Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)
dies in seiner Argumentation vergessen hat. Bithan fühlt sich unwohl, als er bemerkt, das Lithan mit seiner Andeutung recht hat. Er hat Gott tatsächlich nicht erwähnt.
„Hast du einen Plan?“, fragt Watin gespannt.
„Viel können wir allein nicht ausrichten“, gesteht Lithan, „Doch das, was wir tun könnten, sollten wir tun. Wir werden uns morgen mal etwas in den Wäldern vor dem Kloster umsehen.“
Watin ist überzeugt. Erwartungsvoll schaut er seinen Freund Bithan an.
„Was denkst du?“
„Ich halte das für keine gute Idee“, antwortet dieser zur Enttäuschung Watins, „Doch bevor ich dich allein mit dem Gotteslästerer in den Wald ziehen lasse, begleite ich dich lieber.“
„Dann lasst uns hier fertig werden. Wir sollten morgen gestärkt und ausgeruht sein“, schlägt Lithan vor. Watin grinst erwartungsvoll, während Bithan skeptisch den Kopf schüttelt. Lithan ist sich bewusst, welche Gefahren er auf sich und seine beiden Freunde auf sich nimmt. Doch er ist glücklich, dass seine Worte nicht ohne Wirkung blieben und er bei seinem Vorhaben, die Einhörner zu beschützen, nicht mehr alleine ist.
Nervös läuft Lithan in seinem kleinen, engen Zimmer auf und ab. Heute, am Tag des stillen Gebetes, den die Bewohner des Klosters in ihren Zimmern nutzen sollen, um sich Gott anzuvertrauen und sich der eigenen Unzulänglichkeit klarzuwerden, wollen Watin, Bithan und er das Gelände um die geweihten Gemäuer herum nach möglichen Eindringlingen durchsuchen. Watin und Bithan hatten vorgeschlagen, noch vor Tagesanbruch das Kloster zu verlassen. Doch beim Frühstück würde ihr Fehlen auffallen, weshalb sich die drei entschieden haben, erst nach der ersten Mahlzeit des Tages aufzubrechen. Lithan hofft, das ihn die beiden Jungs nicht in letzter Minute im Stich lassen, doch seine Entscheidung ist gefallen. Auch ohne Hilfe will er alles unternehmen, um für die Sicherheit der Einhörner zu sorgen. Hin und wieder wird ihm bewusst, dass sein Vorhaben in seiner Naivität schon fast kindische Züge hat. Immer wieder kämpft sich die Erinnerung an seine Erlebnisse mit den Einhörnern zurück in seine Gedanken und verdrängt jeden Zweifel. Es klopft. Endlich. Leise schleicht er zur Tür. Mit einem leisen, zaghaften Klopfen vergewissert er sich, dass tatsächlich seine Freunde vor der Tür stehen. So war es abgesprochen.
„Wir sind es“, hört er Watin aufgeregt flüstern. Sie sollten doch das Zeichen wiederholen! Hoffentlich hat ihn niemand gehört. Vorsichtig öffnet Lithan die Tür und ist froh, mit dem Öl, das er gestern noch aus dem Lager geholt hat, das Quietschen des Schlosses unterbunden zu haben.
„Wie sieht es aus?“, fragt Lithan leise durch den schmalen Türspalt.
„Die Luft ist rein“, antwortet Bithan, nachdem er sich ein weiteres Mal unsicher umgeschaut hat.
Lithan schleicht heraus und schließt vorsichtig die Tür.
„Konntet ihr das Schloss zur Waffenkammer öffnen?“, möchte Lithan wissen.
„Waffenkammer? Es ist ein kleiner, schmutziger Erker, den seit Jahren niemand betreten zu haben scheint. Drei oder vier stumpfe, verrostete Schwerter hängen dort an der fauligen Wand“, erwidert Bithan.
„Ein verrostetes Schwert ist besser als gar keines“, behauptet Lithan und läuft voran.
„Der Raum ist offen“, bestätigt Watin, während die beiden Lithan folgen und sich aufgeregt umschauen. Schweigend und mit einem zaghaften Nicken nimmt Lithan die Aussage der beiden Jungs zur Kenntnis. Die Gänge des Klosters sind ruhig und verlassen. Jeder hier lebende Bruder scheint tatsächlich das zu tun, was von ihnen verlangt wird. Oder zumindest befinden sich offenbar alle in ihren Zimmern. Angespannt und wachsam geht Lithan voran. Nach mehreren Abbiegungen erreichen er und seine Freunde die klösterliche Waffenkammer. Die Tür ist zur Lithans Erleichterung tatsächlich unverschlossen.
„Heute ist der Tag des Gebetes. Warum sollen ausgerechnet wir die Einhörner füttern?“, fragt plötzlich ein Bruder in der Ferne. Panisch schauen sich die drei Jungs an. Es ist doch jemand im Kloster unterwegs.
„Fühlst du dich nicht geehrt? Es sind die Abgesandten Gottes?“, erwidert eine weitere, unbekannte Stimme. Lithan rechnet damit, dass in jedem Moment jemand um die Ecke kommt. Er reißt die Tür zur Waffenkammer auf, packt Watin und Bithan an den Ärmeln ihrer Kutten und zieht sie mit sich in den kleinen, unbeleuchteten Raum. Gebannt drücken Lithan und Bithan ihre Ohren an die
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