Söhne und Töchter des Feuers, Band Eins: Verbrannte Hoffnung (German Edition)
um. Er packt sie an den Schultern. „Hast du nicht gehört? Weißt du nicht, was das heißt?“
Die beiden haben längst das Durcheinander, das um sie herum auszubrechen droht, vergessen.
„Nein. Was meinst du?“ Qwotilia ahnt längst, worauf ihr Bruder hinaus möchte.
„Mutter könnte noch am Leben sein!“ Zuversicht und Mut klingen in diesen Worten mit, doch Qwotilia kann ihren Bruder nur wortlos anschauen.
Ksilian nimmt ihre Hand und beide stehen auf. Qwotilia wirft einen intensiven Blick auf die Körper der toten Eishexen. Der Gedanke daran, dass ihre Mutter ebenfalls eines dieser widerlichen und gefährlichen Dämonen sein könnte, bereitet ihr eine Gänsehaut.
Ksilian hingegen wird immer hoffnungsvoller. „Komm, wir müssen sofort zu Großvater!“
Ksilian hält die Hand seiner Schwester ganz fest. Qwotilia wird den Eindruck nicht los, das ihr Bruder längst entschieden hat, was er mit dieser Neuigkeit anfangen und welche Konsequenzen er persönlich daraus ziehen wird. Beide wühlen sich durch die aufgeregte Menge und machen sich auf den Weg nach Hause. Ihr Großvater, der Vater ihrer Mutter, muss erfahren, was geschehen ist. Sein Rat wird entscheiden, wie Ksilian und seine Schwester mit dieser Erkenntnis umgehen werden. Da ist sich zumindest Ksilian mehr als sicher.
Die Fenster sind alle geschlossen. Nur durch den schmalen Spalt zwischen den beiden Fensterläden kommt etwas Tageslicht in das Schlafzimmer von Qwotilian Rejns, dem Großvater von Ksilian und Qwotilia. Nur zwei Kerzen, die auf den beiden kleinen Tischen an den Seiten seines Bettes stehen, sorgen in diesem dunklen Raum für schummeriges Licht. Qwotilian selbst liegt am späten Nachmittag noch im Bett. Er ist ein alter Mann, durch dessen Gesicht sich zahlreiche, tiefe Falten ziehen. Doch er ist längst nicht so gebrechlich, um am helllichten Tag im Bett zu liegen. Er liegt mit einem vorfreudigem Grinsen in seinem Bett und schaut zur Tür. Es ist deutlich zu erkennen, das Vsitilia, die Haushälterin, bereits in der Küche beschäftigt ist. Er sieht ihren Schatten durch den Türspalt durch den Raum schweben. Jeden Moment wird sie sein Zimmer betreten, um dort sauber zu machen.
„Das ist ein Schweinestall!“, hört er die forsche Haushälterin von draußen rufen, während sie die Wohnküche sauber macht. Die Tatsache, dass sich Vsitilia immer besonders laut über den Zustand der Ordnung in seinem Haus aufregt, lässt Qwotilians Grinsen noch breiter werden. Dann geht die Tür auf.
Vsitilia wagt einen Schritt in Qwotilians Raum, rümpft die Nase und verdreht angewidert die Augen. „Ich nehme jedes Wort, mit dem ich dieses Haus beschrieben habe, zurück. Das hier ist der Schweinestall.“
Sie schaut den lachenden Hausherren an und stemmt aufgebracht ihre Hände in die Hüften. „Und das Schwein ist offenbar noch da.“
Qwotilian winkt Vsitilia hinein. „Tritt ein, mein süßes Kind.“
Die Zeiten, in denen sich Vsitilia von Qwotilian durch seinen lüsternen Charme einwickeln lässt, sind schon einige Jahre vorbei. Ein Kind ist die Frau jenseits der Vierzig schon lange nicht mehr.
„Du behältst deine Hände bei dir oder das süße Kind macht dich mit Stellen an deinem Körper vertraut, von denen du gar nicht wusstest, dass sie noch Schmerz empfinden können.“
Beide kennen dieses Spielchen seit Jahren. Und während Vsitilia unter ihrer rauen Schale gut verbergen kann, das sie Gefallen an den Marotten des alten Herren hat, genießt dieser den verbalen Schlagabtausch mit seiner Haushälterin, genauso wie die Berührungen ihrer Schenkel und ihrer Hüften, die sie zwar meist mit einem disziplinarischen Schlag auf die Finger beendet, aber irgendwie doch stillschweigend duldet.
„Ich kann es dir einfach machen und die Stellen benennen, die ruhig mal wieder schmerzen könnten“, meint er mit einem jungenhaften, stänkernden Grinsen.
Sie schließt kurz die Augen und schüttelt mit gespieltem Entsetzen den Kopf, während sie zum Fenster schreitet und etwas Licht und Luft in den Raum lässt.
„Man könnte meinen, du hättest diesen Raum nach deiner Entbindung nie mehr verlassen.“
Qwotilian erhebt sich. Er tastet die Oberfläche der beiden Nachttische ab und schaut suchend in die Schubladen darunter. „Mich würde es nicht wundern, wenn hier sogar noch irgendwo die Nachgeburt liegen würde.“
Er freut sich, wenn er Vsitilia während ihres gegenseitigen Schlagabtausches sprachlos machen kann. Während sie den Kopf schüttelt
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