Soehne & Liebe der Nacht
ein Rätsel geblieben war. Er sprach nie von Liebe und teilte mit ihr nur die Stunden der Nacht, und mit dem Ende des Sommers endete auch Amandas Traum vom gemeinsamen Glück. Geblieben war der Schmerz an die Erinnerung grüner Augen, die ihr bis auf den Grund der Seele sehen konnten. Er war nicht mehr hier, und doch lebte er in jedem Atemzug, den Amanda nahm, seit sie in dieser Stadt angekommen war.
„Amanda“, riss Rafaels Summe sie aus ihren Gedanken. „Wir sind gerade am letzten Haus vorbeigegangen. Sind das alles bewohnte Häuser?“
„Sicher sind sie bewohnt“, erwiderte Amanda verwundert. „Aber wenn wir hundert Meter weitergehen, beginnt ein Waldgebiet, dort steht ein baufälliges Schloss. Möchtest du hingehen?“
„Ein baufälliges Schloss ...“ Rafaels Gedanken rasten. Er war sich sicher, das Versteck der Söhne der Nacht gefunden zu haben.
„Lass uns zurückgehen, Amanda, für heute bist du nass genug geworden.“ Amanda entging Rafaels sorgenvoller Blick nicht, den er Richtung Wald schickte.
„Also dort finde ich dein Geheimnis“, dachte sie und ihr Herz schlug heftig bei dem Gedanken an den Ort, den sie geschworen hatte, nie mehr aufzusuchen. Doch Amandas Reporterinstinkt war geweckt. Sie musste Rafaels Geheimnis lüften.
„Ich danke dir für deine Fürsorglichkeit. Mir ist wirklich kalt geworden. Gehen wir zurück“, wiegte Amanda Rafael in falscher Sicherheit. Doch sie würde zurückkehren, bald.
21
Eingeschüchtert warf Cara einen wehmütigen Blick auf ihren Vater, dessen Lieblingstochter sie einst gewesen war. Ihre Ankunft war unbemerkt geblieben, so blieb ihr Zeit herauszufinden, in welcher Stimmung er sich befand. Durfte sie wirklich glauben, dass er sie wieder in sein Herz und in seine Arme schließen würde? Nachdenklich saß ihr Vater auf seinem Thron im prunkvollen Saal. Cara atmete tief durch, gern würde sie seine Gedanken erfahren. Doch sofort hörte Cara die strenge Stimme ihres Vaters aus Kindertagen, die ihr verboten hatte, die Gedanken ihrer Schwestern zu lesen. Cara überfiel ein kalter Schauder, als sie einen Schritt in den Thronsaal wagte. „Vater“, hauchte sie mit zitternder Stimme. Der durchdringende Blick ihres Vaters traf Cara tief ins Herz und ließ es heftig schlagen. Wortlos erhob sich Kairon und lief zügig auf Cara zu, um sie überglücklich in seine Arme zu schließen. Cara genoss die Geborgenheit seiner lang vermissten Nähe.
„Lass dich ansehen, mein Kind.“ Sanft schob er Cara von sich und musterte sie eindringlich. Erleichtert stellte Cara fest, dass sich die Augen ihres Vaters mit Freudentränen füllten. Sein Blick blieb an Caras gewölbtem Bauch hängen. „Meine Enkeltochter“, flüsterte er leise und nicht ohne Stolz. „Es ist vernünftig von Ewan, dich nach Hause zu schicken, jetzt, da auf der Erde Gefahr droht.“ Wieder nahm er Cara fest in die Arme.
„Vater, bitte, ich muss dringend mit dir reden“, erklärte sie eng an ihn geschmiegt.
„Was ist los mein Kind?“, fragte Kairon ernst. „Hat Ewan dir etwas angetan? Ich werde ...“
„Nein, nein“, beruhigte Cara ihren Vater. „Es geht um Diana.“
„Diana?“ Erstaunt sah Kairon seine Tochter an.
„Gehen wir doch in den Rosengarten, um zu reden, Vater.“ Lächelnd blickte Cara zu ihm auf. Misstrauisch musterte Kairon Cara.
„Wenn du mir früher etwas Unangenehmes erzählen wolltest, hast du mich auch immer gebeten, mit dir in den Rosengarten zu gehen.“ Cara ergriff die Hand ihres Vaters und zog ihn aus dem Thronsaal in Richtung Garten.
„Das, worum ich dich bitten möchte, ist nichts, was unmöglich ist.“ Hastig lief Cara nach draußen, um endlich den Ort wiederzusehen, der ihr die unsterbliche Liebe zu Ewan geschenkt hatte.
„Warum glaube ich das nicht“, stöhnte Kairon und folgte Cara.
„Mein wunderschöner Rosengarten.“ Cara sah sich wehmütig um, bevor sie auf einer grünen Parkbank zwischen zwei Rosensträuchern Platz nahm. Sie hoffte, dieser Ort voller Schönheit würde ihren Vater besänftigen, dass auch Henry mit Diana die gleiche große Liebe erleben durfte, die auch sie mit Ewan verband.
Kairon nahm neben seiner Tochter Platz und ergriff versöhnlich ihre Hand. „Erzähl mir, was du auf dem Herzen hast, mein Kind.“
„Es geht um Ewans Sohn Henry. Er ist ein anderer Mensch geworden, er hat sein Herz dem Guten verschrieben und steht uns bei im Kampf gegen unsere
Feinde“, erklärte Cara ohne Umschweife. „Sein größter Wunsch besteht
Weitere Kostenlose Bücher