Soehne & Liebe der Nacht
zurück, um den Zimmerschlüssel zu holen.
„Du hast keine anderen Gäste?“, fragte Amanda erstaunt, als sie auf das Brett an der Wand sah, das voller Schlüssel hing.
„Morgen wird es hier voller sein. Fast alle Zimmer sind vermietet.“ Paul hielt einen Schlüssel hoch. „Nummer sechsundzwanzig, du hast ein Zimmer mit Waldblick.“ Er eilte auf Amanda zu und ergriff ihre Tasche. „Folge mir.“
„Ich kann nicht glauben, dass du dein schönes Haus verkauft hast, um jetzt hier zu wohnen“, bemerkte Amanda und folgte Paul die Stufen hinauf.
„So bin ich näher an meinen Gästen, und seit du nicht mehr hier bist, war dieses Haus viel zu groß für mich.“ Außer Atem stellte Paul Amandas Tasche ab. „Hier ist es.“ Paul steckte den Schlüssel ins Schloss. „Und bitte.“ Er schob die Tür auf. Rosenduft schlug Amanda entgegen, als sie eintrat. Paul stellte Amandas Reisetasche neben das Bett. „Ich lasse dich jetzt allein, mein Kind. Schlaf dich aus, und morgen mache ich dir das beste Frühstück der Stadt.“
„Danke, Paul, das Zimmer ist wunderschön.“ Amanda umarmte Paul herzlich. „Du solltest auch etwas schlafen“, mahnte sie.
„Das sollte ich, zwei neue Gäste kommen schon in wenigen Stunden. Gute Nacht, mein Kind.“ Amanda sah Paul lächelnd hinterher, bevor sie ihren Mantel auszog und ihn an die Garderobe hängte. Müde bewegte sie sich auf das Bett zu und setzte sich, um sich von ihren schweren Stiefeln zu befreien. Amanda streifte sie von ihren Füßen und ließ sich erschöpft zurückfallen. Sie starrte an die Decke und sah grüne Augen, die sie durchdrangen bis auf den Grund ihrer Seele. „Du hast keine Macht über mich. Ich bin frei“, flüsterte Amanda, bevor sie in ihren Sachen einschlief.
6
„Was glaubst du, wann werden sie hier sein?“ Olaf trat zu seinem Bruder Jared, der in die Nacht hinausstarrte und Wache hielt.
„Hast du den Alten entsorgt?“, knurrte Jared schlecht gelaunt.
„Ich habe ihn in den alten Brunnen im Schlosshof geworfen, schien mir tief genug“, erwiderte Olaf emotionslos.
„Tut mir leid für die schlechte Mahlzeit, Bruder, in dieser Kleinstadt findet man kein Drei-Sterne-Menü.“ „Dieses Schloss bietet Platz für uns alle, das hat absolute Priorität. Du konntest dir nicht aussuchen, wo es steht.“
„Ich habe Robert eine E-Mail geschickt und ihn um genügend Nahrung gebeten. Ich bin sicher, sie werden bald hier sein. Das Wetter ist trüb, sie müssen keine Sonne fürchten und sich tagsüber verstecken, so dass sie wohl zügig vorankommen.“
„Denkst du, der Schöpfer hat unsere Internetseite entdeckt?“, fragte Olaf nachdenklich.
„Er ahnt nicht einmal, wie wir die ganzen Jahre Kontakt gehalten haben.“
„Doch, Henry könnte es ihm gesagt haben, und dann ist unser Plan in Gefahr.“
„Henry!“, schrie Jared und ballte die Fäuste. Der schmerzliche Verrat seines Lieblingsbruders saß noch immer tief. „Ich will diesen Namen in diesen Mauern nie wieder hören!“ Ein wütender Blick traf Olaf bis ins Mark. „Und ja, ich glaube, dass er uns ans Messer geliefert hat. Sicher taucht er mit unserem Schöpfer hier auf, dann erwartet sie der Tod durch meine Hand“, brüllte Jared hasserfüllt.
„Warum gehst du nicht zu den anderen und schläfst etwas. Ich übernehme die Wache. Ich sage sofort Bescheid, wenn unsere Brüder eintreffen.“ Jared nickte und griff nach dem Kerzenständer, der auf dem Boden stand. Wild flackerte das Licht der Kerze, als Jared zügig den Raum verließ. Olaf wandte sich dem Geschehen draußen zu. Er sah diesem regnerischen Februar ins Antlitz, um die Ankunft des Bösen nicht zu verpassen. Die Nacht wirkte wie ein Vorspiel dessen, was sich bald ereignen würde. Der Wind riss an den Zweigen der Bäume, es schien, sie wiegten sich in freudiger Erwartung und begrüßten das Böse mit stürmischen Armen.
7
Die Atmosphäre in Gabriels Arbeitszimmer war mehr als angespannt, seit Saphira verkündet hatte, was sie von ihm erwartete. Um sechs Uhr morgens hatte Saphira sich in Laras und Gabriels Schlafzimmer teleportiert und beide unsanft geweckt, nun durchbohrte sie Gabriels Blick.
„Du erwartest von mir, dass ich eine Armee von Ewans Söhnen aufhalte?“ Skeptisch sah Gabriel Saphira an, die in einem roten Sessel vor ihm saß und nervös die Hände aneinander rieb.
„Du wärst nicht allein“, erwiderte Saphira zögernd.
„Rafael wäre an deiner Seite und“, Saphiras Stimme wurde leiser, „auch Ewan und
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