnbereich der Priester befand. Als große Raubkatze würde sie zu sehr auffallen, also nahm Inani ihre Schlangengestalt an. Stets auf Vorsicht bedacht, kroch sie auf eine Gruppe Geweihter zu, die im Altarbereich des Haupttempels standen und hitzig zu diskutieren schienen. Vielleicht hatte sie Glück, und man sprach über den geplanten Krieg? Als sie allerdings nahe genug war, um das Gespräch hören zu können, stellte sie missvergnügt fest, dass sie nichts verstand. In ihrer Kyphragestalt waren ihre geistigen Fähigkeiten eingeschränkt, im gleichen Maße, wie ihre Sinne sich erweiterten und die tierischen Instinkte in den Vordergrund traten. Sie konnte zwar jederzeit Roensha verstehen, und auch Is’larr, das mittlerweile ihre zweite Muttersprache geworden war. Der Dialekt von Barrand hingegen war für sie schon in ihrer natürlichen Gestalt fremdartig und schwer verständlich. Als Schlange konnte sie nicht regelrecht hören, so nahm zwar sie die melodiösen Schwingungen der Sprache wahr, die Erregung, mit der die Männer sich unterhielten; sie witterte Angst, Zorn und magische Strömungen. Mehr nicht.
    Inani verfluchte sich selbst, dass sie das nicht vorausgesehen hatte. Undenkbar, sich an diesem hell erleuchteten Platz in einen Menschen zurückzuverwandeln. Es half nichts, sie musste sich unverrichteter Dinge zurückziehen und hoffen, dass Corin mehr Glück haben würde. Immerhin, es war anzunehmen, dass viele Soldaten und Seeleute am Hafen nicht aus der Gegend stammten und sich deshalb auf Roensha unterhalten würden.
    So vorsichtig wie möglich schlängelte Inani sich in Richtung Tür. Doch bevor sie weit gekommen war, spürte sie eilige Bewegungen und Fußgetrappel. Gerade noch konnte sie sich in eine Nische drücken, da rasten bereits weitere Priester herbei, laut rufend und mit den Armen wedelnd. Ihre Gedanken rasten, Gefahr drohte von allen Seiten. Was hatte die Priester so aufgescheucht? Geschützt durch den Schatten und einen Mauervorsprung wagte Inani, wieder menschliche Gestalt anzunehmen. Eine Gefahr,

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