Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)
ihrem Ziel entgegen. Vor allem Qwotilia legt dabei besondere Fertigkeiten an den Tag, da ihr knöcheltiefer Rock das Sprinten und Springen sicherlich nicht leichter für sie macht. Auch wenn Ksilian sich alle Mühe gegeben hat, seine körperlichen Vorteile, die er schon durch seine längeren und kräftigeren Beine besitzt, nicht ganz auszuspielen, erreicht er den Marktplatz zuerst, feuert seine Schwester aber mit klatschenden Händen an und freut sich, als diese nur kurze Zeit später ebenfalls das Ziel erreicht.
„Es dauert nicht mehr lang, da wirst du mich noch im Spurt überholen können“, stellt er überrascht und mit einem stolzen Lächeln fest.
„Darauf kannst du dich verlassen“, antwortet Qwotilia.
Beide laufen auf den großen Marktplatz von Miqilios zu, an dem sich bereits mehrere Hundert Schaulustige versammelt haben.
Die Soldaten, die sich im Inneren des Platzes befinden, haben alle Hände voll zu tun, die neugierige Menge im Zaum zu halten.
Ksilian und Qwotilia bleiben stehen. Während ihr Bruder versucht, sich zu strecken, um über die Menschenmenge hinweg etwas von dem Treiben auf dem Platz zu erspähen, beugt sich Qwotilia nach unten. Sie stützt sich auf ihren Knien ab und atmen erschöpft ganz tief ein und aus.
„Kannst du was sehen?“, fragt Ksilian seine Schwester.
„Im Augenblick nur meine Füße“, erwidert sie krächzend.
Ksilian schaut sich hektisch um. Er hat die flapsige Antwort seiner Schwester gar nicht wahrgenommen. Irgendwo muss es doch eine Möglichkeit, ein Schlupfloch geben, durch das er sich mit seiner Schwester durchmogeln kann, um einen besseren Blick auf das Geschehen zu haben.
Plötzlich packt er den Arm seiner Schwester und stürmt los. „Dort kommen wir bestimmt durch.“
Qwotilia zieht die Augenbrauen hoch. Auch sie will wissen, was mit den Eishexen passiert ist und ob es sogar Neues über sie zu berichten gibt. Daher lässt sie sich von ihrem Bruder mitreißen, auch wenn sie am liebsten ihre Schuhe ausziehen und in irgendeine Ecke schmeißen möchte, um sich auszuruhen. Das Schlupfloch, das Ksilian glaubt entdeckt zu haben, kann als solches allerdings kaum bezeichnet werden. Es stehen weder weniger noch mehr Leute dort, trotzdem versucht er sich mit seiner Schwester dort durchzukämpfen, auch wenn sie nicht nur böse Blicke, sondern auch böse Worte von den anderen Schaulustigen ernten.
Trotz der aufregenden, erwartungsvollen Neugier wird das Drängeln und Schubsen den beiden langsam unangenehm. Nachdem sie zahlreichen Leuten auf die Füße getreten sind und mindestens genau so viele Leute von ihnen nicht immer sanft zur Seite geschoben wurden, erreichen die beiden die vorderste Reihe und haben tatsächlich den idealen Blick auf das, was gerade auf dem Marktplatz passiert. Vor allem Ksilian ist seine Zufriedenheit anzusehen. Beide hocken sich vor die Menge, die sich hinter ihnen versammelt hat, um niemanden die Sicht zu rauben. Schließlich möchte man nicht noch mehr Unmut auf sich ziehen.
Er schaut mit einem erleichternden Schnaufen seine Schwester an und lächelt ihr zu. „Alles in Ordnung?“
Sie lächelt, reißt ihre Augen auf und nickt.
Während Ksilians Aufmerksamkeit sich nun auf das richtet, was auf dem Marktplatz passiert, entdeckt Qwotilia einen Jungen, der ihr hastig zuwinkt. Es ist Tralian Kjennis, ein Junge aus der Nachbarschaft, mit dem Qwotilia schon seit Längerem befreundet ist. Doch seine braunen, sanften Augen und ein schmaler, sinnlicher Mund haben Qwotilias Gefühle für ihren Freund in den letzten Wochen und Monaten etwas durcheinandergebracht. Doch es ist die Rolle des ehrbaren und aufrechten Anführers in ihrem Freundeskreis, die Qwotilias Interesse an dem jungen Mann geweckt haben. Tralian scheint so begeistert davon zu sein, Qwotilia entdeckt zu haben, das er nicht bemerkt, wie er durch sein wildes Winken die Leute hinter ihn verärgert. Ksilian erkennt nicht, das sich die Aufmerksamkeit seiner Schwester in genau diesem Augenblick geändert hat.
Während Qwotilia sich darüber freut, das Tralian sie in der Menschenmenge entdeckt hat und dieser sich offenbar genau so sehr freut wie sie, starrt Ksilian gebannt auf die etwa zwölf Meter vor ihm liegenden, toten Körper der Eishexen. Dabei wird ihm deutlich, dass die Hexen nicht einfach nur tot sind, sondern durch die Waffen der Soldaten zerhackt, erstochen oder totgeprügelt wurden. Das Blut läuft über ihre blauen, fratzenartigen Gesichter. Durch die schwarzen, lederartigen
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